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  • Jour 3

    Valcarlos - Roncesvalles (~12km+x)

    17 mars 2022, Espagne ⋅ 🌧 4 °C

    Gestern Abend hat Patrick, der Engländer vom Essen gehen noch 2 Flaschen Cider mitgebracht, die er mit uns teilen wollte. Zu viert haben wir also noch beide Flaschen vernichtet, schließlich will er ja kein unnötiges Gepäck mitschleppen. Auch wenn die Gesprächsthemen deutlich machen, dass ich die Jüngste in der Runde bin, wird es noch ein lustiger Abend und wir genießen, dass wir die Herberge für uns haben. Trotzdem ist um halb 11 das Licht aus und alle schlafen mehr oder weniger ruhig.
    Patrick und Margret packen um kurz vor 7 bereits leise ihre Sachen, ich bleibe lieber noch eine halbe Stunde liegen. Da die Sonne eh erst kurz nach 7 aufgeht und ich nicht im Dunkeln an der Straße laufen will, lohnt es sich nicht, so früh aufzustehen. Trotzdem packe ich bald meine Sachen, bzw. trage alles leise in den Aufenthaltsraum, um Christian nicht zu wecken, der später erzählt, er sei erst um halb 9 aufgestanden.

    Kurz nach 8 verlasse ich die Unterkunft in voller Regenmontur, also Regenjacke und -hose, sowie Rucksackschutz, denn es ist nass. An der Straße laufen ist genauso nervig wie gestern und ich verstehe langsam, warum Leute im Sommer die andere, anstrengendere Route bevorzugen, die zumindest landschaftlich schöner ist. Der Regen nimmt zu, aber da es wärmer ist als gedacht, fange ich an zu schwitzen und nutze einen Felsvorsprung, um halbwegs trocken den Pullover unter der Jacke auszuziehen. Fühlt sich alles feucht an, habe ich schon so viel geschwitzt?

    Bald führt der Weg nicht mehr an der Straße, sondern an einem kleinen Fluss entlang (der im Laufe des Tages immer mehr zunehmen wird, ob er das regulär tut oder es dem Wetter geschuldet ist, bleibt unklar). Landschaftlich zwar schöner, aber da der Weg nur gerade so breit genug ist für meine Füße und der Untergrund bei dem Wetter eher rutschig, macht das Laufen heute nicht so Spaß. Fotografieren fällt auch größtenteils flach, mit nassen Fingern bedient sich das Handy schlecht. Obwohl es im Wald etwas kühler ist, werden meine Arme immer feuchter. Ist wohl nicht Schweiß, sondern der ungeeigneten "Regen"jacke zu verdanken, die wohl bei kleineren Schauern, aber nicht bei Dauerregen ausreicht. Die Stelle am Fuß von gestern entwickelt sich weiter zu einer richtigen Blase, vermutlich weil meine Einlagen beim Bergablaufen verrutschen, oder weil das nächste Stück an der Straße leicht seitlich abschüssig verläuft. Über den Grund nachzudenken hilft aber auch nicht, da muss ich erst mal durch. Pause machen fällt bei dem Wetter flach und im Nassen die Schuhe ausziehen würde das Problem nur verschlimmern.

    Erneut an der Straße entlang bekomme ich Rolf Zuckowski als Ohrwurm, der mich in Dauerschleife daran erinnert, dass ich bei Verkehr besser helle Sachen anziehen soll. Leider kann ich nur den Refrain auswendig und bei "Gelb leuchtet hell, Rot sieht man schnell, Grau oder Braun, Das sieht man kaum" kommt blau wie meine Jacke gar nicht vor. So nass wie die inzwischen ist, ist sie bestimmt eh nicht zu sehen und so warte ich vorsichtig vor jeder Kurve, ob ich ein Auto kommen höre. Zum Glück ist nicht so viel los und ich sehe nur alle paar Km mal ein Auto, bei dem ich mich jedes Mal ganz nah an die Leitplanke presse. Langsam bin ich wirklich durchweicht, die Schuhe halten zwar noch dicht, aber obenrum ist alles nass und je höher ich komme, desto kühler wird es. Auch auf dem nächsten Waldstück bietet sich keine Möglichkeit zum Unterstellen, sodass ich einfach unter einem Baum schnell den Pullover wieder unter die Jacke ziehe, um nicht ganz auszukühlen. Einfach weiterlaufen ist das Einzige, was mir übrig bleibt. Nach 3 Stunden überholt mich Christian, obwohl er viel später als ich gestartet ist. Nach 4 Stunden sind sogar meine Haare trotz Kapuze nass und der Ibañeta-Pass immer noch nicht in Sicht. Dafür sehe ich von weitem Patrick und Margret die langsam die Straße entlang laufen. Warum biegen sie nicht in den Waldweg ab, der ausgeschildert ist? Naja, nicht mein Problem, ich laufe sicher nicht freiwillig länger als nötig auf dieser Straße, zumal das ein Umweg von mindestens einem Kilometer ist. Dachte ich. Nachdem ich auf dem Waldweg bereits über 2 umgefallene Bäume geklettert bin, muss ich am dritten leider aufgeben, da komme ich mit Rucksack sicher nicht vorbei, und inzwischen ist auch mein Fuß feucht, weil ich in eine Pfütze getreten bin. Also zurück zur Straße und weiter in Serpentinen den Berg rauf, vorher nochmal schnell den durchweichten Pullover gegen den extra warmen Fleecepullover tauschen und die nasse Jacke wieder drüber, die kann ich inzwischen auswringen. Pausen an der Straße sind nicht möglich, einfach nur noch vorwärts.
    Es wird neblig, ich kann vielleicht noch 50m weit schauen, ich wäre besser gleich den anderen beiden gefolgt. Ich beschließe, die Stirnlampe aufzusetzen und auf höchster Stufe nach vorne zu leuchten, vielleicht sehen mich die Autos so früher. Gedanken an Ronja Räubertochter kommen auf, so habe ich mir den Wald mit den Wilddruden vorgestellt. Nur ohne Schnellstraße. Zum Glück bin ich nach 15 Minuten aus dem Nebelfeld wieder raus und bin nur einem Auto begegnet.

    Endlich erreiche ich den Ibañetapass und treffe dort Patrick und Margret. Die beiden beschließen, weiter der Straße zu folgen, ich mache erst mal Pause. Von der angekündigten Aussicht ist nichts zu sehen, der Weg über die Pyrenäen bleibt eine anstrengende Enttäuschung. Die Kapelle ist leider auch geschlossen und auch wenn der Regen inzwischen etwas nachlässt, bin ich durchweicht und durchgefroren und laufe möglichst schnell weiter. Es geht jetzt bergab und ich folge wieder dem offiziellen Weg, auch wenn er matschig, nass und rutschig ist. Zum Glück habe ich meine Stöcke, für die ich heute schon mehrfach wirklich dankbar war. Auf dem Weg nach unten überholt mich Rob, der gestern mit uns im Bus war und heute in SJPDP gestartet ist. Entweder bin ich sehr langsam oder er sehr schnell. Ich traue mich nicht zu fragen, wie früh er gestartet ist und er läuft vor mir her.

    Endlich erreichen wir Roncesvalles und sind um Viertel vor 2 anscheinend die ersten an der Unterkunft. Wir dürfen schon bezahlen, müssen aber noch warten, bis sie um 2 Uhr offiziell öffnen. Wenigstens stehen wir im Trockenen und können den andere Pilgern beim Ankommen zuschauen. Es kommen ganz schön viele und im Laufe des Nachmittags füllt es sich, ich habe nicht erwartet, dass um diese Jahreszeit bereits so ein Betrieb ist. Um zwei zeigt uns schließlich einer der niederländischen Hospitalieros, die hier ehrenamtlich arbeiten, den Weg zu den Betten und noch besser: zu den heißen Duschen. Aus allen Kabinen ertönt wohliges Stöhnen und jeder duscht ausgiebig. Nachdem ich für meine Wäsche Platz zum Trocknen gefunden habe, kaufe ich am Empfang direkt noch einen neuen, großen Regenponcho. Bestimmt bleibt es ab jetzt trocken.
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