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  • Day 32

    Mit dem Zug (!) zu Wein und Öl

    January 11, 2023 in Argentina ⋅ ⛅ 28 °C

    Mendoza, Mittwoch, 11. Januar 2023

    Mendoza ist DAS Weinanbaugebiet von Argentinien und Martins Hauswein in der Schweiz, ein Malbec, stammt aus dieser Region.
    So haben wir zwei gute Gründe, mindestens eine Bodega aufzusuchen und mit diesem Besuch gleichzeitig unsere Kenntnisse über die Geschichte des Weinanbaus und über die Produktion von Olivenöl zu vertiefen. Denn über beides wissen wir bis jetzt sehr wenig!

    Am naheliegendsten erweist sich ein Ausflug nach Maipú, nach Luján de Cuyo DER Ort in der Region mit der grössten Weinproduktion. Wir haben eine Gratis-Besichtigung in den „Bodegas López“ gebucht und fahren mit dem Zug dorthin.
    Es handelt sich um eine der wenigen Bahnen, die vom fast flächendeckenden Netz in Argentinien noch übrig geblieben ist. Für uns ist es jedoch eher eine kurze Strassenbahn, die sich bescheiden auch so nennt: Metrotranvia.
    Diese bringt uns vom Zentrum von Mendoza in knapp 20 Minuten nach Maipú. Da Martin vergessen (!) hat, die genaue Adresse der Bodega herauszusuchen und sich blind auf Google Maps verlässt, müssen wir uns durchfragen und kommen mit 2 (!) Minuten Verspätung am Treffpunkt an. Eigentlich sind wir „just in time“ - trotz einiger Umwege.
    Hier müssen wir allerdings noch 10 Minuten auf den Start der Führung warten… :-) Ja, der Begriff „Pünktlichkeit“ ist dehnbar!
    Die Firma „Bodegas Lopez“ ist eine der ganz grossen im Geschäft und bewirtschaftet in der Gegend um Mendoza 13 Quadratkilometer Weinreben, wovon sie pro Jahr 20 Millionen Flaschen Rotwein, Weisswein, Champagner und Sherry produziert. 15% davon werden exportiert, der Rest ist für argentinische Kehlen bestimmt.
    Wir bestaunen die 35000 l-Eichenfässer und erfahren, dass sich nur die europäische Eiche für den Premium-Rotwein eignet, weil die amerikanische zu grosse Poren hat, wodurch zu
    viel Sauerstoff ins Fass eindringt. Die Holzfässer werden nach jeder Leerung von aussen durch eine äusserst schmale Öffnung „betreten“, um sie von innen leicht reinigen zu können, ohne die Patina zu beschädigen.
    Der grösste Teil des Weines - jener für das breite Fussvolk - wird jedoch in riesigen Aluminiumtanks gelagert und von dort nach entsprechender Reifung über dicke Schläuche in Tanklastwagen verladen.
    Zum Abschluss der Führung gibt es noch eine kleine Degustation eines Rotweins (Malbec-Traube) des gehobeneren Segments und eines weissen Süssweins (Torrontés, Chenin und Moscatel), dem Regine gerne stärker zugesprochen hätte. Aber die verabreichten Portionen sind eher bescheiden: Eine 0,7 l - Flasche muss für circa 30 Gäste reichen!
    Wir kaufen als Geschenk für Regines chilenische Freunde eine Flasche des Rotweins und fahren dann mit dem Bus weiter zum Museo Nacional del Vino y la Vendimia (Nationales Weinbaumuseum).
    Wir stellen uns Grossartiges vor, müssen aber schnell erkennen, dass der Name Schall und Rauch sein kann. Die Führung einer sehr netten und lustigen Dame in unserem Alter bezieht sich ausschliesslich auf das Gebäude, worin sich „das Museum“ befindet.
    Dieses ist eine wahre Pracht aus dem frühen 20. Jahrhundert (…und Martin erfreut‘s): Ein Schweizer namens Gargantini aus dem Kanton Tessin liess es mit Materialien aus Frankreich, Italien und England (!) erbauen. Mit all seinen modernen Errungenschaften wie elektrischem Licht, fünf Badezimmern und Zentralheizung muss es zwischen den Lehmhütten von Maipú damals mächtig Eindruck gemacht haben.
    Den ganzen Zauber hat der Schweizer Emigrant mit seinem in kurzer Zeit angehäuften Reichtum finanziert. Dieser stammte aus seiner Idee zur Industrialisierung der Weinproduktion.
    In der Blütezeit produzierte Gargantini mit seinem italienischen Kompagnon und Schwager Juan Giol pro Saison 42 Millionen Liter Wein, wovon er dank der kurz zuvor in Betrieb genommenen Eisenbahn einen Grossteil nach Buenos Aires transportieren liess. Bald war es ihm in Maipú verleidet und er kehrte in die Schweiz zurück, wo er sich am Lago di Lugano fünf Palazzi erbauen liess.
    Die Weinproduktion und mit ihr die Marke „Toro Viejo“ zerfielen nach und nach, so dass vom ehemaligen Imperium heute nur noch das edle Wohnhaus inmitten eines grossen Parks übrig blieb. Es ist im Besitz der Stadt Maipú und wird von dieser „unterhalten“.
    In der oberen Etage sind zwar auf Schautafeln einige Allgemeinplätze zum Wein zu lesen, auch etliche alte Gegenstände aus der Weinproduktion können wir in Augenschein nehmen, aber unter einem „Nationalen Museum“ stellen wir uns etwas anderes vor.
    Der Rundgang im Haus ist aber trotzdem interessant und mit der einen oder anderen Anekdote, die uns die Dame erzählt, vergehen rasch eineinhalb Stunden.

    Und jetzt, wo wir schon einmal hier sind, wollen wir auch noch das Museo del Olivo anschauen. Auf Nachfrage bescheidet man uns, dass dieses „Museum“ eigentlich eine Bar mit etwas Olivenproduktion und übrigens geschlossen sei! Dafür offeriert man uns über die Internetseite der Stadt einen ganzen Oliven-Parcours quer durch Maipú.
    Wir entscheiden uns für die Olivícola Laur, allein schon wegen des Namens.
    Denn Laur ist der Mädchenname von Regines Mutter, und der Bruder von Regines Opa (Gottlob Laur) ist in den Zwanziger-Jahren des 20. Jahrhunderts nach Argentinien ausgewandert; dies ohne dass die Daheimgebliebenen Weiteres von ihm zu berichten wissen. Martin findet, der Zufall könnte hier zuschlagen und Regine die verlorene Spur wieder aufnehmen!
    Leider ist dieser Laur ein Franzose aus dem Loire-Tal, aber wir geniessen trotzdem die ausgezeichnete, wenn auch kurze Führung. Wir erfahren einiges über die Produktion, Fermentierung und Lagerung von Olivenöl. Dazu liegt die Firma Laur mit ihrem ausschliesslich kalt gepressten Öl seit Jahren auf Platz 1 des EVOO (Extra Virgin Olive Oil) - Rankings (was Martin für 2022 nachgeprüft hat).
    Hier kaufen wir für die chilenische Freundin eine Seife aus Olivenöl.
    Mit Bus und Zug, pardon: Strassenbahn, fahren wir dann zurück nach Hause, essen und trinken unsere Reste, weil wir morgen wieder einmal umziehen. Es sind zwar nur 250 Meter von hier, aber gepackt werden muss ja trotzdem…
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