• Kentrout Camp und merkwürdige Bewohner

    March 12, 2023 in Kenya ⋅ ☁️ 21 °C

    Nach dem Besuch der Waldorfschule führt uns die Fahrt durch trockenes Farmland. Seit 3 Jahren leidet dieser Teil Kenias unter einer großen Dürre, was sich - wohin wir auch blicken - an der gebeutelten Pflanzenwelt erkennen lässt.
    Überall nur staubig trockene Erde - so weit das Auge reicht.
    Ab und zu ein Kadaver von einem Tier, das die Trockenheit nicht überlebt hat. Die Natur leidet offenkundig, und kein Ende ist in Sicht.

    Am Fuß von Mount Kenia finden wir am späten Nachmittag eine Bleibe für die Nacht und Viktor behält mit seinem Optimismus wieder einmal recht: Irgendetwas ergibt sich immer.
    Im Internet wird der Platz als " wunderschöner Campingground mit boomendem Forellenrestaurant " propagiert.
    Doch erwarten tut uns hier leider etwas ganz Anderes.

    Es gibt keine einzige Forelle mehr (und wenn man den Zustand der Teiche betrachtet, kommen auch nie mehr welche zurück).

    Das Kentrout Camp hat definitiv die besten Tage hinter sich, wegen Covid musste es vor 2 Jahren schließen.
    So wurde es noch 2019 im Internet angepriesen:
    Nice, quiet, shady, green and clean campsite with modern and clean ablutions - next to a stream with a well appointed and very comfortable restaurant serving the best and freshest trout meals I have ever eaten.
    Es ist eine regelrechte Tragödie, was Corona hier wie an so vielen Orten auf der Welt angerichtet hat.
    Nur ganz allmählich kommen vereinzelt die ersten Besucher zurück.
    Doch bisher ist Zustand des einst so tollen Platzes mehr als desolat.
    Wir werden von 3 schwarzen Bediensteten herzlich begrüßt. Sie sorgen für eine heiße Dusche, wieder einmal Modell suicide. Doch das kennen wir mittlerweile, und eigentlich sind wir inzwischen Schlimmeres gewöhnt.
    Die Angestellten versorgen uns mit Feuerholz, denn am Abend wird es richtig kühl. Schließlich befinden wir uns auf fast 2300 Metern Höhe.
    Ein wenig gruselig wird es dann später beim Lagerfeuer, als irgendwelche fürchterlichen, nicht identifizierbaren Schreie durch die dunkle Nacht gellen. Kai meint Frösche, aber Quatsch, das kann nicht sein. Der Grauen erregende Lärm kommt aus den Bäumen. Welche Frösche, bitteschön, hausen auf Bäumen?
    Es quakt, kreischt, knurrt und knarrt - kein Gruselfilm könnte mehr Angst einflößen. Ich fühle mich nicht mehr wohl am Lagerfeuer und befürchte ständig, dass sich irgendetwas aus der Dunkelheit auf uns stürzt.
    Gerade, als ich mich im Auto in Sicherheit bringen will, herrscht mit einem Schlag wieder Stille.
    So, als hätte es dieses animalische Geschrei nie gegeben.
    Morgen werden wir den Security Dienst fragen, welches schauerliche Szenario sich hier abgespielt hat.
    Bis dahin verbarrikadiere ich mich in unserem Camper.
    Gute Nacht,
    ihr lieben Freunde!

    In der Nacht träume ich von abartig krakelenden Monstern. Als sich eines durch unsere Dachluke quetschen und in unser Schlafzimmer eindringen will, hole ich aus und boxe mit aller Kraft gegen seinen fetten Bauch.
    Hey, was machst du denn? brüllt jemand von der anderen Seite des Bettes. Derjenige hält meinen Arm fest und es ist definitiv kein Monster! Oh, Gott, ich habe den armen schlafenden und nichts Böses ahnenden Viktor geschlagen, der jetzt hellwach ist und wahrscheinlich einen blauen Fleck davontragen wird. Oh, nein!

    Am nächsten Morgen klären uns die Wächter auf:
    Die Schreihälse sind Baumschliefer, pelzige Säugetiere von der Größe eines Hasen.
    Die Gliedmaßen sind kurz und kräftig, der Körperbau erinnert an ein Meerschweinchen.
    Manche Leute finden sie putzig, mir gefallen sie überhaupt nicht.

    Beim sehr genauen Hinschauen soll man hufähnliche Füße und zwei ständig nachwachsende Zähne im Oberkiefer, angeblich versteckte Stoßzähne, ausmachen können. Denn nach der Aussage eines Rangers sind diese, vor allem in Afrika lebenden Tiere, entfernte Verwandte der Elefanten!!!! Das kann ich wirklich kaum glauben. Meiner Meinung nach besteht zwischen den beiden Gattungen Null Ähnlichkeit! Was meint ihr?🤔

    Die Gesänge der Schliefer werden im Internet folgendermaßen beschrieben:

    Teils wohlklingend manchmal dissonant.
    Von laut über sehr laut bis zu extrem laut.
    So also steht es bei Google. Ich würde das, was wir letzte Nacht gehört haben, eher als Heulen, Schnauben, Piepsen oder Zwitschern bezeichnen .... kombiniert mit den verschiedensten Grunz-, Brumm-, Quiek-, Knurr-, Klack-, Schnaub- und Belllauten in variabler Lautstärke.
    Bei der Kommunikation der Klippschliefer unterscheidet man mindestens 21 verschiedene Laute. Ich finde das unglaublich!
    Die Männchen kombinieren diese in ihren Gesängen, so dass 10 bis 20 Sekunden lange Tonsequenzen entstehen.
    Doch kann meiner Meinung nach von Gesang keine Rede sein, eher von einem jammervollen Geheul, das sich mit raspelartigen Lauten, Hecheln, Schnaufen,
    Zähneknirschen, Niesen und kurzen Aufschreien abwechselt.
    Die Palette ist unglaublich vielfältig.

    Zum Ende wird eine Steigerung in jeder Hinsicht erreicht: die Töne werden lauter, länger anhaltend, penetranter und vermischen sich in nahezu unerträglicher Weise.
    Auch der Rhythmus nimmt besorgniserregend an Fahrt auf.
    Den Abschluss mit einem furiosen Crescendo bildet schließlich ein Finale,
    das ohrenbetäubend ist und sage und schreibe bis zu fünf Minuten anhalten kann.
    Wow!!!
    Es ist unvorstellbar, welche Energie ein einzelnes Individuum in dieses fürchterliche Geschrei investiert.
    Und genau darin liegt der
    Grund für diese musikalischen Darbietungen, bei denen sich Klippschliefer völlig verausgaben:
    Angeblich lassen sich die Weibchen von den komplexen Tonstrukturen enorm beeindrucken,
    mehr als von simplen.
    Das heißt: Die Anstrengungen werden belohnt:
    Wer besser singt, kriegt mehr Sex – bei Baumschliefern scheint das zu klappen.
    😉
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