• Timber Trail

    January 10, 2024 in New Zealand ⋅ ☀️ 21 °C

    Ich habe einen Traum: Ich möchte auf dem Te Araroa Trail einen richtigen Wanderweg laufen. Einen Weg, der gut ausgebaut ist, der Steigungen und Gefälle bietet, ohne, dass ich es großartig merke oder mein Körper Narben davonträgt.

    Herzlich willkommen auf dem Timber Trail, einem 84 Kilometer langem Radweg im Pureora Forest Park 🚴🏻‍♀️🥳.

    Es ist kaum zu glauben. Wir laufen tatsächlich einen richtig ausgebauten Weg ohne Schikanen und kommen dadurch sehr gut voran. Das ist fabelhaft, denn so bleibt genug Zeit für Fotos und einen kleinen Abstecher zum Caterpillar Crawler Traktor. Ursprünglich in den USA gefertigt, importierte man ihn 1942 nach Neuseeland für den Transport von Pfählen und Pfosten für Weidezäune. Diese Pfähle wurden tief im Wald aus Bäumen geschlagen und mit dem Traktor aus dem Dickicht gezerrt. Mit der zunehmenden Besiedlung Neuseelands durch Europäer wuchs die Nachfrage nach Holz und die Holzfäller setzten ihre Sägen an, wo sie nur konnten. Zum Glück stoppte man diese Aktionen 1978, so dass heute ein Großteil dieses Urwalds erhalten geblieben ist. „Timber“ heißt auf deutsch „Holz“, wir befinden uns also auf dem Holzweg.

    Während ich mich noch wie ein Honigkuchen-Pferd freue, dass keine Schikane auf mich wartet, befinde ich mich schon wieder auf dem Holzweg. Wir überqueren eine 115 Meter lange Schwingbrücke. Links und rechts geht’s tief nach unten. Mir stockt der Atem. Also kralle ich mich an Dannys Rucksack fest und bitte ihn, mir irgendwelche Fragen zu stellen, die mich von meiner Höhenangst ablenken. Je mehr wir Richtung Mitte laufen, desto mehr schwingt sie und desto schlechter wird mir. Danny hingegen feiert dieses Nervenkitzel. Als wir endlich drüben angekommen sind, gesteht er mir, dass er mit seinem Gewicht ein bisschen gespielt und die Brücke damit absichtlich mehr zum Schwingen gebracht hat. Und weil er sich - im Gegensatz zu mir - immer bestens über alle Etappen informiert, teilt er mir gleich noch etwas schadenfreudig mit, dass 8 weitere solche Brücken auf mich warten. Na toll! Ich versuche es sportlich zu sehen: Eine Möglichkeit, meine Höhenangst zu überwinden.

    Nach 26 Kilometern kommen wir an einem nicht ganz legalen Zeltplatz an, der eher ein Picknick-Platz ist. Ganz in der Nähe fließt ein eiskalter Fluss, wo wir unsere Wasserflaschen füllen. Und weil wir seit Tagen nicht geduscht haben und alleine sind, ziehen wir unsere Sachen aus und gehen - trotz der Eiseskälte - ins Wasser und waschen uns. Was für eine Wohltat! Wenn man stinkt, nimmt man jede Art von Körperpflege in Kauf, Hauptsache, der Dreck kommt runter. Ganz ohne Kollateral-Schäden geht der Abend leider nicht zu Ende. Auf dem Weg runter zum Fluss, stürze ich und falle auf mein Knie. Das gibt ne schöne Schotterflechte. Aber vielleicht auch ein schönes Andenken an einen wunderschönen Tag auf dem Te Araroa Trail in Neuseeland.
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