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  • Day 15

    Tag 13: Von Wittenberge nach Tangermünde

    April 22, 2022 in Germany ⋅ ⛅ 13 °C

    10 Stunden Schlaf!! Während ich so langsam wach werde, gehen mir die letzten Tage durch den Kopf. Nun bin ich schon rund 700 km durch vier unserer Bundesländer (Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Brandenburg) gefahren, ohne dass ich es richtig mitbekommen habe. Auf der anderen Seite der Elbe, so wird mir klar, ist bereits Sachsen-Anhalt und damit habe ich die Elbe als ehemals innerdeutsche Grenzregion endgültig verlassen. Und damit auch ein sehr trauriges Stück deutscher Geschichte. Wie viele Menschen ihr Leben - bei dem Versuch aus der DDR durch die Elbe zu fliehen - ließen, ist nicht bekannt. Laut neuester Forschungen gab es zwischen 1949 und 1989 an der einstigen deutsch-deutschen Grenze 327 Fluchtopfer (ohne die Mauer-Opfer und ohne die Fluchtversuche über die Ostsee). Grausam.
    Beim Frühstück lerne ich zwei Rennradfahrer kennen. Sie seien gestern in Hamburg gestartet. "150 km auf der Uhr, ein 28er Schnitt" erzählen sie stolz, was sie auch sei können. Aber im stillen denke ich, ob die beiden wohl die zauberhafte Landschaft in ihrer Besonderheit aufnehmen und genießen können....
    So verlasse ich in meinem Tempo die mittelalterliche Stadt Wittenberge, die immer noch in einem ruhigen Schlaf zu sein scheint.
    Bei Sonnenschein wirken die Elbtalauen ganz anders als gestern. Das Licht spiegelt sich in den vielen kleineren und größeren Gewässern neben der Elbe. Kopfweiden prägen das Bild, vielen sind in der Mitte zerbrochen. Bis zur Wende waren sie in der Region wohl noch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, so wurden die Zweige für Körbe, Wäschebehälter, "Stubenwagen" etc. benötigt. Da die Bäume heutzutage nicht mehr regelmäßig beschnitten werden, verwildern und zerbrechen sie. Und was für ein Gewinn! Sie sind nunmehr Lebensraum für viele seltene Vögel und Pflanzen geworden.
    Immer wieder halte ich ein und höre der Vogelwelt zu. Leider bin ich weder beim Erkennen von Vogelstimmen noch von Vögeln eine Heldin, aber ich genieße es trotzdem sehr. Es soll hier neben Schwarzstörchen u.a. auch die Eule, den Wiedehopf, Kraniche und Adler geben. Auch bemerke ich nun Pflanzen, die ich noch nie gesehen habe. Wie schön wäre es doch, wenn ich wenigstens ein bisschen mehr Ahnung davon hätte.
    Kurz nach der Mündung der Havel in die Elbe erreiche ich die über 1000jährige Stadt Havelberg. Von hier soll Otto I. in der Mitte des 10. Jahrhunderts die Christianisierung der Gebiete östlich der Elbe begonnen haben. Im Laufe der Zeit wurde aber etwas anderes wichtig. Die Stadt war insbesondere durch seinen Heirats- und Pferdemarkt, den es immer noch gibt, weit über die Region hinaus bekannt. Bis heute sollen die Tiere per Handschlag den Besitzer wechseln - bei den Frauen weiß ich es nicht so genau....
    Und was hier echt lecker schmeckt ist die Erbsensuppe aus der Gulaschkanone.
    Und noch ein wichtiges geschichtliches Ereignis zeugt von der ehemaligen Bedeutung der Stadt. 1716 trafen sich dort die Monarchen und strebten eine Wende des 30jährigen Krieges an (da stimmt doch zeitlich was nicht... 1618 - 1648 hab ich irgendwann mal gelernt.., egal). Ihre gegenseitigen Abschiedsgeschenke gingen in die europäische Geschichte ein: Zar Peter der Große beglückte Friedrich Wilhelm I. mit 248 "Langen Kerls", der preußische Soldatenkönig vermachte dem Zar das berühmte Bernsteinzimmer.
    Kurze Zeit später wechsel ich mal wieder die Elbseite. Mit herrlichem Rückenwind gehts an wunderbar blühenden Hecken und Büschen durch den kleinen Ort Arneburg mit seinen schönen Brunnen nach Tangermünde.
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