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  • Day 3

    Baby!

    April 6, 2015 in Thailand ⋅ ⛅ 29 °C

    Nach außen hin haben wir uns immer ganz abgebrüht gezeigt. Mit Baby reisen, klar, kein Problem, er ist ja dann auch schon ein halbes Jahr. Ganz schön groß also. Und ja, die Babys in Thailand werden ja auch alle irgendwie groß. Trotzdem konnte ich nicht ganz verhindern, dass sich in den vier Monaten Vorfreude auf die Reise die eine oder andere Sorge in mein Hirn fraß. Was machen wir, wenn er es kacke findet? Wenn er krank wird? Wenn wir es kacke finden, mit Baby zu reisen?

    Die Flugreise und die ersten beiden Tage zeigten sich jedoch ganz anders als erwartet:

    Flug Frankfurt – Bangkok: Horrorvision vs Reality

    Die Horrorvision: Baby fängt bereits im Zug an, die Faxen dicke zu kriegen. Verweigert Tragetuch und lässt uns uns selbst verfluchen, den Kinderwagen zu Hause gelassen zu haben. Alles kacke, zu schweres Gepäck und dazu ein sich windendes Baby. Am Flughafen dann eine Wartezeit, in der man das Baby irgendwo hinlegen möchte, weil es müde ist, aber überall Menschenmengen, die das verhindern. Im Flugzeug natürlich Dauergeschrei, weil Druck auf den Ohren oder so Mist. Dani und David schließlich völlig entnervt, kommen jedoch nicht mehr dazu, nach zehn Stunden aus dem Flieger zu steigen, da sie von den anderen Fluggästen aufgrund elterlichen Versagens der Lynchjustiz übergeben werden.

    Die Realität: Das Baby flirtet im Abteil die ganze Zugfahrt lang mit der Omi gegenüber. Aufgrund von irgendwelchen Bauarbeiten sitzen wir sogar im ICE, was die Fahrtzeit um eine Stunde verkürzt. Am Flughafen angekommen flutschen wir nur so durch den Check-In und die Sicherheitskontrolle. Das Sicherheitspersonal am Flughafen würde zwar am liebsten das Baby herumreichen, hält sich aber zurück und beschränkt sich auf Niedlichkeitsbekundungen. Das Baby lächelt alle an. Wartezeit am Flughafen (ca 2,5 Stunden) verbringen wir auf dem Flughafenspielplatz. Dort bauen wir uns ein Picknick-Eckchen auf, vertilgen gekochte Eier (zum Glück blieben wir von Lynchjustiz verschont), das Baby macht abwechselnd Nickerchen und guckt Kindern beim Spielen zu. Beim Boarding sind wir – dank dem Baby – die ERSTEN nach der Crew, die das Flugzeug betreten. Dort wartet ein Platz mit dekadenter Beinfreiheit auf uns (na gut, hier haben wir nachgeholfen mit Platzreservierung), nur die Abflugzeit, die sich um zwei Stunden hinauszögern soll, macht uns etwas Bammel. Ein bisschen geweint hat das Baby dann doch noch vor Abflug, um uns ängstliche bis in grimmige Vorahnung getauchte Gesichter. Doch nach zehn Minuten ist es auf dem Arm eingeschlafen. Auf dem Arm einschlafen? Woher hat es diese Superfähigkeit den plötzlich wieder? Wir meinten, sie wäre vor drei Monaten rausgewachsen. Während des Fluges wird ab und an gequengelt, aber noch viel mehr mit den Flugbegleiterinnen geflirtet, da springt sogar ein Stofftier bei raus. Uns das Babybettchen wurde sogar zum Schlafen benutzt. Zwischendurch etwas Brötchen mümmeln (ohne Kotzattacke) und auf dem Schoß spielen. Kacken im Flugzeug geht übrigens auch. Zum Glück hat sich der Papa erbarmt. Und Mama hat es sogar irgendwie geschafft, einen ganzen Film am Stück zu gucken. Braves Baby. Kein Lynchmord. Danke lieber Babygott.

    Unterwegs in Bangkok – Horrorvision vs Realität

    Horrorvision: Wir schmelzen. Das Baby bekommt einen Hitzeschlag. Oder Durchfall. Oder wir bekommen all dies selbst. Fünf Tage gefangen im Hotelzimmer oder wahlweise im Krankenhaus. Oder wir befinden uns bereits auf dem Rückweg nach Hause. Mein Hirn vermag die schlimmsten Situationen heraufzubeschwören. Sehr fantasievoll.

    Die Realität: Wir konnten ja bereits in allen Reisführern lesen, dass die Thais kinderfreundlich seien, nirgends wurde jedoch erwähnt, dass die Thais derart … Ich behaupte, wenn es mir gelingen würde, ein Katzenjunges, ein Kücken und ein kleines Erdferkel auf dem Rücken eines Golden Retrievers sitzen und putzige Weihnachtslieder singen zu lassen, dann würde ich Reaktionen erwarten, wie sie Erik bei den Thais auslöst. Grob überschlagen wurde Erik allein heute (Besuch im Königspalast und anschließendes Abkühlen im Siam Center, einer riesigen Shopping Mall) von 300 Leuten angelächelt, von 50 fotografiert und ca 20 begrabbelt. Was soll ich sagen, vermutlich sieht unser Baby aus wie eine vergötterte Zeichentrickfigur hier in Thailand oder dergleichen. Auf jeden Fall wird sich überall nach ihm umgedreht, sich gegenseitig auf das Baby aufmerksam gemacht und zweifellos könnte das Entzücken kaum größer sein, wenn das Baby dann auch noch zurück lächelt. Und das Baby ist sehr großzügig mit dem Verteilen von Zurücklächlern. Quasi der Politiker unter den Babys. Überhaupt schleimt es sich auch bei seinen Eltern ein. Es braucht weder Tragetuch noch Kinderwagen, es begnügt sich damit, einfach die ganze Zeit auf dem Arm getragen zu werden. Dort spielt, schaut, flirtet, pupst und schläft es. Es wohnt auf meinem linken Arm, den Blick über meine Schulter gerichtet, offen für die ganze Welt, auch wenn es erstmal nur Bangkok zu sehen bekommt. Mein Arm bildet gerade eine ganze Armee, eine ganze Infanterie an Muskeln aus. Eventuell ist es lohnenswert, nach der Heimkehr in den Armdrückersport einzusteigen. Für derartige Liebenswürdigkeit nehme ich die leichte Schlagseite gern in Kauf.
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