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  • Day 2

    Bienvenidos a Buenos Aires

    November 9, 2022 in Argentina ⋅ 🌙 20 °C

    Buenos Aires, Donnerstag, 9.11.2022
    Nach einem 12-stündigen Nachtflug (ab Madrid um 23.55Uhr), zusammengepfercht wie die Ölsardinen in einer riesigen Boeing-Maschine der (Billig-)Fluggesellschaft Air Europa sind wir zusammen mit anderen 450 Passagieren am Morgen des 9. November um 8:30 Uhr wohlbehalten, aber hundemüde in Ezeiza gelandet, dem internationalen Flughafen von Buenos Aires (BA), 40 km vom Stadtzentrum entfernt. Die Zeitverschiebung zu Mitteleuropa beträgt 4 Stunden (12.30).

    Obwohl man uns in München beim Check-in prophezeit hatte, dass Argentinien uns ohne Visa vermutlich nicht einreisen lasse, verlief die Passkontrolle problemlos; mal abgesehen davon, dass Regine beim biometrischen Foto wegen geschlossener Augen (wie immer halt :) ) einen zweiten Versuch starten musste. Zudem hatten wir bei der Frage, wie lange wir in Argentinien bleiben wollen, eine befriedigende Antwort parat. Es empfiehlt sich in keinem Fall, die “Echtzeit” zu nennen, unabhängig davon, dass wir mehrfach die Grenze Argentinien/Chile überschreiten werden und daher immer unter den erlaubten drei Monaten liegen.

    Die Gepäckkontrolle durch den Zoll verlief noch einfacher und wir haben dort schon gelernt, dass die Argentinier wohl Weltmeister im Schlange stehen sind; diese wand sich in mehreren Schlaufen durch die halbe Empfangshalle - mehrere grosse Maschinen sind aus Europa fast gleichzeitig angekommen - und niemand drängte sich vor! Das gleiche Bild bot sich uns später beim Einsteigen in den Bus zu unserem Hostal und dann überall an den Bushaltestellen. Da könnten sich die Mitteleuropäer, die immer alle möglichst gleichzeitig einsteigen wollen, noch bevor die Passagiere ausgestiegen sind, eine dicke Scheibe abschneiden!
    Überhaupt scheinen die Argentinier (oder wenigstens die “Porteños” - wie die Einwohner von BA sich nennen) ein Ausbund an Geduld, Gelassenheit und Freundlichkeit zu sein.

    Ein paar Beispiele gefällig?
    Zuerst mussten wir klären, mit welcher Art von SIM-Karte (postpaid, prepaid, Jahresvertrag) wir die 6 Monate am besten und am günstigsten „netzmässig“ bestehen könnten. Am Schalter der Telecom-Gesellschaft “El Personal” empfing uns eine freundliche und gutgelaunte Dame, die uns prepaid empfahl. Martin fand aber die Vorteile und Kosten eines Jahresvertrages (noch), und so orderten wir je einen 8-Gigabyte/Monat Vertrag für 1 Jahr. Nur funktionierte dann der Empfang auch nach langem Warten nicht, weil das offenbar nur für Argentinier möglich ist. Da musste sich sogar Martin geschlagen geben und wir haben dann (wie von Samanta, so der Name der Dame bei El Personal, vorgeschlagen) je eine prepaid SIM-Karte mit 8 Gigabytes/Monat gekauft samt der Möglichkeit eines jederzeit möglichen Zukaufs von Daten. Und siehe da; das funktionierte auf Anhieb!

    Dann ging es an die komplizierte Aufgabe der Beschaffung von argentinischem Bargeld. Dazu muss man wissen, dass man argentinische Pesos in Europa nicht wechseln kann. Erschwerend kommt hinzu, dass der offizielle Wechselkurs bewusst „schlecht“ gehalten wird, damit möglichst viele Devisen ins Land fliessen. Abhilfe kann der Graumarkt mit dem sogenannten Dolar Blue schaffen, bei dem man an gewissen Orten circa 70% mehr Pesos bekommt als bei einer Bank. Aber wir haben uns ja schon insgesamt 600 Euro via Western Union (WU) überwiesen; deshalb versuchten wir vorerst unser Glück bei der Poststelle im Flughafen (1 Schalter mit einem Mitarbeiter), welche auch als WU-Filiale dient. Diese war um 10:30 Uhr aber geschlossen, und niemand der Umstehenden wusste genau zu sagen, ob und wann der einzige Mitarbeiter wieder kommen würde. Er komme sicherlich bald!
    Bevor wir (im Gegensatz zu den wartenden Argentinier/innen) die Geduld verloren hatten, tauchte der einzige Mitarbeiter auf, was uns äusserst freudig stimmte. Aber die Vorfreude kam zu früh: Er verfügte gerade über kein Bargeld, schon gar nicht über so grosse Summen! Wir wollten allerdings nur 200 Euro gewechselt haben - für uns keine wirklich grosse Summe. Auf die Frage, wieso wir es denn nicht bei einer “richtigen” Western-Union-Filiale versuchen wollten (denn die hätten normalerweise genügend Geld vorrätig), liessen wir den Mitarbeiter wissen, dass wir uns ohne argentinisches Bargeld keine ÖV-Karte (die heisst hier SUBE, was soviel wie „Steig ein!“ heisst) kaufen und diese auch nicht aufladen könnten (was nur mit argentinischem Bargeld geht).
    Und was machte der Postmann? Er offerierte uns ohne zu zögern seine eigene SUBE-Karte, mit dem Hinweis, sie verfüge auch noch über einen gewissen, aber unbekannten Betrag. Doch wussten wir nicht, wie wir diese Karte - falls nötig - im Flughafen ohne Bargeld weiter aufladen sollten.
    Ein wartender Kunde griff in seine Hosentasche und wollte uns tatsächlich Geld schenken, mindestens soviel, damit wir sicher zur nächstgelegenen WU-Filiale kommen könnten! Nach langem Zögern nahmen wir das SUBE-Karten-Geschenk an, nicht aber das Bargeld, weil die reichen Europäer den Argentiniern doch nicht das Geld aus der Tasche ziehen können! Also griffen wir sozusagen zu Plan C und wechselten bei einer im Flughafen gut versteckten Filiale der Nationalbank 130 Euro nzu einem sehr schlechten Kurs. Wir erhielten 20.000 Pesos und das ohne jegliche Gebühr.
    Mit dem Bargeld eilten wir dann von Kiosk zu Kiosk, weil diese angeblich alle die SUBE verkaufen und wir dem grosszügigen Post-Mitarbeiter seine eigene SUBE-Karte gerne zurückgeben wollten. Aber denkste: Der eine verkaufte sie nicht, er andere hatte gerade keine vorrätig und der dritte bestätigte uns mehrfach, dass man in Buenos Aires seit zwei Tagen keine SUBE mehr kaufen könne; es gebe einfach keine, also eine regelrechte SUBE-Mängellage :-)
    Aber dank des Postangestellten hatten wir immerhin eine SUBE-Karte und fanden auch einen Ort, wo man diese - natürlich nur mit Bargeld und maximal 630 Pesos (3,90 Euro) - aufladen konnte, was uns wiederum nur dank der tatkräftigen und ungefragten Unterstützung einer Dame in der Warteschlange hinter uns gelang.
    Uff, alles geschafft und wir bedankten uns beim Postmann mit einem erneuten Besuch und einem kleinen Trinkgeld zusätzlich zum Preis der SUBE (250 Pesos) und dem Betrag auf der Karte (190 Pesos). Davon wollte er aber nichts wissen und es braucht Martins gesamte Überredungskunst, ihn doch noch umzustimmen, damit er Karte plus Geld annimmt.

    Dann war es Zeit für den ersten Kaffee seit über 24 Stunden, leider bei McDonald‘s, aber am Flughafen gab es als „Alternative“ bloss Starbucks. Und da wir jetzt lokale SIM-Karten hatten, war die Planung und Durchführung der Busfahrt geradezu ein Kinderspiel. Wir fanden unser Hostal und checkten gegen 15 Uhr ein. Hallelujah und Bienvenidos a Buenos Aires!
    Nach all den kleinen „Abenteuern“ und einer erfrischenden Dusche im etwas in die Jahre gekommenen Hostal Experiencia Congreso flanierten wir durch das Quartier Balvanera und bestaunten die vielen Leute und Kinder, die auf jeder noch so kleinen Grünfläche und manchmal sogar auf dem Gehsteig Gruppensport betrieben. Anschliessend nahmen wir ein vegetarisches Abendessen im Restaurant El Español ein und dann ging es ab ins Bett, bevor Regine die Augen definitiv zufielen.

    Der Exkurs zu den hiesigen kulturellen Gepflogenheiten fiel etwas langatmig aus, weshalb wir noch darauf hinweisen wollen, dass die ganzen Operationen am Flughafen fünf Stunden in Anspruch nahmen und wesentlich komplizierter waren als wir sie hier beschrieben haben: x-mal Hin und Her sowie Auf und Ab in eine andere Flughafenebene… dazu noch mit unserem gesamten Gepäck auf Rücken und Brust.
    Hier noch eine kleine Anekdote: Martin konnte nach dem Tausch der SIM-Karte die schweizerische nicht mehr finden und alles Suchen (und Fluchen) nützte nichts, und so deklarierten wir diese als zwar unerklärlichen und bitteren, jedoch verkraftbaren Verlust. Aber nachdem wir in den Bus eingestiegen waren und mit den Tagesrucksäcken auf den Knien Platz genommen hatten, kam ein Jugendlicher auf uns zu, der bemerkt hatte, dass Martin etwas verloren hatte und brachte Martin das blaue Etui mit der SIM-Karte!!! :-) Wir konnten uns nicht erklären, wo diese abgeblieben war.
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