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  • Day 20

    Corrientes tiene payé (ist magisch)

    November 27, 2022 in Argentina ⋅ ⛅ 23 °C

    Corrientes, Samstag, 26. November 2022

    Wieder einmal ist Abreisetag!
    Das eher Unangenehme am Reisen ist (aber vielleicht auch gerade das Spannende), dass man wieder abreisen muss, sobald man sich ein wenig an die Umgebung gewöhnt hat.
    Aber so ist es halt und wir wollen ja weiter: Die nächste Station ist das Sumpfgebiet rund um die Esteros del Iberá. Richtig in die Esteros selber werden wir nicht kommen, weil dies ab Corrientes etwas zu weit ist (Man muss über Mercedes das ganze Gebiet bis zum Haupteingang in Colonia Carlos Pellegrini umfahren.) und zudem sind dort die Preise der Unterkünfte für unsere Verhältnisse geradezu astronomisch hoch…
    Wir sind mittlerweile geübte ÖV-Fahrer (Martin ja schon seit ewigen Zeiten in der Schweiz) und so hält er das Taxi (das hier Remis heisst) höchstens für die Ultima Ratio der Fortbewegung.
    In der Tat erlebt man in den „colectivos“ (Stadtbussen) viel mehr und kommt den Einheimischen im wahrsten Sinne des Wortes näher.
    Das Problem ist nur, dass wir nicht wissen, mit welcher der vielen Buslinien wir von der Unterkunft wieder zum Busbahnhof kommen; Der Linienplan ist nichtssagend und alle Leute, die wir fragen, wissen es eigentlich auch nicht (haben aber freundliche Ratschläge bereit).
    Martin lässt nicht locker und findet am Schluss sogar eine Gratisnummer der Stadt für telefonische Auskünfte aller Art. Es ist kaum zu glauben: Dort meldet sich ein freundlicher Herr, der Martin mit viel Geduld erklärt, wie wir vorgehen müssen.
    Am Morgen der Abfahrt zeigt sich, dass die Auskunft perfekt war: Der Bus der Linie 103 C fährt genau an dem angegebenen Punkt ab und hält beim Busbahnhof (für Fernbusse), der weit ausserhalb der Stadt liegt.
    Weil lange kein 103 C kommen will, versuchen wir es mit einem Bus der 103 B und junge Leute bestätigen, dass auch dieser dorthin fährt. Der überall zu sehende Spruch „Corrientes tiene payé“ (Corrientes hat etwas Magisches) trifft also ganz sicher auf die Bevölkerung zu, die nicht nur auf Anrede gerne weiterhilft, sondern uns auch spontan anspricht, wenn wir an einer Strassenkreuzung etwas ratlos ins Smartphone starren und nicht wissen, ob links oder rechts... oder geradeaus!
    Wir sind über zwei Stunden zu früh am Busbahnhof, setzen uns bei 35 Grad in den Schatten und haben bei einem lauen Lüftchen Zeit für die jeweiligen Hausaufgaben: Regine widmet sich der Überarbeitung unseres Blogs und Martin organisiert die weitere Reise (Mburucuyá-Corrientes, Corrientes-Posadas, Posadas-Iguazú, Iguazú-Corrientes und Corrientes-Salta).
    Zum besseren Verständnis: Hier gibt es keinen integrierten DB- oder SBB-Fahrplan, wo man bequem online recherchieren und dann buchen kann. Gewisse Verbindungen (z.B. Corrientes-Salta) erscheinen nirgendwo im Internet (oder wir haben es wenigstens nicht gefunden :-), und so macht Martin, was hier immer hilft: fleissig herumfragen.
    Der Bus nach Mburucuyá fährt pünktlich um 16 Uhr los - genau zum Beginn des WM-Fussballspiels Argentinien gegen Mexiko (20 Uhr in Deutschland) und schnell sind wir aus Corrientes raus und fahren wiederum an endlosen unbebauten und brach liegenden Flächen vorbei.
    Kurzzeitig gibt es im spärlich besetzten Bus einen Aufschrei: goooooool (Toooooor)! Es sollte auch der einzige bleiben! Argentinien schiesst das erste Tor und bleibt mit einem Ergebnis von 1: 0 „drin“ in den Ausscheidungsspielen der Fussballwelt-meisterschaft.
    Wir erfahren, dass viele Argentinier nach Katar gereist sind und sich dort für die gesamte WM einquartiert haben (zu horrenden Preisen!!!), darauf hoffend, dass Argentinien Fussballweltmeister wird.
    Ab der Mitte der Reise steigen die Leute irgendwo im Nirgendwo aus (und manchmal auch ein) und der freundliche Fahrer scheint genau zu wissen, wo wer wohnt. Auch uns verspricht er, uns am Busbahnhof von Mburucuyá rauszulassen, damit wir uns den Fussmarsch von 1,5 Kilometer bis zur Unterkunft ersparen können.
    Doch plötzlich sind wir an der Endhaltestelle und fragen, ob er uns vergessen hat… Aber nein: Es geht nochmals einen Kilometer weiter, bis er uns direkt vor dem Eingang unserer Unterkunft absetzt, der Cabaña Eterno Vergel (frei übersetzt die „Hütte zum Ewigen Obstgarten"), wo wir für vier Tage einen Bungalow mit eigenem Bad und eigener Küche und einem Swimming Poolchen :-) im Garten bewohnen werden.
    Uns wird durch Luján, der jungen Verwalterin, ein zuerst höflich reservierter, dann aber immer freundlicherer Empfang bereitet. Als sie erfährt, dass wir aus Alemania und Suiza kommen und bis nach Ushuaia (ganz im Süden Argentiniens) fahren wollen, ist das Eis definitiv gebrochen und sie telefoniert herum, um herauszufinden, wie wir in den 20 Kilometer entfernten Nationalpark Mburucuyá gelangen könnten; Am Schluss bittet sie sogar noch um ein Selfie mit uns zusammen…
    Nach einem etwas spartanischen Abendessen (jeder drei kleine Empanadas, eine Mandarine und ein trockenes Brötchen zu Wasser und etwas Bier) drehen wir noch eine Runde durch die nähere Umgebung. Wir kaufen im Tante-Emma-Laden, gleich vis-à-vis, zwei Dosen Bier und zwei Vanille-Eis am Stiel. Dann spazieren wir zum Balneario (Schwimmbad), das hier aus einer Lagune und einem Pool in Form einer Gitarre besteht. Der Pegel der Lagune ist jedoch bedenklich tief und im Gespräch mit Einheimischen erfahren wir, dass der Grund dafür die seit zwei Jahren anhaltende Dürre ist. Die Gemeinde versucht, die Lagune mit einem Gartenschlauch von fünf Zentimetern Durchmesser neu zu füllen. Das dürfte aber noch Jahrzehnte dauern…
    Zurück in der Cabaña nimmt Regine eine Dusche und Martin schreibt diesen Blog. Es ist mittlerweile nach Mitternacht, aber die Dorfbewohner feiern mit viel Fleisch vom Grill und lauter Musik freudig weiter :-). Dann mal Buenas Noches!
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