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  • Day 50

    Auf Karl Mays Spuren

    January 8 in New Zealand ⋅ ☁️ 22 °C

    Ihr erinnert euch: Wir sind jetzt für 6 Tage unterwegs ohne Einkaufsmöglichkeiten. Wir haben eine große Sektion von 161 Kilometern vor uns bis wir wieder in zivilisierte Gebiete kommen und uns versorgen können. Unser nächstes Ziel, der Timber Trail, ist noch 55 Kilometer entfernt.

    Dafür, dass wir so viel vorhaben, bummeln wir ganz schön rum. Es ist schon kurz vor 10 Uhr und sehr heiß. Mit bis zum Rand gefüllten Rucksäcken ziehen wir endlich von Te Kuiti los in Richtung Zeltplatz. Am nächstgelegenen Supermarkt kaufen wir sicherheitshalber noch 2 weitere Packungen gefriergetrocknetes Essen. Wir wollen für alle Fälle gewappnet sein und vor allem nicht hungern.

    Der Weg lässt sich anfangs noch sehr entspannt laufen, es geht vorbei an Kalksteinfelsen, einer alten Zementfabrik und über eine Brücke. Ein bisschen fühlen wir uns wie in einer Kulisse aus „Der Schatz im Silbersee“ mit Winnetou und Old Shatterhand. Statt von Banditen werden wir aber zum Glück nur von meckernden Bergziegen beobachtet.

    Irgendwann hört dieser schöne Western mit Danny und mir in der Hauptrolle abrupt auf. Die Wege sind keine Wege mehr, und wenn doch, dann kaum noch als solche erkennbar. Sie werden schmal, noch schmaler und führen steil zum Mangaokewa River hinab. Durch Starkregen und Unwetter ist der Trampfelpfad an einigen Stellen sehr aufgeweicht und unterspült. Mehrfach rutscht einer von uns aus und hängt mit einem Bein schon im Fluss. Nach steil hinab folgt steil hinauf. Meine absolute Lieblings-Vorwärtsbewegung! Das Ganze wiederholt sich zig-tausend Mal und ich bin schon wieder am Drehzahlbegrenzer.

    Immer, wenn man denkt, es geht nicht mehr, wird‘s erst recht besonders schwer. Jetzt dürfen wir uns durch Dornen, Disteln und Brombeerbüsche schlagen. Ein Busch ist stacheliger als der andere und zerkratzt Arme, Schienbein und Waden. Meine Wut nimmt Fahrt auf.

    Als dieser Dornengang endlich vorbei ist, geht’s…wieder steil hinab zum Fluss! Ich werde unaufmerksam, trete auf einen nassen Stein, rutsche aus und falle auf mein Schienbein. Ich schreie kurz auf und schaue nach Danny. Aber er ist mal wieder außer Hör- und Sichtweite. Nur gut, dass ER den Notfallsensor bei sich trägt. Dann ist wenigstens einer von uns gerettet. So erhebe ich mich klagend und fluchend und humpele weiter.

    „Am Ende wird immer alles gut. Und wenn es nicht gut wird, dann ist es noch nicht das Ende.“ Es ist leider noch nicht gut. Die Etappe hat als ganz besonderes Highlight noch einen 45 Grad steilen Hügel für uns im Angebot, den wir zu guter Letzt erklimmen dürfen. Wer, bitte schön, denkt sich so einen Weg oder sagen wir, so eine Tortur aus?

    Es ist 18:30 Uhr als wir endlich bei einer abgelegenen Wiese ankommen, die ein netter Farmer mit einem Plumpsklo, einer Blechhütte (inklusive Picknick-Tisch!) und einem Wasseranschluss versehen hat. Das ist heute unser Zeltplatz. Außer uns ist nur Brian, ein Australier, da. Es ist ein ganz abgelegener ruhiger Ort, eingebettet in Hügel, auf dem Schafe grasen. Wir sind so erschöpft und haben gar keinen großen Hunger mehr. Aber der Appetit kommt beim Essen und so teilen wir mit Brian unseren letzten Muffin, tauschen uns über den Tag aus und kochen eine Packung gefriergetrocknetes Essen. Winnetou-Danny und das Halbblut Apanachi-Charlotte sind endlich angekommen.
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