• Wanderung 🥾🥾🚶🚶‍♀️

    November 19 in Sweden ⋅ ☁️ -5 °C

    Die Nacht, in der der Nebel den Winter brachte

    Es heißt, der Fichtenwald am Lillsjön habe zwei Gesichter: eines für den Tag – dunkel, duftend, still – und eines für jene Nächte, in denen der Himmel neblig wird und die Welt ihren Atem verliert.

    In genau so einer Nacht, am 19. November, geschah es.

    Der Frost hatte die Erde auf minus fünf Grad abgekühlt, doch kein Schnee fiel. Stattdessen schwebte ein dichter Nebel über dem Wald, so weiß und lautlos, dass man kaum sagen konnte, wo Himmel endete und wo die Fichtenspitzen begannen. Die Bäume standen darin wie uralte Wächter, deren Umrisse sich im Dunst auflösten, als wären sie nur Schatten einer älteren Welt.

    Man erzählt, dass in solchen Nächten die Fichten ihre Stimmen ändern.
    Sie sprechen nicht mehr im Rauschen, sondern in einem tiefen, kaum hörbaren Summen – einem Klang, der sich durch die Nebelschwaden webt wie ein unsichtbarer Faden.

    Dieser Faden wanderte in jener Nacht vom Wald hinunter zum See.

    Der Lillsjön lag schwarz und ruhig da, verborgen im Nebel, der wie ein Schleier über ihm hing. Doch als das Summen der Fichten sein Ufer erreichte, begann etwas unter der Oberfläche zu geschehen: Das Wasser wurde stiller als still, als würde es lauschen. Und dann – fast lautlos – bildete sich ein feiner Schimmer, ein hauchdünner Film. Eis. Zuerst kaum sichtbar, dann glänzend und glatt wie poliertes Mondlicht.

    Der Nebel senkte sich weiter herab, bis Wald und See eins wurden – zwei Welten, die ihre Grenzen verloren hatten.

    Als der Morgen dämmerte, sah man kein Tier, kein Zeichen von Bewegung. Nur den gefrorenen See, den schlafenden Wald und darüber den bleigrauen Nebel, der langsam, sehr langsam, zurückwich, als hätte er gerade ein Geheimnis hinterlassen.

    Seit jener Nacht sagt man:
    Wenn der Lillsjön gefriert, während der Himmel im Nebel schweigt, dann ist es nicht die Kälte allein – sondern der Wald, der den Winter herbeisingt.
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