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  • Day 314

    El Cuyo: Kitesurfen & Kanada

    February 4, 2023 in Mexico

    Auf der Google-Suche nach schönen Kitespots bin ich auf den kleinen abgelegenen Ort El Cuyo gestoßen. Um Dominiks Geburtstagsgeschenk in die Tat umzusetzen, machten wir uns auf den Weg dorthin. Wir hatten eine süße Unterkunft gebucht - ein Hof mit 8 kleinen Hütten und einer gemeinsamen Küche. Nach dem Einchecken schlenderten wir über den Strand zur Kiteschule.
    Luis schien nicht wirklich zu wissen wer wir waren, geschweige denn welchen Kurs wir gebucht hatten - etwas chaotisch, aber am Ende klappt's irgendwie immer. Wir kennen es mittlerweile. 😋😂
    Memo sollte unser Lehrer für die nächsten vier Tage sein. Er sprach leider nur kleine Brocken Englisch und strengte sich auch nicht wirklich an. Da ich mit Luis die ganze Zeit auf Englisch geschrieben hatte, war ich davon ausgegangen, wir würden einen englischsprachigen Trainer bekommen, da sie ja wussten, dass wir kein Spanisch sprechen. Ich hätte nochmal explizit nachfragen sollen ... Naja, irgendwie bekamen wir es hin. Spätestens als es am zweiten Tag ins Wasser ging, war man sowieso nicht mehr in Rufnähe von Memo.
    Die erste Trainingseinheit starteten wir mit Theorie (5 Minuten Windrichtungen erklären, dann war das Kapitel Theorie abgehackt) und Kiteaufbauen. Danach erklärte uns Memo die Kitecontrol. Man stellt sich eine Uhr von 9 bis 3 vor. Direkt über dem Kopf befindet sich die 12, die Position, in der der Kite still in der Luft steht und einen nicht zieht, die Startposition. Wir navigierten den gesamten Nachmittag, übten das Stillstehen auf 3 und 9 Uhr zur Landung, den Start und Steuerung mit nur einer Hand. Unser Kite war mit 5 Metern ziemlich klein und der Wind sehr schwach, weshalb er manchmal einfach runterfiel und wir Anfänger ihn ohne Memos Hilfe nicht wieder starten konnten. Gar nicht so einfach das Ganze.

    Den Abend verbrachten wir in einem super schönen Restaurant, die Pizza und Pasta verkauften. Es kommt definitiv auf meine Favoritenliste. Ich speichere fast alle Orte bei Google Maps, seien es Restaurants, Städte oder Orte wie die Kiteschule. Einige wenige kommen nicht auf meine Liste "Erlebt Weltreise", sondern auf die Liste "Favoriten" mit Herz. ❤️
    Es war kein Tisch frei, also warteten wir auf einer Bank am Lagerfeuer. Die nette Kellnerin erzählte uns, diese Bänke wurden in Yucatan, das Bundesland in dem wir waren, erfunden. Die Überlieferung besagt, dass ein reicher Vater nicht wollte, dass seine Tochter direkt neben ihrem Freund auf der Bank sitzt. Also entwarf er eine, in dem man sich gegenübersitzt und maximal Händchenhalten möglich ist. Diese süßen Bänke findet man überall in Yucatan.
    Während des Wartens zog ein Wegweiser mit der Aufschrift "Rio Gallegos", der als Dekoration aufgestellt wurde, unsere Aufmerksamkeit auf sich. Rio Gallegos war einer der ersten Stopps in Argentinien gewesen. Treue Leser erinnern sich ;) Wer sollte diesen hässlichen Ort kennen? Wir erinnerten uns daran, als wir geschafft von der langen Busfahrt von Ushuaia 4 km durch die verlassenen, heruntergekommenen Siedlungen hin zu unserem schäbigen Hotel liefen - Hostels gab es dort natürlich nicht.
    Die nette Kellnerin klärte auf uns erzählte, dass sie dort aufgewachsen war. Sie war sichtlich verwundert darüber, dass wir eine Nacht dort geblieben waren. Das einzig schöne in Rio Gallegos war eine chice Cocktailbar. Die Kellnerin, Erica, wie sie sich danach vorstellte, kannte sie natürlich und so kamen wir ins Plaudern. Wir verstanden uns so gut, dass sie uns ama Ende noch die zwei besten Margaritas, die wir je getrunken haben, servierte, obwohl es eigentlich keinen Cocktails mehr im Angebot gab. "Warum mehr?", fragten wir und sie erzählte uns schmunzelnd: "Einige der Locals trinken so viele, dass sie total betrunken sind und dann unangenehm werden. Darauf hatten wir keine Lust."
    Als letzte an dem Abend verließen wir das Lokal - wir wurden definitv wiederkommen in der kurzen Zeit.

    Das machten wir dann auch zwei Abende später und trafen dabei erfreut auf Jeff. Mit dem sympathischen Kanadier hatten wir uns am Vorabend im Hostel länger unterhalten. Er hatte im Vorjahr mit dem Kitesurfing angefangen und gab uns etwas Zuspruch.

    Den brauchten wir auch nach dem zweiten Tag Kitesurf-Training. Nach kurzer Wiederholung der Kitecontrol, zeigt uns Memo den Superman. Dabei liegt man flach im Wasser, fliegt mit dem Kite auf 11 oder 1 Uhr, je nach gewünschter Richtung, und lässt sich von ihm durch's Wasser ziehen. Aufgrund der Sprachbarriere verstanden wir beide nicht, wofür dieser Superman gut sein sollte. Das änderte sich aber schnell als ich am nächsten Tag das erste Mal mein Board verlor und es einfach nicht mehr einfangen konnte. Der Superman soll dabei helfen sich ohne Board vom Drachen durchs Wasser ziehen zu lassen, um bspw. ein verloren gegangenes Board wiederzubekommen... Ziemlich herausfordernd bei der Strömung. Trotz Kite-auf-12-Uhr Startposition bläst der Wind in den Kite und treibt einen immer weiter vom Board weg. Meine persönliche größte Herausforderung des dritten und vierten Tages.
    Am zweiten Tag struggelten wir beide eher mit der Kitecontrol im Wasser. Ständig lag er in den Wellen - eine mit viel Geduld verbundene Qual ihn wieder in die Luft zu befördern. Noch dazu sehr sehr zeitraubend was die Trainingsdauer auf dem Board angeht. Durch den starken Wind wurden wir blitzschnell an der Küste entlang gezogen, bis zum Ende des Kitesurfabschnittes. Dann hieß es, raus aus dem Wasser und ca. 1 km zurücklaufen. Da wir eine Gruppenstunde mit uns beiden hatten, was bedeutet nur einen Kite und einen Lehrer zu haben, mussten wir uns abwechseln. Während der eine im Wasser war, musste die andere am Strand sitzen und warten und umgekehrt. Das hat unserem Lernfortschritt eher geschadet...

    Auf dem Weg zurück zum Hostel kamen wir an einem Taco-Stand vorbei, an dem wir uns später mexikanisches Essen holten. Ich wusste nicht, dass Koriander so omnipresent in der mexikanischen Küche ist - leider sind wir beide nicht die größten Fans, weil der Geschmack einfach so dominant ist, dass er alles übertüngt. Bevor wir herkamen, hatte ich es immer eher bei der asiatischen Küche verortet.
    Für Vegetarier ist das mexikanische Streetfood leider nichts. Ein klassischer Taco besteht aus Fleisch, entweder Cerdo (🐷) oder Pastor, was ähnlich aussieht wie Hack, frischen Zwiebeln und einer Ladung Koriander. Auf den Plastiktischen neben den Straßenständen stehen dann verschiedene Soßen (Achtung 🌶️🌶️🌶️!), ein großer Pott Salz und frisch aufgeschnittene Limetten. Neben den Tacos bieten viele Stände sogenannte Tortas an, was so viel ist wie ein aufgeschnittenes, kleines Baguette - die Füllung ist die gleiche wie die der Tacos.
    Ein persönlicher Favorit mexikanischen Streetfoods von mir: Maquesitas! Diesmal holte ich die von Luise (die nette Niederländerin vom El Mirador Hike) empfohlene Variante mit Käse und Nutella - herrlich! 😍

    Die zweite Hälfte unseres Kurses brach am nächsten Tag an und wir durften endlich aufs Brett!! 🏄‍♀️ Memo erklärte uns die Technik für den Start aus dem Wasser. Man muss mithilfe richtiger Kitesteuerung einen ordentlichen Zug herstellen, indem er mit "un poco más pressure" vom 12 auf 2 Uhr gebracht wird und gleichzeitig eine Aufstehbewegung macht. Das Schwierige kommt jetzt: Von 2 Uhr muss der Kite irgendwie wieder nach oben gesteuert und dann wieder schnell runter auf 2 gebracht werden, damit man Tempo aufnimmt. Dabei ist der richtige Druck wichtig, heißt, die Steuerung darf nicht zu fest aber auf nicht zu locker angezogen werden. Wirklich nicht so einfach. Nach ein paar Trockenübungen am Strand gelang uns beiden das Aufstehen relativ gut. Das Problem war das Weiterfahren. Bei den anderen Kitern im Wasser sah das alles so leicht aus und ohne viel Bewegungen im Kite. Uns konnte man immer gut an einem schnellen hin und her bewegen des Kites in der Masse gut erkennen. Wir machten also jeder ein paar Bahnen. Mal war der Kite im Wasser, mal das Board weg. Gar nicht so einfach, wir Geduld zu behalten. Dominik stellt etwas ernüchtert fest: "Ich habe einfach keine Verbesserung gemerkt." Und es stimmte leider. Über den gelungenen Start und ca. 150 Meter Fahrt kamen wir beide in den vier Tagen nicht hinaus. Wir waren weit entfernt davon in beide Richtungen fahren zu können, geschweige denn den Seitenwechsel zu vollziehen, um wieder zurück Richtung Strand zu kommen... Unsere Erwartungen an uns selbst waren wohl zu hoch. 😕

    Nach den vier Tagen waren wir etwas enttäuscht, obwohl das Fahren an sich super viel Spaß gebracht hat! Nervig war nur das Warten, weil wir keine Privatstunden hatten, das Kite aus dem Wasser fischen und die Suche nach dem Board, wenn es aus den Fingern glitt.
    Unser Fazit ist trotzdem: Wir möchten es unbedingt richtig lernen - wahrscheinlich dann zu Hause an der Nordsee! 🌊

    Ursprünglich hatten wir nur vier Nächte gebucht und geplant, nach den Kurs direkt weiterzufahren. Auf dem Hinweg nach El Cuyo führte eine zufällige Begegnung aber dazu, dass wir entschieden länger zu bleiben und die Gegend zu erkunden. Wir saßen am Busterminal und warten auf die Abfahrt, als ich schließlich verschwommen jemanden winken sah - die Brille war im Rucksack. Dominik erkannte das deutsche Pärchen, die wir in San Pedro am Lake Atitlán kennengelernt, dann in Flores und danach nochmal in Mahahual zufällig getroffen hatten. Sie berichteten von ihrem Ausflug nach Las Coloradas, ein kleiner Ort 35 km westlich von El Cuyo an der Küste. Dort wird Salz abgebaut und durch welche Mineralien auch immer haben sich die Salzseen pink gefärbt. Außerdem sollten dort sehr viele Flamingos zu sehen sein - das klang nach einem schönen Ausflug. Wir wollten gerne ein Quad mieten, aber die Touranbieter erlaubten nicht, die 35 km alleine dorthin zu fahren. Als wir im Nachhinein die Straßenbedingungen sahen, wurde der Verdacht bestätigt, sie wollten einfach nur ihre überteuerte Tour verkaufen.

    Wir verbrachten also einen Tag einfach am Strand. Da El Cuyo tatsächlich von Kitesurfern dominiert wird, findet man nur wenige Badegäste. Außerhalb des Kiteabschnittes ist man fast komplett alleine - wunderschön!
    Nachdem wir von dem leckeren und Seher günstigen Burger-Abendessen zurück zum Hostel kamen, trafen wir Mitch, Yuki und Yann wieder, drei super freundliche und offene Kanadier. Als wir Skyjo auspackten, war Yann ganz begeistert und er und Yuki spielten mit uns eine Runde. Obwohl wir uns immer über Gesellschaft freuen und wir uns echt gut verstanden, haben wir danach wieder einmal festgestellt, dass es uns keinen Spaß macht anderen das Spiel zu zeigen. Da man sich meist nicht kennt, ist man mit Quatschen abgelengt und das Spiel macht nur Bock, wenn alle konzentriert bei der Sache sind. Außerdem ist es nicht so cool, wenn der Wissensvorsprung zu dem Spiel zu groß ist.
    Aber das war alles nicht so wichtig. Wir verstanden uns großartig und sie fragten uns, ob sie uns am nächsten Tag nach Las Coloradas mitnehmen sollten. Sie hatten für ihre Reise durch Yucatan ein Auto gemietet - Jackpot für uns!

    Sie versicherten uns, sich bei uns zu melden, wenn sie vom Fischen wiederkommen würden. Am Vortag waren sie mit selbstgebastelten Angeln losgezogen, um sich ihr eigenes Abendessen zu jagen. Dabei lernten sie einen Fischer kennen, der sie prompt auf eine Angeltour am nächsten Tag um 6 Uhr morgens einlud. Wie die drei das fast ohne Spanischkenntnisse gemacht haben, faszinierend! Einfach sehr sehr sympathische Truppe! 😍
    Sie kamen mit zwei vollen Tüten zurück und verkündeten stolz, sie würden für das ganze Hostel frischen Fisch grillen und den Fischer hatten sie auch eingeladen. Wir erklärten uns bereit, Bratkartoffeln zu machen, Guacamole und Rührei. Ein lesbisches Pärchen, die als digital Normads für längere Zeit in den Hostel wohnen, wollte Salat beisteuern und schlugen vor Bier für ein paar Runden Bierpong zu organisieren. Der Abend wurde genau so schön, wie es klingt.
    Alle aus dem Hostel kamen zusammen, natürlich packte irgendjemand eine Gitarre aus, Mitch hatte eine Muntermonika dabei und das Essen war wahnsinnig lecker!!

    Der Ausflug mit den dreien war ebenfalls gelungen: Sie kommen alle aus British-Columbia von der Westküste und leben den stereotypischten kanadischen Lifestyle, den ich mit vorstellen kann! Auf einer Farm abseits der Zivilisation, alle haben einen Jagtschein und sind begeisterte Jäger, sie sind umgeben von Bergen, Seen und vielen Tieren und versorgen sich fast zu 100% selbst. Mitch und Yann gehen gerne zusammen Eisangeln. Mitch fliegt nächste Woche zurück nach Kanada und von dort aus nach Neuseeland, wo er bei der Weltmeisterschaft im Baumfällen antritt - er erzählt, sein Vater hat den Titel schon mal geholt. Geballte Ladung Kanada-Vibes! :D

    Die Begeisterung vor allem für die Tierwelt sollten wir noch live miterleben. Als die Flamingos in den Salzseen am Wegrand auftauchten, war Yuki's Enthusiasmus riesig. Mitch hingegen schrie laut: "Stopp Yann, SNAKE!!!" als er eine große Boa entdeckte. Wir alle stiegen aus - obwohl wir seit mittlerweile 11 Monaten unterwegs sind, war es erst meine zweite Schlange, die ich sah!
    Ich bewahrte Sicherheitsabstand aber Mitch packte sie am Schwanz und hob sie hoch. Er war total begeistert. Dominik probierte natürlich auch mal. :D Sichtlich genervt von all der menschlichen Aufmerksamkeit verkroch sie sich schnell wieder in ihre Höhle.
    Nach knapp zwei Stunden kamen wir bei den farbigen Seen an. Für 300 Pesos p.P. wurde eine Führung durch die Salzseen angeboten. Leider war es bewölkt, ich meines Erachtens nach der Grund für die wenig ausgeprägten Pink-Töne war, und die drei konnten nicht für diese Tour begeistert werden. Naja. Wir fuhren also entspannt zurück, wobei die Entspannung hätte unterbrochen werden können, wäre Ian nicht so aufmerksam gewesen. Ein großes Reh sprang vor unser Auto und verschwand direkt wieder im Wald. Ich hatte es leider nicht gesehen. Trotzdem hatte ich vieles, aber kein Reh hier vermutet.

    Zufälligerweise wollten die drei auch am nächsten Tag Richtung Valladolid aufbrechen und netterweise nahmen sie uns mit. Auf dem Weg dann der nächste Schlangenvorfall. "Stopp Ian, SNAKE!!", schrie Mitch ebenso entzückt wie am Vortag. Dieser wendete und sie sahen sich das Prachtexemplar an. Eine knapp zwei Meter lange Boa, wie sie klassifizierten. Leider war sie von einem Auto überfahren worden, was für Mitch bedeutete: Davon können wir noch was benutzen. Keine Sekunde später hatten beide ihre Messer in der Hand. Ian säbelte den Kopf, Mitch den Schwanz ab. Mit vereinten Kräften zogen sie der Schlange die Haut ab und verstauten sie in einer Plastiktüte. Während ich staunend über ihr Geschick und scheinbare Routine nur Zuschaute, ergab sich mein Bild für die Götter: Yuki packte ganz entspannt eine Mango aus, zog ihr mit den Fingern die Schale ab und verspeiste sie ähnlich wie eine Banane, während sie die Arbeit von Mitch und Yann beobachtete und kräftig lobte. Dominik und ich mussten uns ein Lachen verkneifen, so absurd war die Situation irgendwie für uns. "Was machst du denn mit der Schlangenhaut?", fragte ich Mitch. "Trocknen und dann Mach ich mir Boots daraus." Ich wusste nicht, ob das ein Scherz war, deshalb lachte ich etwas verunsichert. Ich werde ihn irgendwann nach einem Foto fragen! 😋

    Auf dem Weg nach Valladolid legten wir eine kurze Mittagspause ein. In dem kleinen Dörfchen war Markt für Kleidung. Mich hätte brennend interessiert, wo die Kleidung herkommt, die sie dort fein säuberlich und gut sortiert auf die Leinen im Park gehängt hatten. Entweder es ist Secondhand und sie verkaufen ihre eigenen getragenen Klamotten oder es ist Secondhandware aus Europa, die sie hier günstig kaufen, um sie dann gewinnbringend zu verkaufen. Irgendwie fand ich die Frage, wo die Sachen herkämen, aber irgendwie aufdringlich, also überwand ich mich nicht und fragte nicht nach.

    Nach zwei Stunden kamen wir alle happy in Valladolid an. 😊
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