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  • Day 9

    Nida - Kurische Nehrung

    August 15, 2021 in Lithuania ⋅ 🌬 19 °C

    Ganz nebenbei hab ich mir umsonst den Kopf darüber zerbrochen, wie ich von Rusne nach Nida komme. Dornoya hielt es für selbstverstandlich, mir zu helfen und mich zu einem kleinen Fähr-Boot zu bringen, das an der Pumpstation Uostadvaris nicht weit von Minge abfährt. Im weiten, allwissenden Internet war diese Info nicht zu finden.

    Schon vom Schiff aus sehe ich Public Viewing, höre Lärm und Tam Tam. Der Grund: Hier findet heute ein Biathlon Sportwettkampf statt. Immer noch ohne Dach über dem Kopf lande ich in Nida an. In der Tourist-Info hat man inzwischen auf meine E-Mail reagiert und trotz der Sportveranstaltung eine Bude gefunden. Das Wort Bude ist evtl. ungerecht. Wegen dem Biathlon habe ich aber so wie so keine Wahl. Es gibt nur dieses Apartment. Sonst hätte ich es in Juodkrante versuchen müssen. Und wie käme ich da wohl hin?
    Danude heißt meine Wirtin, die mir auf Anhieb unsympathisch ist und mir gleich zu Beginn viel zu viel Geld für ihr Kellerapartment abknöpft.

    Nida ist das Sylt der Litauer. Ein gepflegter Badeort auf der Nehrung ganz in unmittelbarer Nachbarschaft zur Oblast Kaliningrad (früher Königsberg), einer russischen Enklave. Aufpassen muss man hier, dass man beim umwandern der nahe gelegenen Parnidis Düne nicht versehentlich auf russisches Territorium kommt, denn es gibt keine durchgängig erkennbaren Grenzbefestigungen. Zu diesem Zeitpunkt ahnt noch niemand, dass das 6 Monate später ganz anders sein wird.

    3 Tage in Nida hätten auch gereicht, denn das Wetter ist am Abreisetag kalt, stürmisch und verregnet. Deshalb bin ich froh, am Nachmittag hier weg zu kommen. Blöderweise fährt mein Bus erst um 15.15 Uhr, ich muss aber um 10 aus meinem Apartment raus, weil Danude anfangs gefragt hat, wann ich am Abreisetag raus bin, 10 oder 11. Zu so viel Unhöflichkeit hab ich dann 10 gesagt. Der Sturm tobt, der Regen peitscht und ich muss 5 Stunden hier ausharren. Der Rucksack ist im Bus-Office geparkt, besser als bei der allzu raffgierigen Danude, die dafür wohl auch noch Bares gefordert hätte.

    Während meiner 3 Tage in Nida hatte ich ein 7-Gang-Leihfahrrad, mit dem ich die Kurische Nehrung und den Ort durchstreift habe. Ein "Platter" blieb mir erspart, aber dafür trafen mich andere kleine Unwägbarkeiten, von denen ich nie gedacht hatte, dass sie mir passieren würden. Gleich am Ankunftstag mache ich mit dem Rad Nida und Umgebung unsicher. Am Fuße der Parnidis Düne (52 m hoch) schließe ich meinen Drahtesel an einen Holzzaun an. Bloß weg von den Menschenmassen und dem Lärm der Sportveranstaltung, der hier aus allen Lautsprechern dröhnt. Ich steige das erste Mal die unzähligen Stufen zur 2-höchsten Düne Europas hoch. Oben an der Sonnenuhr sehe ich Aufbauten ähnlich wie unten am Hafen. Viele Menschen treiben sich auch hier oben auf der Düne herum. Und auch hier Public Viewing. Als ich gerade seitlich in Richtung Dünenkamm ausrücken will, werde ich unwirsch auf litauisch angesprochen. Soll wohl heißen: „Du stehst im Weg". Mir schwant Böses. Und dann kommen Sie, die Biathlon-Wettkämpfer. Einige Frauen sind auch dabei. Nach und nach japsen und keuchen die Jungs und Mädels den Dünenberg hoch. Und ich stehe eingekeilt in meiner Ecke, werde hinter mir, rechts und links von den Anfeuerungsrufen „Dawei, Dawei" fast taub, komme da so schnell nicht wieder raus. Denn es laufen nicht 10 oder 12, sondern geschätzt zwischen 80 und 100 Sportler die Düne hoch. Die Nachzügler lassen auf sich warten und ich sprinte in einem günstigen Moment auf die andere Seite der Zielgeraden und Richtung Treppe. Nun quälen sich die Nachzügler die Stufen hoch und ich quetsche mich - irgendwie überflüssig auf dieser Treppe - nach unten, wo das nächste Ungemach auf mich wartet. Es geht ja um Biathlon, also laufen und Rad fahren. Unten stehen gefühlt mindestens 30 Räder vor meinem Rad. Aus dem Pulk kann ich meins unmöglich heraus bekommen. Warum nur, kann ich ich mich nicht für Biathlon begeistern? Da tanze ich doch lieber Tango. Zu allem Übel ist die neue Edeka Wasserflasche ausgelaufen. Meine Güte!
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