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  • Day 3

    Medellin 2 & NYE

    December 31, 2022 in Colombia ⋅ ⛅ 23 °C

    Tag 2 in Medellin, fühlt sich jetzt schon an wie eine Woche - aber wir haben auch echt viel gesehen gestern, olà die Waldfee!

    Wir haben uns für heute eine Walking Tour durch die Communa 13 gebucht, ehemals DAS Drogen- und Kriminalviertel Kolumbiens, heute das Viertel für Künstler:innen und Hip Hop Kultur.
    Wir haben vorab einiges über „Profit mit Pablo“ gelesen und dass es von vielen Kolumbianer:innen als sehr kritisch angesehen wird, aus dieser traumatischen Zeit Profit zu schlagen. Escobar wird zT romantisiert, aber die Hauptmerkmale seiner Herrschaft waren vor allem Gewalt und Mord (in den 80ern hatte Medellin eine Mordrate von 315 auf 100.000 Einwohner:innen und damit die höchste weltweit). Viele hier lebende Personen haben damals Familienmitglieder und Freude verloren und ich kann das verstehen und respektieren, dass man keine ‚Escobar Tour‘ buchen sollte - wir veranstalten bei uns ja auch keine ‚Hitler-Touren‘.
    Wir haben uns deswegen für eine ‚Graffiti-Tour‘ mit geschichtlichem Hintergrund entschieden (Veranstalter: Paisa Road). Unser Guide hat uns anhand von den vielen großen und bedeutungsschweren Kunstwerken an Hauswänden durch die Geschichte der Communa 13 geführt - ich kann das leider nur sehr schwer kurz runterbrechen, Wikipedia gibt hier auch einen ganz guten Einblick, für diejenigen, die das genauer interessiert. Aber es ist eine beeindruckende Entwicklung mit vielen traurigen gewaltsamen Höhepunkten und noch vor 20 Jahren hätten wir niemals nach Kolumbien reisen können.
    Am liebsten wäre ich noch Stunden durch das Viertel gestromert (bzw geklettert, es war mal wieder alles sehr steil), aber ohne unseren Guide hätten wir vermutlich aus dem Gassengewirr nicht mehr zurück zur U-Bahn gefunden 😅
    Wir haben uns auf dem Rückweg noch was gekauft, was ein hipper lokaler Drink sein soll: Passionsfrucht in einem Becher mit Salzrand, aufgefüllt mit Bier. Ich mach’s kurz: war eklig, manche Dinge sollte man nicht mischen.

    Während der Rest der Gruppe zurück nach El Pablado gefahren ist, sind wir beim „Estadio“ ausgestiegen. Benedikt wollte sich gerne das Stadion anschauen. Fußball ist hier wie überall in Südamerika DER Sport und er war etwas traurig, dass wir durch Weihnachten genau in der Spielpause in Medellin sind - die Heimspiele sollen krass sein. Apropos Weihnachten: das wird hier übrigens nicht nur gefeiert, das wird zelebriert! Manche Hausfassaden kann man vor lauter Beleuchtung und Rentieren gar nicht mehr sehen, was besonders bei den heruntergekommen ärmlicheren Häusern ein schöner Kontrast ist. Die ganze Vorweihnachtszeit, häufig auch noch der Januar ist Festivo Zeit - gefühlt arbeitet hier niemand, Geschäfte haben zu und die Leute tun das, was sie hier, nach Aussage einer Kolumbianerin, die wir getroffen haben, am besten könnten: Party!

    Das Stadion liegt am Rande des Viertel „Laureles“, was zwar nicht im Reiseführer auftaucht aber mir von vielen Personen, die hier gelebt haben, empfohlen wurde. Es soll ähnlich hip wie El Pablado sein, aber ohne Touristen und viel authentischer. Es war tatsächlich ganz cool, viele kleine Straßen mit Restaurants und Bars. Wir hatten mittlerweile richtig Hunger und die Mission, endlich mal richtig authentisch kolumbianisch zu essen - bis auf eine Empanada con Patatas haben wir das noch nicht geschafft. Bei der bevölkertensten Location haben wir uns dann einen Tisch ergattert und haben uns voll integriert gefühlt. Der Kellner konnte sogar ein bisschen englisch und wir haben ihn gefragt, was sie vegetarisches haben. Er war sehr nett und hat uns mit den Worten „this is the wrong place for you“ empfohlen wieder zu gehen. Er hat uns noch einen Tipp für ein anderes Restaurant gegeben, dass „better for you“ sei. Wir sind also wieder unverrichteter Dinge abgezogen und bei dem Lokal eingekehrt, das er uns beschrieben hat. Hier war es sehr ‚gesund‘. Für alle die SATC gesehen haben: das Menü entsprach ungefähr dem von Samantha im RAW, nur dass weder Benedikt noch ich einen der Kellner abgeschleppt haben. Beim trinken meines Gurkensafts hab ich mich das erste mal gefragt, ob wir in den nächsten drei Monaten so viel Spaß mit der südamerikanischen Küche haben werden. 🫣

    Obwohl es erst 3 Uhr war, taten uns nach dem Essen so die Füße weh und wir hatten auch schon wieder das Gefühl, so viel gesehen zu haben, dass wir beschlossen haben, ins Hotel zu fahren, um uns vor der Silvester Nacht nochmal auszuruhen. Mit dem Jetlag würden wir ja sonst auch niemals bis Mitternacht durchhalten.

    Um 8 haben wir uns wieder ins Getümmel geworfen und das erste mal El Poblado auch bei Dunkelheit erlebt. Sowohl (wohlhabende) Kolumbianer:innen als auch Touris bevölkerten nun die Straßen. Wir haben uns nach einem kurzen Aperitif auf einer der belebtesten Straßen einen kleinen Tisch bei einem Spanier ergattert und Sangria und Paella bestellt. Letztere kam erst nach 1,5 Stunden, sodass wir viel Zeit hatten, die Leute zu beobachten (das mausert sich zu unserem Nummer 1 Hobby hier). Es ist wirklich sehr unterschiedlich, wie vor allem die KolumbianerINNEN ausgehen: Es wird viel Haut gezeigt, alle sind stark geschminkt und tragen ausschließlich hohe Schuhe - irgendwie cool, aber (vielleicht aus meiner arrogant-europäischen Sicht) auch etwas befremdlich. Für mich wirken Frauen hier stark sexualisiert, jede Dritte hat operierte Brüste. Wenn frei gewählt find ich’s ziemlich stark, ich vermute nur, dass hier eher eine Erwartungshaltung hintersteckt. Ich war auf jeden Fall ganz froh dass bei den fallenden nächtlichen Temperaturen einen Pullover und Turnschuhe tragen konnte.

    Wir wollten das Feuerwerk ganz gerne von einem der unzähligen Rooftop Bars hier gucken (die von unserem Hotel hatte leider schon zu). Überraschenderweise waren wir nicht die einzigen, die um 23 Uhr diese Idee hatten und so fanden wir uns wenig später in einer Schlange vor dem bekanntesten Party Hostel der Stadt wieder. Wir haben fast nicht mehr damit gerechnet aber um 23.50 Uhr waren wir drin und oben. Gefühlt die halbe Stadt war hier und hat gefeiert. Ich hatte den ganzen Tag und auch an diesem Punkt immer noch gar kein Silvester Gefühl, vielleicht lags am Wetter, vielleicht daran, dass ich so viel anderes verarbeiten musste. Nach Countdown und kurzem Feuerwerk gucken haben wir uns deswegen einen Gin Tonic geholt und noch ein bisschen gedanced, bis die Bar kurz darauf auch zugemacht hat. Um kurz nach 1 waren wir im Bett, was auch ganz gut war, weil wir für morgen eine ganztägige Tour ins Umland gebucht haben, der Wecker klingelt um 7. Gute Nacht - 2023 kann kommen! 🤩
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