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  • Day 44

    Tag 42: Von Köln nach Bad Honnef

    May 21, 2022 in Germany ⋅ ☁️ 17 °C

    "Hexen! Hexen, die dort am Rheinstrand einen magischen Kreis bauen"...so dürfte heute vormittag so manch ein Spaziergänger auf der Kölner Rheinpromenade gedacht haben. Und ich mittendrin. Magisch angezogen von der Kölner Kunsttherapeutin, Federkreis- und Objektkünstlerin Susanne Müller-Geiger.
    Kaum bin ich bei Teresa und Marius gestartet, fällt es mir ein. Das gemeinsame Foto! Gekocht, gelacht, erzählt, eine richtig schöne Zeit miteinander verbracht...aber an ein Foto denkt keiner von uns. Sehr schade.
    Aber von dem so schönen Sandstrand mit dem in der vergangenen Sturmnacht angetriebenen Strandgut will ich dann doch ein Foto machen. Fahrrad abgestellt, Schuhe aus und ein Gefühl von Urlaub am Meer stellt sich ein. Der warme feinkörnige Sand, das leicht kühle Wasser, die klare Luft - alles nur wenige Kilometer von der Kölner Innenstadt entfernt, ich genieße ...und bemerke einige Frauen, die anders sind, die ihre ganze Aufmerksamkeit einer äußerst interessanten Frau schenken. Neugierig nähere ich mich der Gruppe und werde spontan eingeladen.
    So bin ich plötzlich die Fünfte im Bunde beim Mandala-Workshop am Rheinstrand. Vorgaben gibt es nicht, wir sollen einfach uns und unsere Kreativität einbringen. Steine, Federn, Muscheln, Gräser...alles darf verwandt werden und langsam, langsam entsteht unter sanfter Anleitung von Susanne ein kleines Kunstwerk. Wir suchen, schleppen heran, diskutieren, gestalten und fast nebenbei sind wir nicht mehr die Fremden, die sich kaum oder gar nicht kannten. Fast freundschaflich trennen sich nach über zwei Stunden unsere Wege. Ein ganz besonderes Erlebnis mit ganz besonderen Frauen, die völlig unkonventionell ihre Ideen und Vorstellungen leben. Mutig und stark sind sie!
    Noch ganz eingenommen von der besonderen Atmosphäre meiner Begegnung radel ich dahin und gerate fast in eine Art Trance. Die rhythmische Bewegung der Beine, das immer gleich bleibende Tempo, kein störender Wind, der ruhig dahinfließende Rhein, die sanft dahingleitenden Schiffe, die immer wieder hinter den Wolken hervorkommende Sonne....mit geht's einfach verdammt gut.
    Das Gefühl lass ich mir auch nicht von unserer völlig menschenüberfüllten ehemaligen Bundeshauptstadt nehmen. Einmal kurz auf den Bonner Marktplatz geblickt und ich mache kehrt. Das kann ich heute nicht, mag es kulturell auch sonstwie interessant sein.
    Da genieße ich doch lieber den Blick auf die andere Rheinseite, auf den Petersberg mit dem ehemaligen Gästehaus der Bundesregierung und den Drachenfels!
    Schnell mit der Fähre übersetzen und ich stehe in Königswinter vor der ältesten in Betrieb befindlichen Zahnradbahn Deutschlands. Abenteuerlich ruckelnd und ein wenig antik miefend geht's dann an den Ort, wo Siegfried den Drachen erschlagen und in seinem Blut gebadet haben soll. Ob ich fast auf den Schwanz eines Nachkommen dieses Ungeheuers trete, kann ich nicht sagen, aber als Fotomotiv stellt sich mir die Echse zumindest dankbar zur Verfügung.
    Was ist das für ein phantastischer Blick über das Rheintal, der sich von dem Felsen bietet. Kilometerweite Sicht über das Siebengebirge, die Eifel, sogar der Kölner Dom ist in der Ferne noch erkennbar.... ein Ort zum Innehalten und Genießen (trotz der vielen Menschen, es verläuft sich hier irgendwie). Man kann so sehr nachvollziehen, dass sich Maler, Dichter, Denker von diesem besonderen Ort immer wieder angezogen fühlten und ihn über die Jahrhunderte in Bildern, Gedichten und Geschichten festhielten.
    Weiter geht's und ...der Radweg ist gesperrt. Kein Problem, denk ich mir, man darf ja auf dem Fußweg weiterfahren, zumindest sagt dies ein großes Schild. Mein Tempo, alles gut, und plötzlich von links ein Gefährt, was direkt vor mir an mir vorbeischießt. Beide sind wir erschrocken, der rasende E-Rollstuhlfahrer entschuldigt sich und eigentlich ist alles schon erledigt, als sich seine Frau als schreiende, wütende, Schrecken verbreitende Furie auf mich stürzt. Mit beiden Händen hält sie meine Arme fest und beschimpft mich als "hirnlose blöde Kuh". Ich hätte auf dem Fußgängerweg nichts zu suchen. Mein vorsichtiger Hinweis, dass der Radweg gesperrt sei, verhallt in ihrer Schimpftirade. So bleibt mir nur, die "Dame" abzuschütteln und schnell das Weite zu suchen. Ihr armer Mann!
    Hexen, Drachen, Furien... ein bewegter Tag, der seinen würdigen Ausklang im Unkeler Biergarten direkt am Rhein findet.
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