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  • Day 34

    Die Touristen sind im Anmarsch

    May 29, 2023 in Norway ⋅ ⛅ 7 °C

    Nach einer "Hardcorenacht" mit stürmischem Wind und prasselndem Regen zeigt sich der Morgen ganz freundlich und unschuldig, als ob alles nur ein böser Traum gewesen wäre. Unser Giotti hat die Dichtigkeitsprüfung bravourös gemeistert. Draussen riecht es herrlich nach Meer und kühler frischgewaschener Luft.
    Wir fahren von unserem Nachtplatz aus der holprigen Naturstrasse weiter entlang, weil ich gerne noch um die Ecke sehen will. Eine fantastische wilde Bucht mit landestypischen Holzhäusern, eingebettet wie in Nestern zwischen den Felsen, schön geschützt vor Sturm und Wetter, zeigt sich uns. Ein Schneehase im Fellwechsel (sieht grau und weiss gefleckt aus) hoppelt verängstigt vor unserem Giotti davon.
    Jetzt gilt es aber Fahrt zu den Top Sehenswürdigkeiten, oder den "must seen" sogenannten idyllischen Fischerorten aufzunehmen. Orte, welche bereits auf Instagram omnipräsent sind. Viel Verkehr und Busse kreuzen wir auf den eher schmalen Strassen. In einem Hafen steht ein "Aida"-Kreuzfahrtschiff vor Anker. Anscheinend hat die Saison an Fahrt aufgenommen...
    Zuerst kommen wir an Hamnøy vorbei. Das Dorf liegt im Süden der Lofoten und ist eines der klassischen Fotomotive der Lofoten. Hier liegen die typischen roten Holzhäuser (Rorbuer) direkt am Wasser. Im Hintergrund eine imposante Bergkulisse. Es liegt auf der Ostseite der Insel Moskenesøya, nur 1,5 Kilometer vom nächsten Hotspot entfernt dem Fischerdorf Reine. Der kleine Ort gehört zu den meistbesuchten und vor allem auch meist fotografierten Orten auf der Inselgruppe der Lofoten. Reine hat kaum 2000 Einwohner, was für die Lofoten schon relativ viel ist. Herden von topgestylten jungen Wanderern begegnen uns im strömenden Regen. In einer Bakeri und Kaffe beobachten wir die jungen Menschen bei Latte Macchiato und Zimtschnecke. Sie haben sich sicherlich bessere Wetterverhältnisse gewünscht für ihre Trekkings. Reine bietet eine ganz besondere Wanderung an: Der Hausberg Reinebringen. Der Weg ist zwar nicht so lang, ca. eine Stunde, aber er hat es in sich. Sehr steil nach oben, bei Nässe sehr gefährlich. Oftmals ist der Weg ausgetreten und loses Geröll können den Aufstieg erschweren. Es gab schon tödliche Unfälle am Berg. Nun hat die Gemeinde eine "Sherpa-Treppe" errichtet, was den Aufstieg etwas vereinfachen und weniger riskant macht. Wir lassen dieses Unterfangen lieber aus...es regnet zum Glück:))
    So geht es für uns weiter bis nach Å. Das Fischerdorf mit dem kürzesten Namen in Norwegen. Å bedeutet Bach. Es ist der Endpunkt auf Lofoten.
    Bis Ende der 1990er Jahre war Å ein Fischerdorf mit umfangreicher Produktion von Trockenfisch und einer Brennerei. In der Gemeinde gibt es verschiedene Museen über die Fischereigeschichte der Lofoten und der Entwicklung von Trockenfisch. Da wir gestern bereits ein Freilichtdorf mit denselben Themen besucht haben, lassen wir dieses Angebot aus.
    Alle diese Orte sind mehr oder weniger zu Touristenorten mit vielen "authentischen" Übernachtungsmöglichkeiten verkommen. Wie sieht es wohl während der Hochsaison aus? Mich schrecken solche sogenannten Top Sehenswürdigkeiten je länger je mehr ab. Der Overtourismus hat bis in die entlegensten Ecken unseres Planeten Einzug gehalten. Wir sind uns sehr bewusst, dass auch wir einen fragwürdigen Anteil dazu beitragen! Dazu kommt mir nur als Antwort der tiefsinnige Rat: "Love it, change it or leave it..."
    Zurück in Richtung Norden von Lofoten wählen wir die etwas weniger bekannte Insel Gimsøya für unser Nachtlager aus. Hier treffen wir auf viel unberührte Natur, tiefblaue Fjorde und steil aufragende Berge. Der Norden und Westen sind mit Torfmooren bedeckt. Sie sind für das Klima wichtig und werden deshalb geschützt. Aus der flachen Tundralandschaft ragt der 368 Meter hohe Hoven empor. Hier scheint für mich die Welt noch sehr authentisch und ursprünglich zu sein! Vielleicht liegt es auch am strahlend blauen Himmel. Petrus scheint plötzlich wieder gute Laune zu haben!
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