• Ein bisschen Deutschland in Afrika

    March 11, 2023 in Kenya ⋅ 🌧 26 °C

    Am späten Vormittag des 11. März verlassen wir das Camp der Sandai Farm.
    Hier waren wir gestern gestrandet, nachdem wir so viel Zeit für das Verlassen des Aberdare Parks verschwendet haben.
    Wie so oft haben wir keine Ahnung, wo der Weg uns heute hinführen wird.
    In 35 Kilometern von hier, das kann ( wenn ich mir den Zustand der Straße anschaue) gut und gerne eine Stunde oder mehr dauern - soll es ein schönes Café geben. Dort wollen wir einen Zwischenstopp einlegen.
    Kein Mensch kann sich vorstellen, wie sehr wir hier in Afrika nette Cafés oder einen schöne Biergärten vermissen!
    Das Bistro wird geführt von der Tochter von Petra, einer ausgewanderten Schwäbin, auf deren Campingplatz wir die letzte Nacht verbracht haben.
    Der Platz und insbesondere die sanitären Anlagen sind ziemlich run down, also übel herunter gekommen. Ich könnte mich wegschmeißen bei einem solch edlen Ausdruck ( sanitäre Anlagen) für etwas so Schäbiges: zerblötschter Eimer mit Rissen, geflickt mit Silikonwürsten, die wie Geschwüre aussehen und am Boden des Eimers kleben. Gefüllt ist er mit kaltem Wasser.
    Unten am Eimer befindet sich ein Hebel, mit dem man den provisorisch befestigten Kran öffnen kann, und sogleich ergießt sich das kalte Wasser an den Geschwüren entlang über den Körper.
    Haken gibt es in dem Rondell aus Beton nicht, weshalb man sein Handtuch über die dreckige Betonmauer werfen muss.
    😬

    Da wir gestern im Park an unserem Übernachtungsplatz gar keine Toiletten, geschweige denn Duschen, ja noch nicht einmal Wasser hatten, ziehe ich mich mit von Ekel verzerrtem Gesicht aus und steige unter die abenteuerliche Wasch- Konstruktion. Igitttttt!

    Die Klos, ihr habt es sicher schon erraten, sind einfache Longdrops, also auf gut deutsch gesagt Plumsklos der ganz primitiven Art.
    Mit großem Erstaunen treten wir zum Bezahlen in das Farmhaus und trauen unseren Augen nicht. Das kann nicht sein, dass dieser abgewrackte Platz und das edle Herrenhaus - bestückt mit massiven, kostbaren alten Möbeln - zusammen gehören?!
    Vielleicht hätten wir lieber eines von Petras Zimmern buchen sollen, um ein wenig von dem Luxus mitzubekommen.
    Jetzt aber ist es zu spät.
    Doch wir haben den Aufenthalt ja überstanden!

    Nun machen wir, wie schon erwähnt, einen Abstecher zum Café von Petras Tochter.
    Der Weg dorthin verlangt uns und dem Auto wieder einiges ab.
    Aber diese Mühen lohnen sich hundertfach:

    Wir finden ein kleines Bistro mitten im Niemandsland, ein winziges Knusperhäuschen im Wald.

    Kein Mensch würde so etwas am Ende einer solchen Horrorpiste erwarten!
    Gleich daneben befinden sich ein paar kleine Lehmhütten, alle rund gebaut.
    Ich fasse es nicht und muss wirklich zweimal auf das Schild schauen, um das zu glauben: Eine Waldorfschule, mitten in der Einöde unglaublich liebevoll gestaltet.
    Leider ist heute Samstag, so dass keine Kinder da sind. Aber der Security Guard öffnet uns zwei Klassenzimmer, und wir dürfen einen Blick in diese kleine Wunderwelt für Waldorfkinder werfen.

    Die Gestaltung der Gebäude ist den Formen der Natur nachempfunden.
    Überall gibt es Bögen, Schwünge und außergewöhnliche Winkel. Auf Rechtwinkligkeit wird konsequent verzichtet, da die Natur – laut Steiner, dem Begründer der Waldorfschulen – auch keine rechten Winkel kenne.
    Für den Bau der Häuser werden ausschließlich Naturmaterialien wie Holz, Lehm oder Stein verwendet.
    In den Innenräumen dominieren Erdfarben, warm und einladend.
    Was für eine hübsche Schule!

    Im Café von Tessa genießen wir ein Lunch bestehend aus real German Sausages für Kai und Karola, einen Quinoa Salat vom Feinsten für Viktor und ich bekomme einen köstlichen Halloumi - Käse - Spieß vom Grill.... und das alles im tiefsten Afrika.
    Die Besitzerin des kleinen Restaurants und die Leiterin der Waldorfschule sind übrigens Schwestern, also beideTöchter von Petra.
    Welch tolle Begegnung, völlig unerwartet und ungeplant!
    Wir haben den Besuch und das Essen sehr genossen!
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