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  • Day 13

    Santo Domingo - Belorado (~23km)

    March 27, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 10 °C

    Die Nacht war unruhig. Mit 15 Leuten im Schlafsaal und Betten in Reihen, bei denen ich eines in der Raummitte hatte, schlafe ich sehr unruhig. Außerdem schnarcht die Französin neben mir so laut, dass selbst meine Ohrstöpsel nicht helfen und die fehlende Stunde durch die Zeitumstellung tut ihr übriges. Trotzdem scheinen es einige Leute geschafft zu haben, so leise einzupacken, dass ich nicht wach wurde, denn als ich um kurz vor 7 aufstehe, sind bereits einige Betten leer.
    Ich bemühe mich, möglichst leise zu sein und nehme alle Sachen mit in den Aufenthaltsraum, um sie dort einzupacken. Das tut außer mir auch ein Mädchen aus England und eine französische Frau und wir rollen gemeinsam mit den Augen, als wir sehen und hören, wie ein spanisches Paar laut im Schlafsaal eingepackt und dabei mit dem Handy durch den ganzen Raum leuchtet. Es stellt sich heraus, dass die beiden zwei riesige Reisetaschen packen und ihr Gepäck vorausschicken lassen. Das finde ich zwar grundsätzlich einen tollen Service und ich habe genug Leute getroffen, die es wenigstens für ein paar Etappen auch wirklich nötig hatten, aber für solche rücksichtslosen Leute, die sich mit dem Packen dann ja nicht mal beeilen müssten, habe ich einfach überhaupt kein Verständnis.

    Gegen halb Acht mache ich mich müde auf den Weg, dank der Zeitumstellung noch im Dunkeln. Leider ist es zu bewölkt, um Sterne zu sehen. Die Wolken halten sich bis zum Nachmittag und es bleibt frisch. Heute geht es durch sehr hügeliges Gebiet und viele kleine Orte. Nach jedem Anstieg kann man mindestens den Kirchturm des nächsten Ortes bereits sehen, nur damit er nach dem nächsten Abstieg wieder verschwindet. Das nächste Zwischenziel dauernd vor Augen führt dazu, dass ich schneller laufe, als für meine Füße gut wäre und ich spüre sie recht schnell wieder.

    Ich treffe nur Leute, die ich noch nicht kenne und als mir in meiner Mittagspause ein älterer Engländer auch noch erklären will, dass ich meine Stöcke falsch benutze, bin ich endgültig genervt. Weder will ich dauernd als "young lady" angesprochen werden, noch mag ich seinen belehrenden Tonfall und außerdem sehe ich heute sicher nicht aus, als ob ich an Gesprächen jeglicher Art interessiert wäre. Ich höre mir an, was er zu sagen hat und lasse ihn wissen, dass mir bewusst ist, wie man die Teile richtig nutzt, dass ich sie zur Zeit aber hauptsächlich brauche, um meine Ferse zu stabilisieren. Er sollte mich mal nachmittags sehen, wenn ich einfach nur noch beide Stöcke vor mich platziere, um mich Schritt für Schritt an ihnen vorwärts zu ziehen.

    Schlecht gelaunt bleibe ich ein wenig länger Sitzen, um ihn weit genug vor mir zu haben. Eine kleine Katze kommt laut maunzend angelaufen und schleicht bettelnd um mich herum, verschwindet jedoch schnell wieder, als auch ein spanischer Pilger auf der benachbarten Bank Pause macht. Nicht so der Kater, der einige Minuten später auftaucht. Mit großer Selbstverständlichkeit schnuppert er an unser beider Rucksäcken und springt auf den Tisch zwischen uns, als er sieht, dass wir beide etwas zu essen ausgepackt haben. Die Gummibärchen des Spaniers sind nicht nach seinem Geschmack, aber schneller als ich gucken kann, steckt er seine Nase in meine Schokolade. Die ist zum Glück noch eingepackt und ich stecke sie wieder in den Rucksack, biete dem Kater jedoch ein paar meiner Erdnüsse an, die er direkt frisst. Ich versuche ihn vom Tisch zu verscheuchen, wer weiß, was er an Flöhen hat und ich bin mir sicher, dass er in den umliegenden Feldern genug Mäuse fangen kann. Einen Ort vorher habe ich sogar ein paar Fische in einem flachen Becken gesehen.
    Kaum ist der Spanier jedoch weitergegangen, kehrt der Kater zurück und macht es sich auf meinem Schoß bequem, ohne auf meinen Protest zu achten. Von Nahen sieht er zumindest gepflegt und sicherlich nicht abgemagert aus, er stammt also wohl von einem der Bauernhöfe hier im Ort oder er ist sehr gut darin, Pilger anzubetteln. Ich streichele ihn zumindest eine Weile, dann muss ich aber wirklich weiter, trotz lautem Protest seinerseits.

    Um drei erreiche ich Belorado und da mir die öffentliche Herberge von außen nicht gefällt, entscheide ich mich für eine am Ortsende, die auf dem Weg mehrere Plakate aufgehängt hatte, um Werbung zu machen, dass sie bereits offen sind. Das Restaurant im gleichen Gebäude ist leider noch geschlossen und auch der Pool im Garten ist bei dem Wetter noch nicht offen, im Sommer aber sicher ein toller Platz. Ich bin die erste Pilgerin dort, aber zwei vorgesendete Rucksäcke machen klar, dass mindestens noch zwei Leute kommen werden. Der Raum ist ziemlich kalt, obwohl die Heizung läuft und so laufe ich noch ein wenig durch die Stadt.

    Als ich zurückkomme, ist außer mir noch ein Spanier mit noch schlimmeren Blasen als ich angekommen, sowie die Besitzer der beiden Rucksäcke. Es sind Diego und Kathrina, die ich aus der Herberge in Viana kenne. Diego hat Probleme mit der Achillessehne, definitiv ein legitimer Grund, das Gepäck vorauszuschicken. Er berichtet, dass auch das deutsche Paar hier im Ort sei. Ich hoffe, er vertut sich und meint die Franzosen, denn die Deutschen wähnte ich eigentlich weit hinter mir, da sie kürzere Etappen machen wollten.
    Ich schaue nochmal, welche Möglichkeiten ich morgen habe, gehe dann aber früh ins Bett, die letzte Nacht war einfach zu kurz.
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