Argentinien/Chile 22/23 Teil 4

February - March 2023
A 34-day adventure by Martin & Regine Read more
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  • Ruhetag in Puerto Tranquilo

    February 19, 2023 in Chile ⋅ ⛅ 10 °C

    Puerto Tranquilo, Sonntag, 19. Februar 2023

    Wir brauchen öfters einmal einen Ruhetag, an dem wir nichts machen (müssen).
    Heute ist es wieder soweit und wir beschliessen, diesen letzten Tag in Puerto Tranquilo dem „dolce far niente“ zu widmen. Schlussendlich wird dann doch etwas anderes daraus und insbesondere Regine arbeitet längere Zeit an der Aktualisierung unseres Blogs.
    Um das Ganze etwas aufzulockern, lassen wir es uns nicht nehmen, am frühen Nachmittag zum nahe gelegenen Mirador (Aussichtspunkt) zu wandern, der viel höher als erwartet über dem Ort und dem Lago General Carrera liegt und eine prächtige Aussicht auf beides bietet. Auch mit dem Wetter haben wir viel Glück…..die Fotos zeigen es.
    Zur abendlichen Stärkung holen wir uns beim Food Truck um die Ecke eine frisch zubereitete Spaghetti Bolognese.Die Spaghetti sind zwar andere Teigwaren, aber im Wesentlichen ist es ein Pasta-Gericht - leider mit gaaaaanz wenig Hackfleisch und noch weniger Sosse.
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  • Day 1

    Höllenritt und Grenzprobleme

    February 20, 2023 in Chile ⋅ ☁️ 10 °C

    Puerto Tranquilo, Montag, 20. Februar 2023

    Jetzt geht es wieder ein Stück weiter in den Süden: Das Ziel heisst El Chaltén. Es handelt sich um einen Touristenort, der erst seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts aus dem Boden gestampft wurde, um den Andrang der (vor allem internationalen und jungen) Anreisenden zu bewältigen.
    Da auf dem Weg dahin keine „wichtigen“ Orte liegen, haben wir uns entschieden, die insgesamt 830 km Strecke in einem Zug zu machen, wohl wissend, dass dies anstrengend sein würde, weil ein Grossteil der Strecke noch nicht asphaltiert ist.
    Der Tag beginnt aber schon am Morgen schlecht: Wie mit der Busfirma „Buses Tello“ per WhatsApp vereinbart, sind wir pünktlich um 9 Uhr bei der Bushaltestelle, warten geduldig, aber bis 9.25 Uhr kommt kein Bus.
    Martin fragt nach und nach einigem Hin und Her stellt sich heraus, dass die Abfahrtszeit 9 Uhr für Coyhaique und NICHT für Puerto Tranquilo gilt. Aber Martin hatte doch - sogar schriftlich! - nach der Abfahrtszeit ab hier gefragt!? Ja, aber es wurde halt beim Busunternehmen anders verstanden, Der Bus brauche gut fünfeinhalb Stunden ab Coyhaique und er komme um 14.30 Uhr in Puerto Tranquilo an!!!! Wir sind sprachlos!
    Das ändert nun alles: Wenn der Bus erst am Nachmittag hier losfährt und gut fünf Stunden bis Chile Chico, dem Grenzort, braucht, dann haben wir Stress mit dem Übertritt nach Argentinien, weil die Grenze gemäss verschiedener Auskünfte um 20 Uhr schliesst.
    Am Schluss sollte alles noch viel schlimmer kommen - aber dazu später.
    In unserer Verzweiflung stellen wir uns sogar an die Carretera Austral und machen zwei Stunden lang Autostopp, jedoch ohne Erfolg: Um 12 Uhr ziehen wir uns durchgefroren ins Café bei der Haltestelle zurück. Dort erhalten wir neue Informationen: Die Grenze schliesse um 22 Uhr und der Bus fahre erst um 16 Uhr hier weg! Letztere Aussage stimmt, wie sich später herausstellt, die erste ist falsch.
    Wir stornieren daher online (mit Verlust) unseren bereits reservierten und bezahlten Bus, der uns nach der Grenze (dann in Argentinien) in einer 12-stündigen Nachtfahrt ab 20.30 Uhr von Los Antiguos nach El Chalten hätte bringen sollen.
    Kurz nach 14.15 Uhr biegt plötzlich unser Bus um die Ecke und der Fahrer bestätigt, dass es „ungefähr“ um 14:30 Uhr weitergehe…
    Aber die Strecke wird immer holpriger und die Geschwindigkeit überschreitet selten die 20 km/h-Marke. In diesem Schneckentempo kommen wir nie in Chile Chico an! Aber der schon etwas ältere Fahrer holt das Letzte aus seinem Fahrzeug heraus, fährt mal links, mal in der Mitte der Strasse und beschleunigt, wenn es die Verhältnisse zulassen, bis auf 80 km/h.
    Das wird besonders abenteuerlich, als wir an der südlichen Steilküste des Lago General Carrera entlang fahren, wo es von der komplett ungesicherten Strasse gefährlich weit hinunter geht! Das Video zeigt dies anschaulich!
    Endlich kommen wir in Chile Chico an, aber es ist mittlerweile 19:30 Uhr. Martin hat schon unterwegs versucht, ein Taxi für die Fahrt zur chilenischen Grenzstation zu ordern, aber alle Taxiunternehmen fühlen sich entweder nicht zuständig oder antworten erst gar nicht.
    Ein Mitreisender ruft freundlicherweise Don Samuel an, einen ihm bekannten Taxifahrer, der uns dann (zwar in gemütlichem Tempo, aber sicher :-) für 5000 Pesos (knapp 6 Euro) zur drei Kilometer entfernten Grenze fährt, wo wir kurz vor 20 Uhr ankommen. Dort lesen wir die hochoffizielle Mitteilung, dass hier um 21:30 Uhr Schluss ist.
    Es hat zwar schon ein lange Schlange Wartender, die sich aber ziemlich schnell vorwärts bewegt; denn hier geht es ja nur um die Ausreise aus Chile, wo sich alle Reisenden eine Art Ticket für den argentinischen Zoll holen müssen, denn dieser ist circa 5 km weit entfernt.
    Und wie sollen wir ohne Auto dahin kommen? Das Taxi aus Chile darf nicht durch, aus Argentinien können wir auch keines in die „neutrale“ Zone zwischen den beiden Grenzstationen herbeirufen.
    Regine glaubt, wir schaffen das mit Autostopp, doch Martin beginnt, die Fahrer der wartenden Autos auf eine Mitfahrgelegenheit anzusprechen. Die meisten Fahrzeuge sind aber bis auf den letzten Platz belegt - entweder komplett gefüllte Mini-Reisebusse oder Familien, die mit Kind und Kegel aus dem Kurzurlaub (Fastnacht) zurückkehren.
    Endlich kann Martin einen Familienvater davon überzeugen, uns mindestens bis zum argentinischen Zoll mitzunehmen, sobald er seine Formalitäten am chilenischen erledigt hat. Das klingt schon einmal toll, aber Martin besteht auf einer zweiten Option und bequatscht noch einen weiteren netten Mann, der aber schon eine japanische Touristin mitnimmt. Die zwei plaudern miteinander und der Mann meint scherzhaft, wenn wir bei ihm auf der Ladebrücke mitfahren möchten, sei das schon möglich. Martin überrumpelt ihn damit, dass er sagt, das sei für uns kein Problem…
    Das Ganze endet in einer Zusage und schlussendlich haben wir (drei zusätzliche Passagiere) alle IM Auto Platz; das viele Gepäck kommt auf die Ladefläche des Pickups.
    Die ganze Familie ist (echt argentinisch!) seeeehr herzlich und meint, man könne uns hier doch nicht einfach stehen lassen.
    Am argentinischen Zoll müssen wir nicht einmal aussteigen und der Zöllner drückt sogar wegen der Überfüllung des Wagens ein Auge zu; was ihm der Mann gesagt hat, wissen wir nicht…
    Nun nehmen sie uns mit nach Los Antiguos (weitere 4 km), wo wir am Busterminal neue Tickets für die Weiterreise nach El Chaltén kaufen wollen; die Japanerin, sie heisst Ayaka, möchte das auch und schliesst sich uns an.
    Man bringt uns nicht nur bis zum Eingang des Busbahnhofs, sondern sie empfehlen uns auch noch das „Buena Vista“, ein günstiges und gutes Restaurant ganz in der Nähe.
    Nachdem wir die Tickets für den Bus, der fahrplanmässig um 01:50 Uhr abfahren soll, erstanden haben, spazieren wir zum „Buena Vista“ und müssen dort auf frei werdende Plätze warten: Das Lokal platzt aus allen Nähten. Es ist Rosenmontag, 22 Uhr, und die Argentinier haben auch am Fastnachtsdienstag noch frei!
    Aber das Warten lohnt sich: Das Essen ist lecker und günstig, die Bedienung freundlich und wir unterhalten uns prächtig mit Ayaka, die zwar nur gebrochen Englisch spricht, dafür viel und herzlich lacht :-)
    Um 1 Uhr verlassen wir mit einer Gruppe von Frauen als Letzte das „Buena Vista“ und warten im Terminal hundemüde, aber satt und zufrieden, auf unseren Bus, der vom 850 km entfernten Bariloche kommend gut eine Stunde Verspätung hat.
    Wir steigen ein und fahren los - und alle schlafen schnell ein, Regine zuerst :-))
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  • Day 2

    Über Stock und Stein nach El Chaltén

    February 21, 2023 in Argentina ⋅ ⛅ 14 °C

    El Chaltén, Dienstag, 21. Februar 2023

    Von den ersten 6 Stunden der 12-Stunden-Fahrt bekommen wir - da im Tiefschlaf - nichts mit.
    Aber als wir aufwachen, überrascht uns eine total veränderte Landschaft: Draussen ist es auf beiden Seiten staubtrocken und die einzige Vegetation sind erdnahe graubraune Grasbüschel oder Sträucher, die sich im heftigen Gegen- und Seitenwind ducken.
    Diese Szenerie wird nur abgelöst durch ein kleines Nest an Blechbauten, etwa alle 200 Kilometer, bei denen wir aber nicht halten: Wer will da schon hin?! :-)
    Um 10 Uhr wird auch Regine wach und erlebt gerade noch rechtzeitig, dass wir - erneut - auf einer breiten Schotterpiste fahren, und das praktisch im Schritttempo. Der Fahrer möchte offenbar keine Reifenpanne in dieser gottverlassenen Einöde riskieren; wir übrigens auch nicht.
    Anderseits - rechnet Martin aus - brauchen wir in diesem Schneckentempo etwa 10 Stunden bis El Chaltén, was gerade noch für das Abendessen reichen würde; fahrplanmässige Ankunft ist 13 Uhr…!
    Wir schaukeln drei Stunden lang so vor uns hin und haben uns schon ganz in unser Schicksal ergeben, als ein regelrechter Ruck durch den Passagierraum geht: irgendetwas hat sich ereignet… Genau, der Bus schaukelt nicht mehr und beschleunigt stark: Wir fahren wieder auf Asphalt!
    Nun geht es flott weiter und wir rechnen für die verbleibenden 130 km mit einer Fahrzeit von noch eineinhalb Stunden; dann wären wir so gegen 14:30 in El Chaltén.
    Auf der linken Seite zeigt sich zuerst der riesige, aber seichte Lago Viedma, der mit einer Fläche von 1088 km2 ungefähr doppelt so gross ist wie der Bodensee.
    Dann ragen im Hintergrund fast wie aus dem Nichts aus der Ebene heraus die wuchtigen Massive der Anden-Kordillere empor, welche den trockenen Osten vom feuchtkalten Campo Hielo Sur, der zweitgrössten Eismasse in der südlichen Hemisphäre, trennt.
    Als wir näher kommen, erkennen wir die Gletscherzunge des riesigen Viedma-Gletschers, der auf breiter Front in den Lago Viedma kalbt.
    In Chaltén empfängt uns Sonne und Sprühregen, aber das Wetter soll morgen und übermorgen besser werden; beste Aussichten für unsere geplanten Wanderungen!

    Wir richten uns im teuren, aber gemütlichen Hostal Refugio Chaltén ein, waschen trotz eines Verbots unsere Wäsche in der Dusche und hängen diese dann auch in unserem Zimmer auf.
    Dann gehen wir einkaufen (und sind erneut erstaunt über die niedrigen Preise in Argentinien), essen zu Abend und gehen früh ins Bett, denn morgen ruft wieder einmal ein Berg :-)
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  • Day 3

    Im Gegenwind zum Cerro Torre

    February 22, 2023 in Argentina ⋅ ⛅ 10 °C

    El Chaltén, Mittwoch, 22. Februar 2023

    Die zwei „Muss-Touren“ in El Chaltén (deeeeem aufstrebenden Trekking-Ort im argentinischen Teil Patagoniens und preislich vergleichbar mit St.Moritz, jedoch mit extrem schlechtem oder gar keinem Internet!), sind die zum FitzRoy und die zum Cerro Torre, beides die Landschaft dominierende Bergmassive.
    Damit man den FitzRoy beim Anmarsch im Licht der aufgehenden Sonne geniessen kann, braucht man für diese Tour schönes Wetter. Die Prognosen für heute sind ziemlich durchwachsen; deshalb planen wir den FitzRoy für morgen, also den letzten Tag vor unserer Weiterfahrt nach El Calafate.
    Wir ziehen gegen 8:30 Uhr los, denn als Wegzeit werden 8-9 Stunden (hin und zurück) angegeben. Der Einstieg ist leicht, denn unser Hostal liegt nur 500 m davon entfernt. Zuerst geht es ein Stück steil hoch, dann dem Bergrücken entlang hinein in das Tal, in dem ganz hinten am Talabschluss die „Laguna Torre“ liegt. Dies ist ein Gletschersee, der vom Gletscher des Cerro Nato gespeist wird, der genau neben dem Cerro Torre-Gletscher liegt. Mittlerweile wissen wir auch, wie die Farbe „Schlamm“ aussieht: genau so wie der Gletschersee und der eiskalte FitzRoy-Fluss.

    Während wir die Sonne und den blauen Himmel in unserem Rücken haben, scheint vor uns ein Unwetter aufzuziehen: Der Cerro Torre und die umliegenden Gipfel liegen in dunklen Wolken, die Berghänge sind nebelverhangen und es bläst uns ein kalter Wind ins Gesicht. Wir fragen uns also, ob wir da wirklich hoch wollen und wie lange es noch dauert, bis der Regen beginnt. Gut ausgerüstet sind wir ja heute; auch Regenhose, Mütze, Handschuhe und Schal haben Platz im Rucksack gefunden.
    Der Weg zieht sich durch urwaldähnliche Haine und am Rio FitzRoy entlang in Serpentinen nach oben. Bald kommt der Cerro Torre mit einem tollen Regenbogen davor in unser Blickfeld und unsere Vorfreude steigt.
    Nach knapp vier Stunden erreichen wir den Scheitel der Moräne, hinter der die Laguna Torre liegt. Als wir dort ankommen, sind wir total überrascht: Am Abflussende der Lagune, direkt vor unseren Augen, schwimmen richtig grosse Eisberge im Wasser. Sie stammen vom bereits genannten Nato-Gletscher, der in die Lagune kalbt.
    Der Anblick mit den gewaltigen Bergzügen und den vielen Gletschern ist überwältigend, zusammen mit den Wolken und dem peitschenden Wind hat das Ganze aber auch etwas Bedrohliches.
    Wir verweilen noch einen Moment und gehen dann einen schmalen Grat entlang auf der Seitenmoräne der Lagune zur Gletscherzunge. Immer neue Ausblicke eröffnen sich uns und wir sind fasziniert davon, wie viele Gletscher mit derart gewaltigen Ausmassen hier auf so geringer Höhe existieren. Die Lagune liegt nämlich nur auf 850 m über dem Meer.
    Da stören auch die anderen Wanderlustigen nicht, die mit uns die Lagune teilen - im Gegenteil: Wir finden es klasse, dass sich so viele junge Menschen für die Natur und ihre Schönheit begeistern.
    Wir beginnen den Abstieg, denn wir rechnen mit noch einmal 3-4 Stunden Wegzeit und wollen spätestens um 18 Uhr im Hostal sein.
    Aber Martins Rücken macht uns einen gewaltigen Strich durch die Rechnung: Zum ersten Mal auf dieser Reise plagen ihn so starke Schmerzen, dass er - trotz Unterstützung durch seine Wanderstöcke - kaum noch gehen kann. Da hilft nur noch starkes Geschütz: Dafalgan und Voltaren sollen es richten. Im Schneckentempo geht es die letzten vier Kilometer nach Hause und wir kommen erst gegen 18:30 Uhr an, hungrig und müde, aber glücklich darüber, was wir heute gesehen haben :-)
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  • Day 4

    Fast bis zum FitzRoy

    February 23, 2023 in Argentina ⋅ ☁️ 12 °C

    El Chaltén, Donnerstag, 23. Februar 2023

    Heute geht es auf die zweite Wanderung, die in Chaltén jeder Tourist fast zwanghaft absolviert: den Aufstieg Richtung FitzRoy bis zur vorgelagerten Laguna de los Tres, wo man dem Hauptgipfel und den ihn umgebenden Agujas (Nadeln) am nächsten kommt.

    Der FitzRoy ist das absolute Highlight in der Gegend und bald verstehen wir, wieso alle, die schon einmal hier waren, seiner Faszination erlegen sind. Uns wird es nicht anders ergehen…
    Den Namen trägt dieses Aushängeschild von El Chaltén zu Ehren des Kapitäns der „HMS Beagle“, einem bewaffneten Expeditionsschiff der englischen Marine, auf welchem Charles Darwin von 1831 - 1836 seine weltweiten Forschungen betrieb.

    Man hatte uns geraten, bei schönem Wetter um 7 Uhr loszugehen, weil man nur dann die senkrecht abfallenden Wände des Massivs im roten Schimmer der aufgehenden Sonne sehen könne.
    Wir haben aber (wohl auch infolge der gestrigen Strapazen) etwas Verspätung und marschieren erst kurz nach 8 Uhr los.
    Schon nach wenigen Metern - noch im Ortskern von El Chaltén - erhaschen wir einen ersten Blick auf den FitzRoy. Er ist bereits in helles Sonnenlicht getaucht, während hier unten im Tal noch alles im Schatten liegt.
    Das Wichtigste für uns ist jedoch, dass wir vermutlich einen der wenigen Tage im Jahr erwischt haben, an denen der FitzRoy einmal auf seinen üblichen Wolkenschleier verzichtet.
    Bis zum Anfang des Wanderweges ist es ab unserem Hostal gut einen Kilometer weit, aber man kann den Eingang nicht verpassen, wenn man den vielen Wanderfreudigen folgt, die aus allen Ecken des Dorfes strömen.
    Der Weg - 10,2 Kilometer lang - steigt zuerst relativ steil an, wird aber bald flacher und führt am Hang eines Hügels und durch schöne Waldstücke langsam höher und höher. Wir wissen natürlich bereits, dass fast 50% der insgesamt 800 Höhenmeter auf dem letzten Kilometer kurz vor Erreichen der Lagune anfallen.
    Aber bis dahin sind es ja noch neun Kilometer und wir wollen erst nach der halben Strecke entscheiden - aufgrund der uns verbleibenden Zeit und des Zustandes unserer geschundenen Glieder :-), ob wir den ganzen Weg machen oder nicht.
    Nach circa drei Kilometern gibt es eine Weggabelung, das heisst, zwei mögliche Routen, die sich später wieder vereinigen. Wir wählen die Route mit den vielen Miradores (Aussichtspunkten) mit Blick auf den FitzRoy. Man weiss nämlich nie genau, ob sich der Berg nicht doch bald wieder in Nebel hüllt - und wir wollen ihn möglichst lang in vollem Glanz geniessen.
    Schon bald sind wir am ersten Mirador und der Blick ist - hier ist der Ausdruck wohl einmal angebracht - der helle Wahnsinn! Obwohl die senkrecht aufragenden Wände der verschiedenen Nadeln sicher noch 10 km Luftlinie entfernt sind, ist die Ansicht atemberaubend. Es gibt wohl nicht allzu viele Berge, die sich dem Publikum so einfach und so grandios präsentieren - sofern das Wetter stimmt.
    Alle drängen zu den besten Punkten und fotografieren wie wild. Wir warten geduldig, bis sich der Rummel gelegt hat und wir den FitzRoy „ganz für uns allein“ und in Ruhe geniessen können.
    Auf dem weiteren Weg zeigt sich dann entfernt auch noch ein blassblau schimmernder Gletscher (Es könnte der Glaciar FitzRoy sein, wir wissen es aber nicht genau…) und schon allein dieser Anblick ist ein grosser Genuss. Natürlich ergeben sich noch viele weitere Möglichkeiten, „den Berg“ abzulichten, zumal sich die Szenerie durch den ständigen Lichtwechsel in Sekundenschnelle verändert.
    Es geht nämlich ein heftiger Wind, der die Berge durch vorbeiziehende Wolken immer wieder ganz oder teilweise in Schatten hüllt.
    Schnell wird uns klar, dass wir es zeitlich nicht bis zur Laguna de los Tres schaffen werden. Und eigentlich sind wir ja auch ganz froh, heute eine etwas ruhigere Kugel schieben zu können :-)
    Wir entscheiden daher beim Kilometer 6, umzudrehen und auf dem Rückweg einer anderen Lagune, der Laguna Capri, einen Besuch abzustatten. Sie ist ein hübscher Bergsee, aber das erwartete Capri-Blau stellt sich nicht ein.
    Das mag am sich rasant ändernden Wetter liegen: Es kommt ein immer stärkerer Wind auf und die Spitze des FitzRoy ist ab jetzt wolkenverhangen. Mit heftigem Seiten- und Rückenwind beginnen wir den Abstieg und werden dabei (wie schon beim Aufstieg) von unzähligen jungen (und älteren) Wanderern überholt; wir sind definitiv nicht die Schnellsten…
    Auch wenn wir unser ursprüngliches Ziel, die viel gelobte Laguna mit ihrem türkisblauen Wasser, heute nicht ansteuern konnten, so bietet sich uns beim Abstieg - gewissermassen am Wegesrand und völlig überraschend - ein anderes Highlight:
    Kaum zwei Meter vor uns steht ein grosser Huemul, eine hiesige Hirschart, die man eigentlich nie zu Gesicht bekommt - wie uns Einheimische versichert haben.
    Wir sind so verblüfft über das ruhig in die Gegend schauende Tier, dass wir auf der Stelle mucksmäuschenstill stehen bleiben und der Dinge harren, die da kommen. Der Huemul blickt lange umher, gerade so, als wolle er uns Wanderer in Augenschein nehmen und uns fragen: „Was macht ihr denn hier in meinem Revier?“
    Das Tier bewegt sich zunächst nicht vom Fleck, entscheidet sich aber nach gut drei Minuten dann doch für den Rückzug ins Gebüsch.
    Noch einmal bekommen wir es zu Gesicht und können sogar einige Videos machen.
    Mit dem Glücksgefühl, heute etwas ganz Besonderes gesehen zu haben (den Huemul und den FitzRoy), setzen wir unseren Weg hinunter nach El Chaltén fort.
    Im Ort angekommen, blasen uns wahre Sturmböen die Avenida San Martin (Hauptstrasse) hinunter. Wir retten uns in einen Supermarkt und in eine Bäckerei, wo wir viel zu viel einkaufen! Wir müssen wohl sehr hungrig sein!
    Im Hostal lassen wir uns die vegetarischen Empanadas schmecken (Soooooo lecker….!!!), dazu den gemischten Salat mit Oliven.
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  • Day 5

    In Windeseile nach El Calafate

    February 24, 2023 in Argentina ⋅ ☁️ 8 °C

    El Calafate, Freitag, 24. Februar 2023

    Niemand fährt auf argentinischer Seite durch Patagonien nach Ushuaia, ohne in El Calafate Halt zu machen.
    Grund dafür ist weniger der eiskalte (0-9 Grad) grösste See von Argentinien, der Lago Argentino, und auch nicht der Ort El Calafate selber; dies ist ein auf grosser Fläche verteilter Touristenort am Lago Argentino, der als Ausgangspunkt zum Gletscher Perito Moreno dient. Und diesen wollen alle (wirklich alle, die hier ankommen) sehen!
    Es gibt sogar 20 km vor El Calafate einen internationalen Flugplatz, der jene Gäste empfängt, die keine Zeit für eine Anreise mit dem Bus haben.
    Wir sind als Busreisende aber um 11 Uhr (pünktlich!) in El Chaltén abgefahren und haben die 250 km im steifen Seiten- und Gegenwind in gut drei Stunden zurückgelegt. Manchmal schaukelt der Bus so bedenklich, dass wir befürchten, er komme von der gut ausgebauten Strasse ab. Ein Zwischenhalt in La Leona (eine Raststätte, wo der Legende nach schon Butch Cassidy abgestiegen sein soll) am Rio Leona zeigt uns die Stärke des Windes. Wir müssen uns schräg hinstellen, um nicht fortgeblasen zu werden - ein Vorgeschmack auf den berühmt-berüchtigten patagonischen Wind!
    Am Ufer des Lago Argentino entlang erreichen wir schnell El Calafate, kaufen am Busterminal zuerst die Bustickets für den Ausflug zum Perito Moreno (80 km) und nehmen anschliessend ein Taxi zu unserer Unterkunft, dem Terra Apart Hotel, oberhalb der Stadt gelegen und mit Aussicht auf den Lago Argentino.
    Wir sind bass erstaunt, dass Regine hier nicht nur ein wohlig warmes Zimmer mit Doppelbett, sondern auch ein eigenes Bad und sogar eine eigene Küche für uns reserviert hat. Damit lassen wir uns gerne überraschen :-). Regine, die ständig um gute Unterkünfte bemüht ist, wusste bei der Vielzahl an Buchungen in der letzten Zeit einfach nicht mehr so genau, was uns hier erwartet.
    Nachdem wir uns eingerichtet haben, machen wir im nahen superkleinen Supermercado (der aber bis zum Bindfaden alles hat) unsere Einkäufe und einen Spaziergang Richtung See.
    Von Süden bläst ein kräftiger Polarwind und es beginnt zu regnen. Regine zieht zur Sicherheit die Regenhose an (zum ersten Mal auf dieser Reise) - was sich später als übertrieben herausstellt.
    Wir spazieren - immer mit dem Wind im Nacken oder im Gesicht - zur Bucht, zu welcher eine (relativ) neu erbaute, aber bereits zerfallende Uferpromenade führt. Begleitet werden wir dabei immer von zwei Hunden, die so tun, als gehörten wir zusammen. Sie trennen sich erst von uns, als wir am Ende der Promenade ankommen, wo einige unverbesserliche Kite-Surfer es sich nicht nehmen lassen, bei eisigen Temperaturen durch Wellen und Gischt zu preschen. Ihr Können beeindruckt uns ebenso wie ihr Aushaltevermögen im eiskalten Wasser.
    Uns ist es aber schon ohne Wasser kalt genug und wir drehen um. Zu Hause erwartet uns eine geheizte Ferienwohnung und ein feines Abendessen :-)
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  • Day 6

    Windgepeitscht ins Museum u. zum Friseur

    February 25, 2023 in Argentina ⋅ ☁️ 8 °C

    El Calafate, Samstag, 25. Februar 2023

    Wetterbedingt haben wir den „Must-Do“-Ausflug zum Perito-Moreno-Gletscher auf Sonntag verschoben und daran wohl gut getan: Denn heute bläst der Wind nicht, er peitscht über See und Landschaft, sodass einem Hören und Sehen vergeht!
    Aber die Sonne scheint munter und wir beschliessen darum mutig, den Weg zum „Glaciarium“ (Das Museum heisst tatsächlich so.) zu Fuss zurückzulegen (5 km).
    Da es erst um 12 Uhr öffnet und um 20 Uhr schliesst, haben wir keine Eile und marschieren perfekt ausgerüstet los. Fünf Schichten sollen uns schützen: Daunenjacke, Regenjacke, Regenhose, Merino-Unterwäsche, Handschuhe und Mütze.
    Tapfer kämpfen wir uns den ersten Kilometer den Berg hoch und finden den Wind zwar ätzend, aber: So ist es nun eben in Patagonien!
    Ab Kilometer 2 hört allerdings die Asphaltierung der Strasse auf (und der Spass auch) und wir sind ab jetzt nicht nur dem Sturmwind ausgesetzt, sondern vor allem dem von den Autos aufgewirbelten Staub. Noch weitere drei Kilometer in diesem Sturm durchzuhalten, das wäre zu viel verlangt.
    Wir drehen um und entscheiden uns dafür, nur noch asphaltierte Strassen zu begehen. Aber dies ist hier in einer Art Vorort schwierig bis unmöglich.
    Regine hat wieder einmal eine Lösung parat: Sie sieht eine Hütte, wo Remises (der argentinischer Ausdruck für ein Taxi) angeboten werden. Und tatsächlich ist auch ein Fahrer da, der uns für 1500 Pesos (circa 6 Euro) die restlichen vier Kilometer zum Glaciarium fährt.
    Das Museum ist ein leicht futuristischer Neubau aus dem Jahre 2011, in welchem die Geschichte der Erforschung des Eises mit Schwerpunkt auf Patagonien behandelt wird. Es ist mit modernster multimedialer Technik ausgerüstet - ein privates Museum, gegründet und gesponsert von einer anonymen „Vereinigung“ - und liefert so viele Informationen, dass wir Stunden darin verweilen und unser Wissen punkto Gletscher erweitern.
    Wir beginnen mit einem Film zum Glaciar Perito Moreno (den wir morgen dann endlich live sehen werden), der als schönster Gletscher der Welt gilt (wenigstens für Argentinier :-) Ein zweiter Film führt in atemberaubenden Bildern über weitere der mehr als 300 Gletscher in Patagonien und über das berüchtigte Südliche Patagonische Eisfeld. Darunter versteht man den 16800 Quadratkilometer grossen Eisschild, welcher nach der Antarktis und Grönland die drittgrösste Fläche zusammenhängenden Eises bildet.
    Nach gut drei Stunden (auf Wunsch von Regine mit zweimaliger Filmvorführung :-) verlassen wir das Museum informationsgesättigt - nicht ohne zuvor das relativ schnelle Internet zum Hochladen der Videos genutzt zu haben - und lassen uns vom museumseigenen Bus gratis (!) zurück nach El Calafate bringen.
    Dort kaufen wir leckere Alfajores (mit dulce de leche gefüllte Kekse/ Biskuits) und spazieren heim - vorbei an einer Karnevalsfeier für Kinder im städtischen Amphitheater.
    Kurz vor dem Hostal entdecken wir ein Friseurgeschäft, in dem noch gearbeitet wird. Wir treten ein und fragen nach einem Haarschnitt, denn nach über vier Monaten sehen unsere Frisuren doch schon recht mitgenommen aus…
    In einer Stunde dürfen wir kommen und so lässt sich zuerst Martin und dann Regine auf dem Friseurstuhl nieder. Regine ist mit ihrem Resultat nicht ganz zufrieden (eigentlich wie immer!) und Martin tröstet sie (und sich) damit, dass die Haare ja wieder nachwachsen. Und billig war das Ganze auch noch: Zusammen haben wir nur knapp 20 Euro bezahlt!
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  • Day 7

    Perito Moreno - Gletscher unserer Träume

    February 26, 2023 in Argentina ⋅ ☁️ 16 °C

    El Calafate, Sonntag, 26. Februar 2023

    In der argentinischen Reihenfolge der einheimischen „Denkmäler“ kommt auf Platz 1 Maradona, dann der Titelgewinn bei der Fussball-WM 2022, gefolgt vom Gletscher (Glaciar) Perito Moreno. Und dies verdientermassen!
    Martin hatte zwar noch seine (üblichen) Zweifel, ob das Ganze aus touristisch-kommerziellen Gründen nicht etwas stark hochgepusht sei; aber schon der erste Blick auf die Gletscherzunge hat auch ihn umgehauen…
    Für unsere eifrigen Leser bzw. Mitreisenden vorerst ein paar Facts: Der Gletscher ist nach einem argentinischen Forscher aus dem 19. Jahrhundert benannt (der den Gletscher selbst gar nie gesehen hat!), liegt 80 km südwestlich von El Calafate und kann bequem mit dem Bus oder dem Auto erreicht werden.
    Er ist 30 km lang, an der zentralen Stelle 700 m dick, belegt eine Fläche von 254 Quadratkilometern und die Gletscherzunge misst an der breitesten Stelle 5 km.
    Diese Zunge erhebt sich am Ende, wo der Gletscher in zwei Arme des Lago Argentino kalbt, auf eine maximale Höhe von 70 Metern. Zu Fuss kommt man diesem Ende auf 400 m Luftdistanz nahe und steht leicht oberhalb der Bruchkante.
    Dies verschafft nicht nur einen wirklich imposanten Anblick, sondern lässt einen auch (fast) bis an den Gletscheranfang weit oben in den Bergen blicken. Wenn das Wetter dazu noch stimmt (und dies ist heute der Fall!), dann ist der Anblick wahrlich umwerfend: Zum Glück hat es überall Sitzgelegenheiten :-)
    Wir kommen um 11 Uhr an und müssen um 14:30 Uhr zurück am Bus sein. Es heisst also, die wenige Zeit gut einzuteilen. Denn es gibt insgesamt 4 km Passerellen, auf denen wir zu diversen Aussichtspunkten wandern und den Gletscher aus verschiedenen Höhen und Winkeln betrachten können.
    Schnell finden wir - wie viele andere Schaulustige auch - den optimalen Punkt, wo sich die gesamte Breite und Länge mit einem Blick einfangen lässt. Und ehrlich gesagt würde uns diese Stelle auch für die nächsten 10 Stunden reichen! Es gibt immer neue Details am Gletscher und weiter oben in den Bergen zu betrachten. Wir haben ja Martins Fernglas dabei!!
    Mit dem kräftigen Wind, der leichten Bewölkung und der Sonne ergeben sich dabei reizende Farb- und Schattenspiele, von denen wir nicht genug bekommen können. Regine fotografiert, was das Zeug hält und wir werden viel auszusortieren haben; sei‘s drum, es lohnt sich allemal.
    Wir sehen nicht nur viel, wir hören auch das Knarren und Krachen des Gletschers, der sich jeden Tag auf der ganzen Breite im Schnitt zwei Meter vorwärts schiebt. Und genau in der Mitte, wo wir stehen, ist der Druck am mächtigsten. Immer wieder ereignen sich kleinere Abspaltungen von Eis, die mit donnerndem Lärm ins Wasser krachen. Eine kleinere hat Regine sogar per Video erwischt.
    Zwei grössere können wir nicht aufnehmen, weil wir zu langsam sind beim Zücken des iPhones (Die kalten Hände sind in Handschuhe gepackt.), aber den Abbruch „live“ zu erleben, das ist schon ergreifend.
    Kein Wunder stehen Dutzende von Leuten mit professioneller Ausrüstung und viel Geduld an einem Ort, um den alles entscheidenden Moment eines grossen Abbruchs per Kamera erhaschen zu können.
    Einen solchen erleben wir zwar nicht, aber deswegen sind wir ja auch nicht gekommen. Der Perito Moreno ist auch ohne Spektakel eine absolute Schönheit! Wir werden in Zukunft sicher noch viel an diese kurzen, aber schönen Momente denken.
    Zurück im Bus dösen wir und wachen erst durch wildes Schaukeln des Busses wieder auf. Gibt es so starken Seitenwind?! Nein, es muss eher ein technisches Problem sein; wir wissen aber nicht welches. Der Busfahrer hält an und steigt aus, um an der Seite bei den Rädern etwas zu kontrollieren. Aus Erfahrung schwant uns Übles: Wir haben eine Panne und müssen hier stundenlang auf einen Ersatzbus warten…
    Aber der Fahrer steigt wieder ein und es geht schunkelnd und im Schneckentempo weiter; zum Glück sind wir schon fast in El Calafate. Beim Aussteigen stellt sich auf Nachfrage heraus, dass es die Stossdämpfer sind, die eine Art Eigenleben entwickelt haben. Auf jeden Fall war es hohe Kunst, das grosse Fahrzeug unter diesen Bedingungen sicher ans Ziel zu bringen und Martin tut dies gegenüber dem Fahrer lobend kund. Typisch argentinisch ist dessen Reaktion: „No, nada“, „das war doch gar nichts, oder?“
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  • Day 8

    Puerto Natales - wieder zurück in Chile

    February 27, 2023 in Chile ⋅ ☁️ 15 °C

    Puerto Natales, Montag, 27. Februar 2023

    Argentinien und Chile sind sich (wie noch vor kurzer Zeit) nicht mehr spinnefeind, beäugen sich aber aufmerksam und jeder Funke kann zum Konflikt werden.
    Das hält uns aber nicht davon ab, immer wieder die Grenze in beiden Richtungen zu passieren und seit wir in Patagonien sind, tun wir dies notgedrungen: Auf dem Landweg sind die südlicheren Gebiete entweder ausschliesslich durch Grenzwechsel zu erreichen oder man fährt endlose Strecken und langweilige Umwege.
    So sind wir vor genau einer Woche aus Chile nach Argentinien eingereist, verlassen es heute und werden nächste Woche wieder einreisen; eine verrückte Sache, aber wer die Karte von Patagonien anschaut, versteht schnell, wieso es nicht anders möglich ist.
    Einerseits gibt es die Geografie vor:
    Der Kontinent wird immer schmaler und gleichzeitig ist er aufgrund der Eisfelder, der Gebirge, der grossen Seen und den unzähligen Fjorde nicht oder nur per Schiff durchquerbar.
    Anderseits die Politik: Beide Länder streiten seit Jahrzehnten immer wieder um die Oberhoheit über Patagonien, und die Grenzziehung erscheint uns nicht logisch. Sie reicht in unseren Augen von „über nicht vorhanden“ über „absurd“ bis „scherenschnittmässig“.
    Das führt immer noch regelmässig zu kleineren „Neckereien“. So vermuten wir, dass auch die aktuelle Sperrung der Grenze ganz im Süden zwischen der Isla Navarino (Chile) und Ushuaia (Argentinien), unserem letzten Reiseziel in Patagonien, etwas damit zu tun hat.

    Wir lassen uns von dem Taxifahrer, der uns schon am Freitag vom Busbahnhof zu unserer Unterkunft gebracht hat, heute Morgen wieder abholen. Während er in kurzärmligem T-Shirt auftaucht, sind wir in Daunenjacke und Mütze abfahrbereit. Es stürmt und wir können - wie neulich schon - dem Wind kaum standhalten. Aber es ist ja Hochsommer in Patagonien und da trägt man Kurzarm, egal, wie stark der Wind bläst.
    Wir fahren in El Calafate um 11:45 Uhr am Busterminal ab. Die Reise zum nur 265 km entfernten Puerto Natales dauert jedoch sechs Stunden, und das, obwohl die Strasse dorthin bis auf ein kurzes Stück an der Grenze gut ausgebaut und (Welch ein Wunder!) auch asphaltiert ist.
    Den Grund für das Schneckentempo kennen wir auch schon: Es sind die bürokratischen Formalitäten an beiden Zollstationen, wo wir gut und gerne eineinhalb Stunden verlieren. Bei jedem Grenzübertritt hier denken wir ans Reisen in Europa und sind sooooooo froh, dass wir dank des Schengener Abkommens „grenzkontroll-frei“ reisen können.
    Auf der Fahrt gibt es bis zur Grenze kaum Nennenswertes zu berichten: Die Gegend ist sehr trocken und staubig, es wachsen nur vereinzelte Hartgrasbüschel und das einzige Highlight sind die Guanako-Herden, die links und rechts entlang der Strasse friedlich grasen und zum Ärger des Fahrers manchmal auch spontan die Strassenseite wechseln: Dieser muss dann abrupt bremsen, denn Guanakos sind geschützt und es gibt vermutlich einige Unannehmlichkeiten, wenn man eines überfährt…
    Daneben durchziehen ein paar mächtige Flüsse wie der Rio Santa Cruz die steppenartige Landschaft und formen hie und da Oasen, wo Landwirtschaft betrieben wird.
    Kaum haben wir die Grenze passiert, ändert sich alles (fast) schlagartig: Es gibt plötzlich wieder Büsche und Bäume, Schafe und Kühe weiden auf kargen Wiesen und allenthalben plätschert ein Bächlein. Das bedeutet, dass wir wieder auf der feuchten Seite der andinischen Wasserscheide angekommen sind.

    Angekommen im Busterminal von Puerto Natales, buchen wir gleich für den morgigen Tag einen Ausflug nach Torres del Paine (Dieses Gebirgsmassiv ist sozusagen Chiles Antwort auf El Chaltén und El Calafate in Argentinien), kaufen Lebensmittel ein und schleppen uns mit dem vielen Gepäck zur Unterkunft. Martin benutzt (wieder einmal!) die falsche Navigations-App (die uns schon in Chaitén an der Nase herumgeführt hat) und wir suchen und suchen und suchen…
    Die einfache und praktische Lösung haben dann zwei Mädchen, die Martin nach dem Weg fragt: Sie zücken das Smartphone, geben die Adresse in Google Maps ein… et voilà! Nun finden auch wir Dödel, wonach wir gesucht haben :-)
    Wie wir schon bei der Buchung vermutet haben, ist die „Eco“- Unterkunft irgendetwas zwischen einer Baustelle, einem Provisorium und einer alternativen Herberge. Unser Schlafgemach ist eine Art überdimensionierte Hundehütte ganz aus Holz im selfmade-Stil, darin ein (wirklich bequemes) Doppelbett und gerade noch Platz genug, um unsere Rucksäcke abzustellen.
    Dafür gibt es Licht, zwei Steckdosen und sogar eine Zentralheizung!! Letztere ist auch im patagonischen Hochsommer ein absolutes Muss.
    Martin kocht ein leckeres Abendessen: Vollkornreis mit Gemüse und Sardinen aus der Dose. Wir unterhalten uns am Tisch noch mit zwei jungen Reisenden aus Thüringen, die wie wir früh aufbrechen wollen; allerdings zur 4-Tages- Trekkingtour mit Schlafsack und Zelt. Wir gehen spät ins Bett, obwohl die Tagwache am kommenden Morgen schon um 5:45 Uhr ist!
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  • Day 9

    Dauerregen bei den Torres del Paine

    February 28, 2023 in Chile

    Puerto Natales, Dienstag, 28. Februar 2023

    Ein Ausflug zu den Torres del Paine wurde uns von verschiedener Seite wärmstens empfohlen und die Fotos der majestätischen Gipfel sind wirklich beeindruckend. Insbesondere der steil aufragende Cerro Torre mit seinen eisbedeckten Senkrechten ist eine Sensation und das Datum seiner Erstbesteigung weiterhin umstritten: Der Italiener Cesare Maestri behauptete bis zu seinem Tod, den „Turm“ am 30. Juni 1959 mit dem beim Abstieg tödlich verunglückten Toni Egger bezwungen zu haben. Da er seine Fotokamera verloren hatte, konnte er dafür aber keinen Beweis erbringen und immer mehr Koryphäen des Alpinismus (unter anderem Reinhold Messner) bezweifelten die Geschichte schon in den 60er Jahren. Die allseits anerkannte Erstbesteigung gelang aber erst 1974 einem italienischen Team.

    Wir lassen uns von dem garstigen Wetter nicht entmutigen und starten am Morgen um 6:20 Uhr zum Busbahnhof, von wo wir mit vielen weiteren wild Entschlossenen in gut zwei Stunden und für 25 Euro pro Person zum Eingang des „Parque Nacional Torres del Paine“ gebracht werden. Mit 2420 Quadratkilometern ist dies der grösste Nationalpark Chiles.

    Den Eintrittspreis in den Park von nochmals 35 Dollar pro Person haben wir schon online entrichtet - mit nicht unerheblichen Anstrengungen, da die Webseite des Parks ständig „Aussetzer“ hatte. Vor Ort müssen wir zusätzlich noch 4,50 Euro für den Shuttle-Bus bezahlen, der uns in die Nähe des Startpunktes des Wanderweges bringen soll. Allerdings fasst dieser (einzige) Bus nur 8 Personen und mehrere hundert Wanderer warten - in strömendem Regen (!!!) - auf den Transport. Es dauert gut eineinhalb Stunden, bis wir mitkommen und nur das Regencape rettet uns vor der kompletten „Durchnässung“.
    Regine regt sich masslos über diese Miss-Organisation auf; Martin hingegen nimmt es gelassen.
    Zurück kostet es dann nochmals so viel. Das macht nach Adam Riese circa 70 Euro pro Kopf, was schon an Unverschämtheit grenzt. Aber eben: Die chilenischen Parks sind in privaten Händen und diese langen bei den ausländischen Besuchern gerne kräftig zu.

    Aber jetzt, wo wir schon einmal da sind, haben wir keine andere Wahl. Wir geben die Hoffnung auf besseres Wetter nicht auf und ziehen gut „regenverpackt“ unseres Weges.
    Zuerst geht es durch mehr Pfützen als Weg zum Startpunkt des Aufstiegs und dann zügig hoch. Es regnet, aber manchmal scheint auch ganz kurz die Sonne durch und es bieten sich oft schöne Motive zum Fotografieren.
    Wir atmen auf und bestaunen die bis weit herunter verschneiten Berge ringsherum. Das Tal befindet sich auf nur 200 m über der Meer.
    Regine wechselt fleissig die Bekleidung, denn am windabgewandten Seiten und bei steilen Aufstiegen ist es ihr zu warm - mit Merino-Unterhose und Daunenjacke -, dann wieder im windigen Kanal zu kalt. Wir werden zwar dauernd von gehetzten Wanderer überholt (hauptsächlich Jugendlichen), kommen aber doch recht zügig voran. Allerdings beginnt sich jetzt der Regen festzusetzen und ab der Mitte der Strecke, beim „Campamento Chileno“ auf circa 450 m, regnet es immer stärker. Es regnet und regnet und regnet… und später fällt sogar Schnee - bis zu uns!
    Wir schauen immer wieder auf die Uhr, denn unser Bus nach Puerto Natales fährt nach Fahrplan exakt um 19:45 Uhr vom Parkeingang zurück - und es existiert keine andere Transportmöglichkeit.
    So beschliessen wir, noch bevor wir das eigentliche Ziel, den Mirador Torres del Paine, erreicht haben, umzudrehen und den Abstieg zu beginnen. Die bildschönen Gipfel bekommen wir nie zu Gesicht, aber die anderen Zielstrebigeren auch nicht, denn die Berge hüllen sich ständig in dichte Wolken.
    Wir wollen also frühzeitig dort sein, wo der nur 8 Personen fassende Shuttle-Bus uns zum Eingang bringt; viele andere haben nämlich das Gleiche im Sinn.
    So kommen wir (Wir erwähnen hier nicht, dass es weiter regnet und Martin seine in Chaitén erworbene Regen-Pellerine erstmalig nutzbringend einsetzen kann.) um 17:45 Uhr bei der Shuttle-Station an, wo man uns klarmacht, dass der erste Transfer erst um 18:30 Uhr stattfindet. Also ist Warten und Frieren angesagt. Um 18:40 Uhr ist es soweit und Martin ergattert im (erstaunlicherweise jetzt 50-plätzigen) Bus die ersten Plätze.
    Wir hoffen, dass unser Bus unten am Parkeingang schon dasteht oder wenigstens bald kommt und wir uns in der Zwischenzeit in geheizten Räumen etwas aufwärmen können. Aber denkste: Alle Innenräume (Es gibt nur jene der Ticketschalter.) sind abgeschlossen und die Wartenden müssen draussen im zunehmenden Wind ausharren.
    Wir verkriechen uns in einen etwas windgeschützten Türeingang, wo sich nach uns noch zwei frierende Kinder in eine Ecke kauern (und dann vor lauter Kälte oder Erschöpfung einschlafen.) Martin erinnert daran, dass wir uns nicht beklagen können, weil viele Flüchtende an den europäischen Aussengrenzen nichts anderes kennen als Kälte, Nässe, Dreck und Hunger. Uns Wohlgenährten ist das aber momentan wenig Trost und so sind wir froh, als unser Bus (endlich!) um 20:05 Uhr auftaucht und wir uns in die Wärme setzen dürfen.
    Wir vertilgen alle verbliebenen Essensvorräte und den Rest an Kaffee; Regine schläft erschöpft ein, Martin hört Musik am Smartphone.
    Um 22 Uhr sind wir endlich zu Hause. Regine duscht ausgiebig heiss, um wieder warm zu werden, Martin wärmt die Essensreste vom Vortag auf. Um Mitternacht sinken wir ins Bett und schlafen sofort ein. Das ist auch gut so, denn am kommenden Morgen steht schon der nächste Tagesausflug an.
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