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  • Day 4

    Fast bis zum FitzRoy

    February 23, 2023 in Argentina ⋅ ☁️ 12 °C

    El Chaltén, Donnerstag, 23. Februar 2023

    Heute geht es auf die zweite Wanderung, die in Chaltén jeder Tourist fast zwanghaft absolviert: den Aufstieg Richtung FitzRoy bis zur vorgelagerten Laguna de los Tres, wo man dem Hauptgipfel und den ihn umgebenden Agujas (Nadeln) am nächsten kommt.

    Der FitzRoy ist das absolute Highlight in der Gegend und bald verstehen wir, wieso alle, die schon einmal hier waren, seiner Faszination erlegen sind. Uns wird es nicht anders ergehen…
    Den Namen trägt dieses Aushängeschild von El Chaltén zu Ehren des Kapitäns der „HMS Beagle“, einem bewaffneten Expeditionsschiff der englischen Marine, auf welchem Charles Darwin von 1831 - 1836 seine weltweiten Forschungen betrieb.

    Man hatte uns geraten, bei schönem Wetter um 7 Uhr loszugehen, weil man nur dann die senkrecht abfallenden Wände des Massivs im roten Schimmer der aufgehenden Sonne sehen könne.
    Wir haben aber (wohl auch infolge der gestrigen Strapazen) etwas Verspätung und marschieren erst kurz nach 8 Uhr los.
    Schon nach wenigen Metern - noch im Ortskern von El Chaltén - erhaschen wir einen ersten Blick auf den FitzRoy. Er ist bereits in helles Sonnenlicht getaucht, während hier unten im Tal noch alles im Schatten liegt.
    Das Wichtigste für uns ist jedoch, dass wir vermutlich einen der wenigen Tage im Jahr erwischt haben, an denen der FitzRoy einmal auf seinen üblichen Wolkenschleier verzichtet.
    Bis zum Anfang des Wanderweges ist es ab unserem Hostal gut einen Kilometer weit, aber man kann den Eingang nicht verpassen, wenn man den vielen Wanderfreudigen folgt, die aus allen Ecken des Dorfes strömen.
    Der Weg - 10,2 Kilometer lang - steigt zuerst relativ steil an, wird aber bald flacher und führt am Hang eines Hügels und durch schöne Waldstücke langsam höher und höher. Wir wissen natürlich bereits, dass fast 50% der insgesamt 800 Höhenmeter auf dem letzten Kilometer kurz vor Erreichen der Lagune anfallen.
    Aber bis dahin sind es ja noch neun Kilometer und wir wollen erst nach der halben Strecke entscheiden - aufgrund der uns verbleibenden Zeit und des Zustandes unserer geschundenen Glieder :-), ob wir den ganzen Weg machen oder nicht.
    Nach circa drei Kilometern gibt es eine Weggabelung, das heisst, zwei mögliche Routen, die sich später wieder vereinigen. Wir wählen die Route mit den vielen Miradores (Aussichtspunkten) mit Blick auf den FitzRoy. Man weiss nämlich nie genau, ob sich der Berg nicht doch bald wieder in Nebel hüllt - und wir wollen ihn möglichst lang in vollem Glanz geniessen.
    Schon bald sind wir am ersten Mirador und der Blick ist - hier ist der Ausdruck wohl einmal angebracht - der helle Wahnsinn! Obwohl die senkrecht aufragenden Wände der verschiedenen Nadeln sicher noch 10 km Luftlinie entfernt sind, ist die Ansicht atemberaubend. Es gibt wohl nicht allzu viele Berge, die sich dem Publikum so einfach und so grandios präsentieren - sofern das Wetter stimmt.
    Alle drängen zu den besten Punkten und fotografieren wie wild. Wir warten geduldig, bis sich der Rummel gelegt hat und wir den FitzRoy „ganz für uns allein“ und in Ruhe geniessen können.
    Auf dem weiteren Weg zeigt sich dann entfernt auch noch ein blassblau schimmernder Gletscher (Es könnte der Glaciar FitzRoy sein, wir wissen es aber nicht genau…) und schon allein dieser Anblick ist ein grosser Genuss. Natürlich ergeben sich noch viele weitere Möglichkeiten, „den Berg“ abzulichten, zumal sich die Szenerie durch den ständigen Lichtwechsel in Sekundenschnelle verändert.
    Es geht nämlich ein heftiger Wind, der die Berge durch vorbeiziehende Wolken immer wieder ganz oder teilweise in Schatten hüllt.
    Schnell wird uns klar, dass wir es zeitlich nicht bis zur Laguna de los Tres schaffen werden. Und eigentlich sind wir ja auch ganz froh, heute eine etwas ruhigere Kugel schieben zu können :-)
    Wir entscheiden daher beim Kilometer 6, umzudrehen und auf dem Rückweg einer anderen Lagune, der Laguna Capri, einen Besuch abzustatten. Sie ist ein hübscher Bergsee, aber das erwartete Capri-Blau stellt sich nicht ein.
    Das mag am sich rasant ändernden Wetter liegen: Es kommt ein immer stärkerer Wind auf und die Spitze des FitzRoy ist ab jetzt wolkenverhangen. Mit heftigem Seiten- und Rückenwind beginnen wir den Abstieg und werden dabei (wie schon beim Aufstieg) von unzähligen jungen (und älteren) Wanderern überholt; wir sind definitiv nicht die Schnellsten…
    Auch wenn wir unser ursprüngliches Ziel, die viel gelobte Laguna mit ihrem türkisblauen Wasser, heute nicht ansteuern konnten, so bietet sich uns beim Abstieg - gewissermassen am Wegesrand und völlig überraschend - ein anderes Highlight:
    Kaum zwei Meter vor uns steht ein grosser Huemul, eine hiesige Hirschart, die man eigentlich nie zu Gesicht bekommt - wie uns Einheimische versichert haben.
    Wir sind so verblüfft über das ruhig in die Gegend schauende Tier, dass wir auf der Stelle mucksmäuschenstill stehen bleiben und der Dinge harren, die da kommen. Der Huemul blickt lange umher, gerade so, als wolle er uns Wanderer in Augenschein nehmen und uns fragen: „Was macht ihr denn hier in meinem Revier?“
    Das Tier bewegt sich zunächst nicht vom Fleck, entscheidet sich aber nach gut drei Minuten dann doch für den Rückzug ins Gebüsch.
    Noch einmal bekommen wir es zu Gesicht und können sogar einige Videos machen.
    Mit dem Glücksgefühl, heute etwas ganz Besonderes gesehen zu haben (den Huemul und den FitzRoy), setzen wir unseren Weg hinunter nach El Chaltén fort.
    Im Ort angekommen, blasen uns wahre Sturmböen die Avenida San Martin (Hauptstrasse) hinunter. Wir retten uns in einen Supermarkt und in eine Bäckerei, wo wir viel zu viel einkaufen! Wir müssen wohl sehr hungrig sein!
    Im Hostal lassen wir uns die vegetarischen Empanadas schmecken (Soooooo lecker….!!!), dazu den gemischten Salat mit Oliven.
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