• Sanfter Flug und Höllenritt durch Rio

    2023年3月31日, ブラジル ⋅ ☁️ 25 °C

    Rio de Janeiro, Freitag, 31. März 2023

    Am Morgen haben wir genügend Zeit, um in Ruhe Kaffee zu trinken und dann unsere Siebensachen zu packen: Mit unserem Vermieter Luis sind wir um 10:30 Uhr in der Wohnung zur Übergabe verabredet. Er erscheint ganz pünktlich und meldet sich vorher auch noch schriftlich über WhatsApp an. Wer weiss, ob wir ihn mal in Europa sehen? Als Schauspieler war er schon öfters in unseren Gefilden. On verra! Eingeladen haben wir ihn jedenfalls.
    Randbemerkung: In Argentinien funktioniert der gesamte Alltag mit WhatsApp - sowohl im privaten Bereich, aber in ganz selbstverständlicher Weise auch im geschäftlichen. Uns war dies bei sämtlichen Aktivitäten eine grosse Hilfe.
    Dann satteln wir unsere Rucksäcke und marschieren 500 m zur Bushaltestelle der Linie 45, welche uns auf direktem Weg zum „Aeroparque“ nördlich des Hafens bringen soll. Die Haltestelle finden wir dank Google Maps auf Anhieb, müssen aber feststellen, dass nicht jeder Bus der Linie 45 dort hinfährt, wo wir hin wollen. Ein nicht so freundlicher, dafür umso bestimmter Kontrolleur der Busse erklärt uns, dass nur jene Busse dahin fahren, bei welchen unten hinter der Frontscheibe „Ciudad Universitaria“ steht. Das, was oben am Bus angeschrieben ist, ist egal… Aha! Wieder etwas dazugelernt :-)
    Trotzdem fragen wir beim Einsteigen den Busfahrer noch einmal und Martin bittet ihn, uns doch zu sagen, welches für uns Fussgänger (und Gepäckträger) die nächste Haltestelle für internationale Abflüge sei. Seine lapidare Antwort: „Das siehst du dann links!“ - wohl, weil sich der Flughafen auf der linken Seite befindet. Klar, rechts ist ja der Rio de la Plata! Das ist jetzt zwar nicht sehr hilfreich, aber wir hoffen, dass andere Fahrgäste auch dorthin wollen.
    In der Tat steigt einige Stationen weiter ein Ehepaar ein, mit denen Martin ins Gespräch kommt, weil er ihnen höflich Platz für ihr Gepäck auf unseren Rucksäcken anbietet :-) Und ja, sie müssen auch dahin und fliegen nach Esquel in der Nähe von Bariloche. Sie machen die Reise offenbar nicht zum ersten Mal, denn sie wissen genau, wo man aussteigen muss. Wir gehen ihnen hinterher, aber sie haben es so eilig, dass wir uns nicht einmal bedanken können…
    Jetzt kommt das problemlose Einchecken bei der Fluggesellschaft LATAM, die uns nach Rio de Janeiro bringen soll und anschliessend der problematische Geldwechsel. Die argentinische Nationalbank tauscht nur Fremdwährung gegen argentinische Pesos - und nicht umgekehrt! So bleiben wir (vorläufig) auf unseren 50.000 Pesos sitzen.
    Wir fliegen recht pünktlich um 13:55 Uhr ab und der Flug dauert auch nur angenehme zweieinhalb Stunden; dazu gibt es in der Mitte der Flugzeit eine kleine Gratisverpflegung - Müsliriegel, Chips und ein Getränk. Immerhin!
    Schon um 16:35 Uhr landen wir auf dem Flughafen Antonio Carlos Jobim (legendärer brasilianischer Komponist und Musiker) und nehmen unser Gepäck entgegen. Gleich in der Nähe des Gepäckbandes gibt es auch eine - nein, sogar deren zwei! - Wechselstuben! Nichts wie hin, denn ohne einen einzigen baren Real in der Tasche dürfte ein Wegkommen mit Taxi etc. schwierig sein. Dann erkundigen wir uns nach dem Preis des sogenannten „Taxi oficial“ und erfahren, dass dieser 147.50 Reales betragen würde (nach offiziellem Kurs circa 27 Euro). Leider müssen wir aber feststellen, dass man uns beim Geldwechsel gehörig übers Ohr gehauen hat: Für die 50.000 Pesos haben wir gerade einmal 300 Reales bekommen, anstatt 1.200 wie gemäss offiziellem Kurs!!!
    Das nennt man dann Bauernfängerei und wir haben wieder einmal gelernt, dass man vorher fragen, dann überlegen und erst am Schluss handeln sollte! Aber irgendwie mussten wir ja zu Cash kommen und mit den argentinischen Pesos können wir sowieso nichts mehr anfangen…
    Aber die Hälfte unserer Barschaft für eine einzige Taxifahrt auszugeben, das kommt dann doch nicht in Frage. Unser Vermieter in Rio, Pedro, hat uns Uber empfohlen. Wir laden also die App herunter und versuchen mehrfach, ein Uber-Taxi herzulotsen. Aber immer kurz vor dem Abschluss der Buchung kommt die Aufforderung, unsere CPF-Nummer einzugeben… Wir haben erstens keinen blassen Schimmer, was das soll und noch weniger, was mit „CPF“ gemeint sein könnte. Es ist auf jeden Fall eine 10-stellige Nummer.
    Verzweifelt versuchen wir es doch mit einem gelben Taxi aus der wartenden Reihe: 99 Reales lautet hier der Preis. Nein, danke, aber das ist uns auch zu teuer. Davon, mit Bus und Metro zu fahren, hat man uns dringend abgeraten: Es sei viiiiiieeeel zu gefährlich!
    Nun fragen wir per WhatsApp unseren Vermieter um Rat: CFP ist die eindeutige Steuernummer, die jeder brasilianische Einwohner hat (und wir ergo nicht). Martin schlägt vor, dass er uns seine für diese Buchung „leiht“, was ihm aber nicht so gefällt. Dafür schlägt er im Gegenzug vor, dass ER uns ein Uber bucht (und bezahlt) und wir ihm den Betrag dann in bar zurückerstatten.
    Gesagt, getan und nach einigem Hin- und Herlaufen finden wir unseren Uber-Fahrer und preschen los.
    Wir sind ja schon einiges an Fahrkünsten und Manövern von Argentiniens Strassen gewohnt, aber der Verkehr in Rio im allgemeinen und unser Fahrer im besonderen übertreffen alles bisher Erlebte um ein Weites. Er fährt mit dreifacher Geschwindigkeit, wechselt ohne Blinker andauernd die Fahrspur und hupt zu langsam fahrende Lenker sprichwörtlich weg. Zur Sicherheit gurten wir uns hinten sitzend an, er schafft es aber ohne einen Kratzer und in weniger als 25 Minuten, uns heil ans Ziel zu bringen. Dabei gerieten wir mehrfach in einen Stau und die „normale“ Fahrzeit beträgt laut Internet 45 Minuten bis eine Stunde. Wir glauben, das sagt genug aus über diesen Höllenritt durch Rios Strassen!
    Wir halten direkt vor der Haustüre und rufen Pedro an, der wenig später erscheint und dann zuerst nach dem Portier rufen muss, damit wir ins Haus gelassen werden; ein solcher ist Tag und Nacht vor Ort und lässt uns (hoffentlich) wieder rein und raus. Das Zimmer ist etwas spartanisch, so auch die Kücheneinrichtung. Alles ein wenig heruntergekommen, dafür sehr zentral. Und es hat fliessend (!) Wasser (das man aber nicht trinken sollte) und einen sehr neuen Gasherd. Immerhin… :-)
    Wir kaufen in einem nahegelegenen Supermercado Getränke und Brot ein und wärmen zum Abendessen das vegetarische Menü auf, das wir aus Buenos Aires mitgebracht haben.
    Obwohl wir ziemlich müde sind, bucht Regine für Sonntag schon mal eine Führung durch die Favela Rocinha… Morgen wollen wir auf eigene Faust losziehen. Dann gute Nacht!
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