• Fuck und Hach und alles dazwischen

    26 Temmuz, Avusturya ⋅ 🌧 17 °C

    Über unser kritisches Verhältnis zu schlechtem – also wirklich fiesen, kalten, zehenaufweichenden, in die Knochen kriechenden – Mist-Wetter ist bereits gedichtet worden. Da unser letzter regenfreie Tag am Brombachsee stattgefunden hat, bleibt unser Ringen damit präsent.

    Auch dieser Tag beginnt mit kühlem Nass aus den tief über uns hängenden Wolken. Die Berge um uns spielen Verstecken, tauchen mal hier, mal da zwischen den nebligen Fronten auf. Zoey versucht, so unscheinbar wie möglich zu bleiben, um der morgendlichen Gassi-Runde so lange wie nur irgendwie möglich zu entgehen. Wir erkennen ihr taktisches Geschick an und packen unseren nassen Kram, denn heute ist Reisetag. Zunächst scheint das andauernde Plätschern die übliche Verstimmung nicht anzuheizen. Leider schaffen wir es, unsere Markise nicht fachgerecht zusammen zu rollen und knicken den linken Markisen-Arm. Der Übertäter: Eine Querstrebe, die eigentlich zusätzlichen Halt geben soll, leider aber zum diabolischen Hebelansatz beim Einfahren wird. Schöne Scheiße. Das Verstimmungslevel steigt. Zunächst scheint es so, dass der verbogene Arm sich gar nicht mehr einfahren lässt und wir nicht weiterfahren können. Soll es wirklich so sein, dass diese ganzen Stunden im Fitti uns nicht dabei helfen, ein Stück Aluminium zurück in gerade Form zu biegen? Man findet einfach keinen guten Ansatzpunkt. Mein innerer Ingenieur erwacht und schließlich ersinnen wir eine Biege-Taktik. Puh, wir sitzen also nicht fest.

    David entdeckt außerdem im Internet, dass dieser unschöne Fauxpas nicht selten passiert und deshalb die fleißige Camper-Gemeinde, die erwiesenermaßen stillos, aber reichlich Youtube-Videos produziert, auch hier schon Material zur Anschauung bietet. Der Arm, sollte er durch die ganze Biegerei doch noch brechen, wird nicht zwingend für das Spannen der Markise benötigt. Immerhin müssen wir nicht für den Rest des Urlaubs auf unseren Sonnen- hoppala – Regenschutz verzichten.

    Unser nächstes Ziel ist Wald im Pinzgau, Region Nationalpark Hohe Tauern. Unterwegs sorgen wir für Futternachschub, David gönnt sich eine Packung entkoffeinierten Kaffees und der Regen hört auf. Allerdings nur, um wieder zu starten, nachdem wir am Campingplatz ankommen. Natürlich bricht der Markisenarm beim Aufbau der Markise. Mein innerer Ingenieur zuckt mit den Schultern, wir spannen zu dritt alles ordentlich ab und mit ein bisschen Kabelbinder werden die lose hängenden Arm-Stücke zusammengebunden. Vielleicht sieht mein innerer Ingenieur ein bisschen wie MacGyver aus. Wir versuchen erneut, die nassen Sachen (inzwischen sehr viele) zum Trocken zu verteilen, da überkommt es mich dann doch und ich schütte mich über die abnorme Beschissenheit des Wetters aus. Der kleine Hund fühlt mit mir, ich sehe es genau. Sie versteckt sich ninjamäßig, um der Mittagsrunde zu entgehen. Ihre Augen sagen: Ich kann echt lange einhalten! Bei der feucht-unfröhlichen Runde von heute Morgen jedenfalls hat sie SOFORT alle Geschäfte abgewickelt und versucht, mir telepathisch mitzuteilen, dass dadurch eine SOFORTIGE Rückkehr ins Trockene absolut überlebensnotwendig ist. Aber auch David stimmt mir zu. Nur Erik findet das Ganze nicht so übel, denn Ausflüge sind abgesagt.

    Bange beobachten wir das Regenradar: Irgendwann zwischen fünf und sechs soll der Regen enden. Kann es wahr sein? Die Jungs starten eine Runde für den Hund mit der Stahl-Blase und ich werfe mich ins Laufdress. Mein Läuferleben soll ja weiter gehen. Auf unseren Runden werden wir für alles entschädigt. Die Gegend hier lässt Gipfel-Herzen höherschlagen. Berge, wohin man blickt. Wolkenfetzen wälzen sich über die Anstiege und die Sonne zaubert Regenbogen über das Tal, durch das ich trabe. Der Anblick zweier besonders imposanter Riesen lässt sich nicht mit der Kamera meines Mobiltelefons einfangen. So viel schöner und eindrucksvoller ist das, was meine Augen, mein Hirn, mein kleines Herz da wahrnehmen. Die Hänge werden wie von einem brillanten Regisseur punktuell von der Sonne bestrahlt, die Landschaft ist so perfekt modelliert, dass mir das Herz überquillt. Ich quere auf leisen Sohlen eine Kuhweide und bin auch davon entzückt, wenngleich ich einen Heidenrespekt vor den Ungetümen habe. Unweigerlich denke ich an Eriks Ausruf auf der letzten Kuhweide: „Wer rennt, ist Beute.“ Vom Glück geküsst befeuere ich nicht den Jagdtrieb dieser Wiederkäuer und laufe weiter. Weiter an einem wild rauschenden, namenlosen Bach. Ich trinke aus dem Adlerbrunnen. Passiere eine Alpaka-Weide. Bin endlos verzückt.
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