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  • Day 38

    Abgespeckt durchs Sumpfland

    December 27, 2023 in New Zealand ⋅ ☁️ 24 °C

    Ihr Lieben, nach 3 Tagen Luxusleben in „unserem“ wunderschönen Bavaria Boutique Hotel geht’s zurück auf den Trail. Je länger wir nämlich noch rumlümmeln, umso schwieriger wird es, wieder reinzukommen. Wir haben übrigens abgespeckt! Nicht nur unsere Körper, sondern auch unsere Rucksäcke wiegen jetzt ein paar Kilo weniger. Ein paar warme Sachen schicken wir zu einem Trail Angel auf die Südinsel, denn dort kann es nachts sehr kalt werden. Trail Angel, sogenannte Wanderengel, sind liebe Menschen, die in der Nähe des Trails wohnen und sich freiwillig bereit erklären, Te Araroa Wanderern in irgendeiner Form zu helfen, sei es mit Unterkunft, Verpflegung, Dusche, Wäscheservice oder eben dem Aufbewahren von persönlichen Sachen. Wir sind sehr dankbar dafür, denn es erspart uns die Lagerkosten bei einem offiziellen Postamt. Im Hotel haben wir ganz viele Sachen aussortiert, die wir laut unserer Ansicht gar nicht mehr brauchen. Besonders Dannys Rucksack ist jetzt erheblich leichter. Dafür hat er nur noch eine einzige Hose (am Körper), und ich frage mich gerade, was er machen wird, wenn die mal gewaschen werden muss…🤔.

    Normalerweise müssten wir die nächsten Tage durch die ganzen Wohn- und Industriegebiete von Auckland laufen. Das wäre der offizielle Weg. Wir erlauben uns aber, diese Abschnitte zu überspringen, weil wir das als sehr öde und langweilig empfinden. Wir sehnen uns zurück in die Natur. Unser Ausgangspunkt ist die Stadt Mercer, 58 Kilometer südlich von Auckland. Bis dahin fahren wir zwei Mal mit dem Bus, einen dritten müssen wir auch noch schaffen. Doch den verpassen wir, weil es einen mega Stau in Auckland gibt. Wir trampen und erst sieht es aus, als hätten wir heute kein Glück. Aber dann hält Linda an, eine ältere Frau, und obwohl sie eigentlich einkaufen wollte, fährt sie uns mal eben 20 Kilometer nach Mercer. Dannys Ärger über den verpassten Zug ist im Nu vorbei. Ein Guiness Bier im naheliegenden Pub gibt‘s auch noch. Na jetzt aber los.

    Von Mercer geht die Etappe laut App „entspannte“ 8 Kilometer nach Meremere (sprich: „Merrimerri“). Doch es wird hügelig, sehr hügelig, am hügeligsten und geht steil nach oben - und schön rutschig auf lehmigem Boden wieder nach unten. Ich bin schon wieder voll am Keuchen. Ob das je aufhört? Ja, tut es. Auf steil folgt nass. Denn jetzt kommen wir in das Whangamarino Wetland, den zweitgrößten Moor- und Sumpfkomplex auf der Nordinsel. Mannshohes Schneidegras schneidet uns an den Waden, Armen und Beinen, während es unter unseren Füßen wieder gluckst und schlürft. Am Ende vom Sumpf kommen wir auf den Whangamarino Redoubt Track, ein wichtiger Schauplatz des Konflikts zwischen den Briten und Mãori während des Waikato-Krieges von 1863-64.

    Die letzten Kilometer laufen wir auf einem kleinen Weg parallel zur Autobahn. Und weil‘s am Ende immer spannend wird und es KEINE Brücke gibt, sprinten wir auf die andere Seite. Drüben angekommen, kämpfen wir uns mit unseren Wanderstöcken an einer zugewachsenen Böschung hoch und gelangen so heil und unversehrt auf die Straße, die zur Unterkunft führt. Was für unglaublich „entspannte“ 8 Kilometer 🤪.

    Wir übernachten heute Abend bei Worran, einem Künstler. Er kocht sehr leckeres indisches Essen für uns aus selbst angebauten Zutaten. Es schmeckt wirklich sehr köstlich. Ein kleiner Wermutstropfen: All unsere Versuche, mit ihm zu plaudern, laufen ins Leere. Selbst Danny kann kaum ein Wort aus ihm herausbringen. Vielleicht gibt es zu diesem Tag auch nichts weiter zu sagen, vielleicht ist Schweigen hier Gold.
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