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  • Day 26

    San Cristóbals Wasserkrise

    March 25 in Mexico ⋅ ⛅ 24 °C

    Unser Hotel ist eine grüne Oase in dieser Stadt mit über 200'000 Einwohnern. Wiedermal auf der Suche nach einer Lavanderia streifen wir am Morgen durch die sehr sauberen und sehr engen Strassen. Es ist wunderbar kühl und trocken. Wir entdecken viele einladende Innenhöfe und verstehen langsam das Konzept: Während die Aussenfassaden der Strassenblöcke zwar sauber und farbig aber ansonst nicht sehr einladend sind, bauen sich die Leute in den Innenhöfe ihre eigenen kleinen Paradiese.

    Das Zentrum mit seinen geschäftigen Strassen und Märkten gefällt uns sehr gut. Im Vergleich zu Oaxaca scheint die Stimmung etwas ausgelassener, was wir insbesondere beim Überqueren der zahlreichen Kreuzungen schätzen. Wir erkunden die lokalen Märkte und zu unserem Erstaunen sprechen uns gleich mehrere Dinge an. Hanna kauft sich eine Tasche, Marc ein Reiseschach und dann entdecken wir noch niedliche Stofftierchen, die die Verkäuferin selber herstellt. Wir bringen ein Bärchen als Kindergeschenk mit und Bewerbungen werden ab sofort entgegengenommen ;)

    Am Nachmittag besuchen wir eine Free Walking Tour. Wir lernen, dass der Staat Chiapas kulturell sehr divers ist mit über einem Dutzend offizieller Sprachen. Rund um die Stadt gibt es Dutzende indigener Dörfer, die sich weitgehend selber regieren und wo die staatliche Polizei keinen Zutritt hat. Der Markt, auf dem wir am Morgen waren, wird ebenfalls von diesen Gemeinschaften verwaltet, wobei jede Ecke vom Markt Waren von einer anderen Gemeinschaft verkauft. Wir verstehen nun, wieso sich der Markt so divers anfühlte und die Waren eben nicht nur die sonst so oft angetroffenen China Produkte waren. Wie auch in Oaxaca hat die Region eine bewegende jüngere Geschichte, durchsetzt mit Konflikten zwischen Regierung und Indigenen im Kontext der wirtschaftlichen Öffnung des Landes. Davon zeugen beispielsweise auch hier haushohe Wandgemälde, die kunstvoll den Widerstand gegen Konzerne wie CocaCola zeigen.

    Wir haben schon im Vorfeld gelesen, dass die Stadt unter enormer Wasserknappheit und schlechter Wasserqualität leidet. Die Geschichte dahinter erfüllt aber Marcs Umweltwissenschaftsherz mit Faszination und Entsetzen. Bis vor einigen Jahrzehnten war das Tal in dem die Stadt liegt mit Unmengen an Wasser gesegnet. Wegen einem fehlenden natürlichen Abfluss, endeten hier mehrere Flüsse in zwei grossen Seen und zwei Berge mit besonders geeigneten Böden für Regenrückhaltung sorgten für mehrere ganzjährige Quellen. Leider wurden grosse Teile der Stadt dadurch auch oft überflutet, weshalb man in den 70er Jahren einen Abflusstunnel buddelte, die Seen und Sümpfe drainierte und die Flüsse kanalisierte. Ein rasantes Bevölkerungswachstum führte zu einer einer grossflächigen Bodenversiegelung, wodurch ein Grossteil vom Wasser in der Regenzeit nun direkt abfliesst anstatt das Grundwasser aufzufüllen. Da die Stadt zudem keine einzige (!) Kläranlage besitzt und Fäkalien ungefiltert in die Flüsse abgeleitet werden, ist das Grundwasser heute derart kontaminiert, dass bereits kleine Mengen Dusch- oder Hahnenwasser gesundheitliche Probleme verursachen können. Wer es sich leisten kann installiert teure Filter oder benutzt Chlortabletten. In Kombination mit der nicht ergiebigen letzten Regenzeit und der Tatsache, dass ein Grossteil der sauberen Quellen an CocaCola verkauft wurden, finden aktuell regelrechte Wasserkämpfe an den Orten statt wo die Flüsse in die Stadt einfliessen bevor sie kontaminiert werden. Weil das Problem derart verzwickt ist und sich nicht in einer Legislatur lösen lässt, schaut auch die Politik einfach zu. Uns wird sprichwörtlich flau im Magen und wir sind dankbar für die Infrastruktur in der Schweiz.

    Zum Schluss der Tour gibt es noch eine Verkostung von einem lokalen Getränk. Pox ist das hochprozentige Kind von Mais, Zuckerrohr und Weizen. Die Atmosphäre ist sehr angenehm, aber das Getränk überzeugt uns in keiner seiner Variationen. Wir sind wohl einfach zu verwöhnt vom Mezcal der letzten Tage. Am Abend sind wir etwas traurig, dass wir morgen unsere Weiterreise schon gebucht haben, weil uns die Stadt wirklich gut gefällt und wir hier locker noch eine Woche verbringen könnten.
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