Satellite
Show on map
  • Day 9

    Regen in Haifa

    October 2, 2023 in Israel ⋅ ☁️ 25 °C

    Die Wolken den Tag über hatten es schon angekündigt. Es regnete in der Nacht. Das Rauschen der Wellen vermischte sich mit dem des Regens. Als müsste es meine Gedanken an den Herbst verstärken. Sie sind immer verbunden mit diesen Tagen auf südlichen Mittelmeerorten oder -inseln. So kraftvoll besetzt während der corona-zeit in Kreta oder auf Zypern oder Rhodos letztes Jahr. Dazu die mittelalterlichen Mauern und Gassen, Festungen gegen das Meer und gegen die Feinde, seien es die Piraten, die Römer, die Spanier, die Türken oder Napoleon bei der Stadt Akko hier unweit von Haifa. Wer Akko nimmt, nimmt die Welt, soll er gesagt haben. Die Gassen heute sind dem Tourismus völlig verfallen. Natürlich schön das Theaterfest an verschiedenen Stellen,. Vor einem Tor üben drei dragqueen-verkleidete Frauen ihre abendliche Performance in großen, in der Luft schwebenden Ringen. Auf der Fussballfeld weitläufigen Stadtmauer stehen nur vier Stühle als Theateraufbau auf einer schwarz drapierten Bühne. Etwas weiter schweifen die grellen, zur Technomusik rhythmisierten Scheinwerfer über die ausgedörrte Glasfläche. Die Musik kämpft kurz gegen die Aufforderung zum Gebet des Muezzin an, dann wird sie leiser gedimmt. Der Muezzin Lautsprecher ertönt vom Minarett der Moschee. Ein grünes Neonlicht ist entlang seines umlaufenden Balkons angebracht. Es leuchtet vor einem überwältigenden Abendrot. Abendrot schlecht Wetter droht. Heisst es so? Oder geht der Spruch anders? Ich rätsle. Der spätere Regen scheint es eher zu bestätigen.
    Begonnen hat der Tag mit Kino und noch davor mit Parkplatzsuchen, einem redseligen Parkplatzwächter, der auf die horrenden Preise hinweist. Israel ist teuer. Die Menschen müssen mehr verdienen oder Essen gehen und Kino sind eben Luxus, teurer als bei uns.
    Seltsam, die Kurzfilme eines Landes in dem Land selber zu sehen. Plötzlich sind die Bilder nah. Ja, draussen sieht es so aus, stehen diese Häuser, bewegen sich die Menschen innerhalb dieser Zeichen und Chiffren. Die Kurzfilme haben ein Motto, zuerst Väter und Söhne. Zwei Filme gehen über den Konflikt der sexuellem Orientierung gegenüber einer streng religiösen Welt. Der nächste Film ist aus der arabisch sprechenden Welt. EIne Nacht, in der die Rächer kommen können, Vater und Sohn alleine sind, Bekanntes und
    Familiäres austauschen, während immer wieder Lichter auf den verschwommen farbigen Türgläsern auftauchen und verhuschen: Es könnten die Rächer sein. Am Morgen werden sie endlich kommen.
    Der letzte Film ist eine kleine nette Vater Sohn Geschichte. Beide gehen zum Fischen. Der Sohn sagt, Mama hätte gesagt, es gäbe keine Fische mehr in dem See. Doch der Vater hat vorgesorgt und einen gekauft, den er an den Angelhaken fabriziert.
    Der zweite Kurzfiömblock geht über den Tod und hat den stärksten Beitrag gleich am Anfang. Israel, die Wüste waren einmal der Boden des t
    Tethys Meeres aus der Urzeit. Auf dem Gipfel in dieser Wüste befindet sich ein Haus, in dem man sterben kann. Ein alter Mann kommt, muss f
    Formulare unterschreiben. Da ist das leben ja billiger, sagt er. Jüdischer Humor. Er verabschiedet sich, auch von seiner Tochter ein letztes Mal am Telefon. Gieß den Platanenbaum, sagt er, morgen. Dann nimmt er die verschiedenen Gifte. Er sitzt auf einem Stuhl und schaut über die Wüste. Später räumen die beiden Angestellten des Hauses die Sachen auf für den nächsten Kunden und im Abspann geht der alte Mann in die Wüste hinunter, tanzend.

    Im zweiten Film stürzt sich ein Mädchen eine Klippe hinunter, trifft danach auf Uriel, wird ins Leben zurückgeschickt, stürzt sich nochmals von der Klippe, um am Ende gemeinsam mit Uriel ins Leben zurückzukommen. Ein bisschen unausgereift, aber nicht schlecht.

    Der letzte war ein Dokumentarfilm über einen palästinensischen Transmamm oder muss man sagen Ttansfrau. Also sie ist ein Mann und lebt als Frau. Lebte. Sie starb, weil sie mit all d n Verfolgungen nicht zurechtkam, kein Asyl in Israel erhielt. Nicht überzeugend...

    Nach dem Kino die Fahrt hinaus auf den Mount Carmel. Lichter Wald, sandiger, fast staubig weisser Boden. Ein Haus auf der hochgelegenen Lichtung, vergittert, Reste eines Kamins, auch Halterungen von Waschbecken. Warum? Was war da? Ein verschlossener, tief hinunterreichender Brunnenauslass vor dem Haus. Ansonsten von Motorrad- und Kradspuren durchzogene Pfade. Ein Ort, der viele Geschichten kennt, Ausflügler, Familien, Liebesuchende aller art, Geologen...

    Die Sonne kommt hier auf der Frühstücksterrasse heraus, der Himmel wird blauer und blauer, der Wind bewegt die langen Blätter der Palme über der Mauer, die den Innenhof des Hotels umgibt. Wie schnell die Zeit vergeht. Gestern Abend dachte ich auf der h
    Heimfahrt von Akko, dass ich ja erst 24 Stunden da bin. Und schon kommen einem die Straßen bekannt vor, kennt man die Richtungen, den b
    Bergzug, das Meer, die Promenade, den Weg zum Hotel, den Laden an der Ecke mit den Obstauslagen im Neonlicht.
    Nach dem Berg Karmel, der natürlich mit den Karmelitern und dem Propheten Elia zu tun hat, Fahrt durch die Ebene nach Akko, aber ohne dass viel von diesem Ort in mir hängen blieb. Vielleicht der Aniskringel, in einem Supermarkt gekauft, oder der Blick auf einen Parkplatz am Fuß der Festungsmauer. Man würde heute dafür nicht mehr Gebäude opfern, aber damals in den 70ern und 80ern hat man dem Auto rigoros Platz gemacht. Nun stehen sie da neben den alten Festungsmauern und am Ende der Treppe aus der alten Stadt hinaus, auf der früher bestimmt die Fischer zu ihren Booten gingen. Stehen im wahrsten Sinne des Wortes im Weg. An diesem.Platz das überall gerühmte und auch bei uns wohl durch einen Bericht bekannte Fischerrestautant Uri Buri. Mit Goldlettern steht der Name an der a
    Aussenwand aus Sandsteinquadern. Aber der Platz wirkt unwirklich für mich, auch trotz der darüber hängenden Glühbirnen. Vielleicht fehlte einfach die Sonne oder die Menschen. Sie kommen wohl später in diese künstliche Museumswelt.
    Zum Abschluss des Tages ein Restaurant unweit des Hotels direkt am Meer. Aufgetischt wurden 15 Platten mit Starters, Salaten, Cremes, andere Delikatessen. So etwas hatte ich erst einmal erlebt, mit Gülay in Mersin vor vielen Jahren, aber das ist ja auch gar nicht so weit weg von hier...
    So vollgegessen war ich schon lange nicht mehr...
    Read more