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  • Day 24

    Aussichtslos in Bergen

    September 16, 2022 in Norway ⋅ ⛅ 10 °C

    Alles ist ausgebucht...Zumindest alles unter 120-160€. Da ich aber nicht bereit bin soviel zu zahlen, ziehe ich weiter. Zuvor hatte ich Gott sei dank noch ein "günstiges" Airbnb gefunden, daß ursprünglich mal 38€ kostete, nach Service Aufschlägen nun aber bei 52€ liegt. Das Airbnb ist mitten in der Innenstadt und hat ebenfalls Hostel Charakter. 3 Doppelstockbetten pro Raum, 4 Räume, 1 Bad. Nun ja, ist nur für eine Nacht. Bevor ich allerdings dahin umziehe, versuche ich noch alles für morgen abzustimmen.

    Reservierungen kann man in Norwegen nur per Telefon machen. Hat man keine, wird man aus dem Zug geworfen. Also plane ich fröhlich vor mich hin. Gut, das mit dem fröhlich ist gelogen, denn ich bin eigentlich stink sauer. Mein Telefon-Interrail-Unterkunfts-Debakel beginnt um 10.28 Uhr. Zunächst suche ich mir in der Interrail App die Verbindungen raus. Dann gucke ich nach Unterkünften in Oslo. Finde keine....finde doch eine...reserviere...gucke Verbindungen....zähle Reisetage....passt nicht....merke ich muss noch mal nach Trondheim....KRISE!

    ...momentmal, warum nach Trondheim zurück? Hat es ihm so gut gefallen? Ja, aber deshalb würde ich mich keine 14h in den Zug setzen. Leider bin ich mit dem Schreiben noch nicht so weit, sonnst wüsstet ihr bereits, dass ich eine Jacke im Trondheimer Hostel vergessen habe. Mein Anruf dort hatte nur zur Folge, dass man mir mitteilte: Ja, die Jacke wäre da, aber nein, sie senden nix zu.... "It's against our policies."

    Ich bin natürlich gaaaanz ruhig geblieben als mir der jenige das mitteilte. (ICH WOLLTE IHN AM LIEBSTEN DURCH DEN HÖRER HOLEN!!!). Bastien hatte Trondheim auch bereits verlassen und ich verblieb mit dem Mann so, dass ich mich nochmal melden würde.

    Zurück zum heutigen Tage. Das hätte auch alles "super" gepasst mit den Verbindungen, wenn es denn auch alle Verbindungen tatsächlich geben würde. Aber nein, dieses Glück bleibt mir verwehrt. Der Plan wäre gewesen: Von Bergen nach Oslo, mit einem Zwischenstop in Myrdal, von wo aus eine Bahn nach Flåm fährt. Dort würde ich wandern, dann zurück und die Fahrt nach Oslo fortsetzen. Mit dem Nachtzug ginge es nach Trondheim, wo ich 2h hätte um die Jacke einzusammeln, bevor es mit dem Zug zurück nach Oslo ginge und später am Tag nach Göteborg. Nachdem dieser Plan steht, rufe ich erst VY an, buche meine Reise von Myrdal nach Oslo. Dann rufe ich bei der Myrdal - Flåm Bahn an, um mir diesen Traum zu erfüllen...aha...die Flåm Bahn kann kein hin und zurück Ticket für ihre eigene Strecke verkaufen. Also, sie kann schon, allerdings ausschließlich Flåm - Myrdal - Flåm. Für Myrdal - Flåm - Myrdal muss ich VY anrufen....

    Also 2. Anruf bei VY. Ich reserviere diesen Tripp, sowie den Trip von Trondheim nach Oslo. Den Nachtzug meinte VY vorher, können sie nicht buchen. Ich rufe also bei entur an, welche alle Zugstrecken in Norwegen verwalten, nur um jetzt zu erfahren, dass dieser Nachtzug am Tag vorher, am Tag danach, aber nicht am von der App prognostizierten Tag verkehrt. Ich hatte jetzt also alles um einen Nachtzug geplant, der garnicht mal fährt.

    Spätestens jetzt haben meine Gesichtszüge die größte Entgleisung seit langem...Denn wer einen Nachtzug bucht, hat nicht nur keine andere Möglichkeit pünktlich zur gebuchten Rückfahrt zu erscheinen. Nein, er hat auch keine Unterkunft für die Nacht. Da es mir aber reicht, packe ich meine Sachen und verziehe mich. Es ist bereits 14 Uhr und im grunde habe ich nix von Bergen erlebt oder überhaupt mitbekommen.

    An der Bushaltestelle treffe ich eine Brittin, die ebenfalls für 2 Tage umsiedeln muss, da das Hostel keinen Platz hat. Ihre Option: Mit einem Zug, zu einem Bus fahren, der sie zu einem Trailhead bringt, von wo aus sie zu einer Hütte wandert. Nach 2 Nächten wandert sie dann zurück. Als der Bus kommt, ist es der falsche. Das bekommen wir im Bus gesagt. NACHDEM er losgefahren ist. Wir steigen an der nächsten Station wieder auf. Kurz darauf kommt der richtige Bus. Er trägt die selbe Nummer, kommt aus der selben Richtung und hält auf der gleichen Straßenseite, wie der Bus der in die andere Richtung verkehrt....das versteh mal als Fremder.

    Die Brittin spricht das aus, was ich denke; Man verbringt den halben Tag mit planen, nur damit man am Ende nicht auf der Straße sitzt, wofür man viel Geld zahlt. Gibt man das Geld aus, hat man letztendlich aufgrund der fehlenden Unbeschwertheit nicht das Gefühl, als wäre es das das wert gewesen. Das wiederholt sich Tag für Tag. Unser Gespräch kommt ins stocken, als 2 Jungs mit einem Tisch an einer Bushaltestelle stehen und diesen nun in den Bus wuchten. Ist wohl die norwegische Art umzuziehen. Unterdess unterbreitet mir die Brittin, dass sie ihren Zug wohl nicht schafft: "But I'am not giving away my dignity, by running after the train.".

    Ich skippe mal vor zum Airbnb. Dort angekommen klappt das mit dem "Check-in" nur bedingt. In einer Key-box finde ich den Schlüssel zur Haustür. Auf der Suche nach der Wohnung renne ich einpaar mal auf und ab, dann entdecke ich ein großes Schild an einer der Türen im EG, mit der Aufschrift 'Airbnb'. Die Tür ist offen und man steht in einem Eingangsbereich. Von dort geht es in die Küche und insgesamt sind 4 Türen mit Nummerierung zu erkennen; alle haben ein Schloss mit Zahlenkombination. Eine solche oder überhaupt eine Raumzuweisung habe ich aber nicht. Am Küchentisch sitzt ein Pole und dreht sich eine Zigarette. Er erkennt mein Problem und sagt, ich soll einfach in Zimmer 1 ein Bett nehmen. Er gibt mir den Code und zeigt mir die Wohnung. Dabei wirkt er so selbstsicher, dass ich annehme er sei der Angestellte der hier nach dem Rechten sieht. Stellt sich raus er ist hier auch nur Gast.

    Es ist mittlerweile 15 Uhr. Gesehen habe ich immer noch nichts von Bergen. Meines Erachtens nach ist nun der beste Zeitpunkt, die Sache einmal ruhen zu lassen und sie später nochmals mit Abstand und neuer Muße anzugehen. Begens Böhen werden mir sicher helfen, einen klaren Kopf zu bekommen und mich einmal ordentlich durchpusten. Diese Rechnung habe ich ohne Andi gemacht. Er steht mit seinen 3 Wochen Bergen Erfahrungen sofort als Tourguide bereit. Noch bevor ich mir darüber klar werde wie ich ihm am schonendsten beibringe, dass ich am liebsten alleine etwas durch die Gegend streifen möchte, sind weitere 1,5h vergangen. Gelernt habe ich eigentlich nur, wo man Party machen kann und wo es günstigen Alkohol gibt...polnische Führung...

    Dann fasse ich allerdings den Mut und erkläre Andi, dass ich gerne alleine weiterziehen möchte. Er hat totales Verständnis und wir gehen getrennte Wege. Ich muss gestehen, wirklich viel von Bergen habe ich nicht erlebt. Eigentlich garnix. Mein Eindruck beschränkt sich auf die touristische Gegend und die Innenstadt. Die Stadt ist wirklich schön mit den kleinen Häuschen, welche sich an den Berg und an einander drängen von oben betrachtet macht es fast den Eindruck, als gäbe es nur Häuser. Die winzigen Gässchen und Straßen verschwinden in dem Meer aus Häusern. Umso furchtbarer ist der Anblick des riesigen Kreuzfahrtschiffes, dass nun schon seit dem ich angekommen bin, direkt vor der markanten Häuserreihe am Hafen liegt. Es überragt die Häuser so sehr, daß man sie nur sehen kann, wenn man davor steht. Pfui, Pfui, Pfui!

    Aber der Koloss ist nicht das einzige Zeugnis des Massentourismus. Auch die Buden am Hafen, die Tourishops, die Menschenmassen und vor allem die Preise zeugen davon. Ich weiß auch jetzt noch nicht so wirklich etwas mit mir anzufangen. Das einzige was an jeder Ecke möglich ist, ist Geldausgeben. Geld, das ich nicht hab. Es ist etwas beklemmend im Supermarkt zu stehen und während die Einheimischen ohne große Überlegungen einkaufen, der einzige zu sein, der mit jedem Produkt abwegt und rechnet.

    Zurück im Hostel geht es wieder an die Lösung meines kleinen Dilemmas. Nachdem auch ein 2. Anruf im Hostel nichts bewirken konnte, tut eine Email ihr Wunder. In dieser hatte ich gebeten, ob man nicht einen Aushang machen könnte, in dem gefragt wird wer nach Oslo fährt und meine Jacke mitbringen könnte. Ob das jedoch die ersehnte Lösung bringt, bleibt offen...
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