• Kap Hoorn & Ushuaia

    November 19, 2024 in Argentina ⋅ ☁️ 12 °C

    Der Weg zum Ende der Welt war alles - außer langweilig. Die zwei Seetage nach Puerto Madryn vergingen wieder mal wie im Flug. Neben dem fulminanten Gesangsauftritt von Flo und mir beim Karaoke im Brauhaus (kleiner Spoiler: wir sind nicht im Recall für „The Voice of the Ocean“) stand vor allem ein großes Highlight auf dem Plan - die Umrundung des Kap Hoorn. Dieses ist unter Seefahrern berühmt berüchtigt und hat den Ruf das schwierigste Gewässer der Welt zu sein. Hier herrscht normalerweise ein extrem raues Wetter mit kräftigen Sturmböen und hohen Wellen. Normalerweise. Bis wir mit unserer AIDAsol daher schippern und einen Tag erwischen, den selbst der Lotse nicht so oft erlebt. Das Meer ist ruhig, die Sonne kämpft sich immer wieder durch die Wolken und auch der starke Wind ließ auf sich warten. Kap Hoorn ist der südlichste Punkt des südamerikanischen Kontinents und der Punkt, an dem Atlantik und Pazifik aufeinander treffen. Bis heute sind sich Chile (am Pazifik liegend) und Argentinen (am Atlantik liegend) nicht einig darüber an welchem Ozean das Kap nun eigentlich liegt. Was uns völlig Wurscht ist. Denn die Chance einmal hier zu sein ist absolutes Glück. Das Kap befindet sich auf der chilenischen Felsinsel Isla Hornos. Man möge meinen, dass die 6km lange und 2km breite Insel ein seelenloser und verlassener Ort ist. Doch dem ist nicht so. Auf der Insel steht neben dem berühmten Albatross-Monument, in welchem die Seelen der verunglückten Seefahrer weiterleben sollen, ein Leuchtturm inklusive Wohnhaus. Und darin wohnt (wenig überraschend) der Leuchtturmwärter mit seiner Frau und zwei Kindern (11 und 14 Jahre alt). Für die Dauer von einem Jahr wird immer wieder ein Freiwilliger gesucht, der Lust hat in der entlegensten Ecke der Welt fernab der Zivilisation zu leben und alle 2 Wochen auf dem Seeweg mit frischen Lebensmitteln versorgt zu werden. Der Familie scheint das zu gefallen, sie machen das nun schon 2 Jahre und haben gerade erst die Verlängerung um ein weiteres Jahr beantragt. Nun kann man sich gut vorstellen, wie besonders (vor allem für die Kinder) das Vorbeifahren unseres Kussmund-Schiffes war, die sonst so wenig von anderen Menschen mitbekommen.
    Aufgrund des fantastischen Wetters setzte unser Kapitän noch eins drauf und umrundete die gesamte Insel 1x vollständig, um danach am südlichsten Punkt mit Blick auf das Kap für 5 Minuten alle Maschinen auszumachen, und wir uns dem Wind hingebend treiben ließen. Laut alter Seemanstradition sollten wir ab sofort am linken Ohr (da wir die Insel mit der Backbordseite zugewandt umrundet haben) einen Goldohring tragen. Das lassen wir aber lieber mal. Ich zumindest.

    Als krönenden Abschluss wurde kurzerhand ein Tenderboot ins Wasser gelassen, welches zur Insel fuhr um der Familie ein paar Köstlichkeiten und Geschenke zu bringen. Was für ein schönes Erlebnis!

    Am nächsten Morgen bot sich schon auf dem Weg zum Frühstück durch die Fenster ein Anblick, der seinesgleichen sucht. Im Hintergrund schneebedeckte Berge, davor das verschlafene Ushuaia am Beagle Kanal. Kurz vor Acht gingen wir voll beladen vom Schiff in Richtung der Station unserer Autovermietung. Dort angekommen herrschte erstmal Ernüchterung. Diese öffnete nicht (wie angegeben) 8 Uhr sondern erst 9:30 Uhr. Dabei sollte zu dieser Zeit schon der Zug ans Ende der Welt fahren, den wir vorab im Feuerland Nationalpark gebucht hatten. Wir ließen uns aber nicht aus der Ruhe bringen und saßen 2 Minuten später in einem Uber auf dem Weg zum Zug. Neben dem üblichen Kram (Drohne, GoPro, Technik-Ausstattung fürs Auto, Kindersitze, Snacks, …) hatten wir eine gesamte Tasche mit Winterklamotten dabei. Schon auf dem Hinweg merkten wir, das wir diese heute wohl nicht brauchen werden, das Wetter war absolut traumhaft. Ebenso wie die Kulisse, die sich uns schon auf der Fahrt zum Zug bot.

    Der Zug ans Ende der Welt ist DIE Touristenattraktion in der Gegend. Ursprünglich wurde die Bahn von Strafgefangenen gebaut und später auch genutzt, um für Waldarbeiten schneller aus der Stadt heraus zu kommen. Die 7 km lange Fahrt dauert (inkl. Stopps) fast 2 Stunden und führt durch wunderschöne Landschaften des Feuerland Nationalparks. Immer wieder beobachten wir wilde Pferde mit ihrem Nachwuchs (schließlich ist hier Frühling),die auf den üppigen Wiesen grasten und bestaunten die sich uns bietende landschaftliche Kulisse.

    Wieder an der Ausgangsstation angekommen nahmen wir einen Uber zurück in die Stadt um endlich unseren Mietwagen abzuholen. Wenigstens bekamen wir ein kostenloses Upgrade auf einen SUV, der auf den Schotterpisten im Nationalpark echt viel wert war. Ca. 20 Minuten später machten wir halt am südlichsten Postamt der Welt. Dieser Wellblechcontainer wirkt schon sehr skurril. Aktuell ist dieser leider auch geschlossen, da man sich nicht mehr sicher ist, ob das Teil denn überhaupt sicher ist. Wenn man die rostigen Stützpfeiler sieht, sicher die richtige Entscheidung. Wer trotzdem von hier einen Brief versenden möchte, findet wenigstens noch einen Briefkasten.

    Danach ging es weiter - immer tiefer in den Park. Der letzte mit dem Auto erreichbare Punkt ist die Bahia Lapataia. Dieser Bucht liegt nur wenige Kilometer vor der chilenischen Grenze. Nach einem kurzen Walk fuhren wir zurück und hielten am
    wohl einzigen Restaurant im Feuerland Nationalpark und machten eine ausgedehnte Mittagspause.

    Anschließend fuhren wir wieder zurück nach Ushuaia und schlenderten noch etwas durch die Stadt, ehe wir wieder aufs Schiff sind.

    Ushuaia und der direkt vor den Toren liegende Nationalpark versprühen eine faszinierende und einzigartige Atmosphäre. Nicht zuletzt, weil Ushuaia das Eingangstor für Expeditionen zur Antarktis ist lässt mich vermuten, dass wir auch hier nicht zum letzten Mal waren. Wäre auch schade, wenn man so einen Sonnenuntergang nur 1x im Leben sehen könnte.

    Morgen geht’s weiter in Richtung Chile 🇨🇱 - und auf dem Weg zum nächsten Hafen in Punta Arenas hat unser Kapitän schon wieder große Pläne.
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