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  • Day 9

    Dauerregen bei den Torres del Paine

    February 28, 2023 in Chile

    Puerto Natales, Dienstag, 28. Februar 2023

    Ein Ausflug zu den Torres del Paine wurde uns von verschiedener Seite wärmstens empfohlen und die Fotos der majestätischen Gipfel sind wirklich beeindruckend. Insbesondere der steil aufragende Cerro Torre mit seinen eisbedeckten Senkrechten ist eine Sensation und das Datum seiner Erstbesteigung weiterhin umstritten: Der Italiener Cesare Maestri behauptete bis zu seinem Tod, den „Turm“ am 30. Juni 1959 mit dem beim Abstieg tödlich verunglückten Toni Egger bezwungen zu haben. Da er seine Fotokamera verloren hatte, konnte er dafür aber keinen Beweis erbringen und immer mehr Koryphäen des Alpinismus (unter anderem Reinhold Messner) bezweifelten die Geschichte schon in den 60er Jahren. Die allseits anerkannte Erstbesteigung gelang aber erst 1974 einem italienischen Team.

    Wir lassen uns von dem garstigen Wetter nicht entmutigen und starten am Morgen um 6:20 Uhr zum Busbahnhof, von wo wir mit vielen weiteren wild Entschlossenen in gut zwei Stunden und für 25 Euro pro Person zum Eingang des „Parque Nacional Torres del Paine“ gebracht werden. Mit 2420 Quadratkilometern ist dies der grösste Nationalpark Chiles.

    Den Eintrittspreis in den Park von nochmals 35 Dollar pro Person haben wir schon online entrichtet - mit nicht unerheblichen Anstrengungen, da die Webseite des Parks ständig „Aussetzer“ hatte. Vor Ort müssen wir zusätzlich noch 4,50 Euro für den Shuttle-Bus bezahlen, der uns in die Nähe des Startpunktes des Wanderweges bringen soll. Allerdings fasst dieser (einzige) Bus nur 8 Personen und mehrere hundert Wanderer warten - in strömendem Regen (!!!) - auf den Transport. Es dauert gut eineinhalb Stunden, bis wir mitkommen und nur das Regencape rettet uns vor der kompletten „Durchnässung“.
    Regine regt sich masslos über diese Miss-Organisation auf; Martin hingegen nimmt es gelassen.
    Zurück kostet es dann nochmals so viel. Das macht nach Adam Riese circa 70 Euro pro Kopf, was schon an Unverschämtheit grenzt. Aber eben: Die chilenischen Parks sind in privaten Händen und diese langen bei den ausländischen Besuchern gerne kräftig zu.

    Aber jetzt, wo wir schon einmal da sind, haben wir keine andere Wahl. Wir geben die Hoffnung auf besseres Wetter nicht auf und ziehen gut „regenverpackt“ unseres Weges.
    Zuerst geht es durch mehr Pfützen als Weg zum Startpunkt des Aufstiegs und dann zügig hoch. Es regnet, aber manchmal scheint auch ganz kurz die Sonne durch und es bieten sich oft schöne Motive zum Fotografieren.
    Wir atmen auf und bestaunen die bis weit herunter verschneiten Berge ringsherum. Das Tal befindet sich auf nur 200 m über der Meer.
    Regine wechselt fleissig die Bekleidung, denn am windabgewandten Seiten und bei steilen Aufstiegen ist es ihr zu warm - mit Merino-Unterhose und Daunenjacke -, dann wieder im windigen Kanal zu kalt. Wir werden zwar dauernd von gehetzten Wanderer überholt (hauptsächlich Jugendlichen), kommen aber doch recht zügig voran. Allerdings beginnt sich jetzt der Regen festzusetzen und ab der Mitte der Strecke, beim „Campamento Chileno“ auf circa 450 m, regnet es immer stärker. Es regnet und regnet und regnet… und später fällt sogar Schnee - bis zu uns!
    Wir schauen immer wieder auf die Uhr, denn unser Bus nach Puerto Natales fährt nach Fahrplan exakt um 19:45 Uhr vom Parkeingang zurück - und es existiert keine andere Transportmöglichkeit.
    So beschliessen wir, noch bevor wir das eigentliche Ziel, den Mirador Torres del Paine, erreicht haben, umzudrehen und den Abstieg zu beginnen. Die bildschönen Gipfel bekommen wir nie zu Gesicht, aber die anderen Zielstrebigeren auch nicht, denn die Berge hüllen sich ständig in dichte Wolken.
    Wir wollen also frühzeitig dort sein, wo der nur 8 Personen fassende Shuttle-Bus uns zum Eingang bringt; viele andere haben nämlich das Gleiche im Sinn.
    So kommen wir (Wir erwähnen hier nicht, dass es weiter regnet und Martin seine in Chaitén erworbene Regen-Pellerine erstmalig nutzbringend einsetzen kann.) um 17:45 Uhr bei der Shuttle-Station an, wo man uns klarmacht, dass der erste Transfer erst um 18:30 Uhr stattfindet. Also ist Warten und Frieren angesagt. Um 18:40 Uhr ist es soweit und Martin ergattert im (erstaunlicherweise jetzt 50-plätzigen) Bus die ersten Plätze.
    Wir hoffen, dass unser Bus unten am Parkeingang schon dasteht oder wenigstens bald kommt und wir uns in der Zwischenzeit in geheizten Räumen etwas aufwärmen können. Aber denkste: Alle Innenräume (Es gibt nur jene der Ticketschalter.) sind abgeschlossen und die Wartenden müssen draussen im zunehmenden Wind ausharren.
    Wir verkriechen uns in einen etwas windgeschützten Türeingang, wo sich nach uns noch zwei frierende Kinder in eine Ecke kauern (und dann vor lauter Kälte oder Erschöpfung einschlafen.) Martin erinnert daran, dass wir uns nicht beklagen können, weil viele Flüchtende an den europäischen Aussengrenzen nichts anderes kennen als Kälte, Nässe, Dreck und Hunger. Uns Wohlgenährten ist das aber momentan wenig Trost und so sind wir froh, als unser Bus (endlich!) um 20:05 Uhr auftaucht und wir uns in die Wärme setzen dürfen.
    Wir vertilgen alle verbliebenen Essensvorräte und den Rest an Kaffee; Regine schläft erschöpft ein, Martin hört Musik am Smartphone.
    Um 22 Uhr sind wir endlich zu Hause. Regine duscht ausgiebig heiss, um wieder warm zu werden, Martin wärmt die Essensreste vom Vortag auf. Um Mitternacht sinken wir ins Bett und schlafen sofort ein. Das ist auch gut so, denn am kommenden Morgen steht schon der nächste Tagesausflug an.
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