• Dolce vita senza fine

    July 30 in Italy ⋅ ☀️ 25 °C

    Fast schon widerwillig packen wir an diesem Morgen für die Weiterreise, so sehr haben wir diesen entspannten Zwischenstopp liebgewonnen. Doch das schicksalhafte Ergattern des letzten freien Platzes auf einem Campingplatz am Lago d’Iseo soll uns heute weiter auf Bilderbuch-Pfaden wandeln lassen. Es erwartet uns ein tief türkisblauer See, umschmiegt von Gipfeln, die uns die österreichische Bergwelt nicht vermissen lassen. Höhenmeter gibt es hier genug für alle noch so überzogenen Aufstiegsgelüste, nur ist es eben dabei sonnig und warm. Unser Platz für die nächsten vier Nächte liegt geschützt unter – Obacht, wir mussten nachschlagen – kahlen Zypressen. Später läuten ein paar Zikaden kreischend eine Privatparty ein und das mediterrane Urlaubsgefühl stellt sich vollends ein. Camping Eden ist sicher schon etwas in die Jahre gekommen, die Anlage aber hingebungsvoll gepflegt.

    Die meisten Plätze, die über so viele Saisons Campinggäste beherbergen konnten, zeichnen sich durch ähnliche Eigenschaften aus. Zum Beispiel hängen die Spülbecken bandscheibenvorfall-fördernd tief, was mich darüber sinnieren lässt, ob sie aus einer Zeit stammen, da der Durchschnittsmensch unfassbar klein war oder es vielleicht in den 70ern üblich war, die lieben Kinderlein für den Abwasch abzustellen. Außerdem gibt es nicht nur eine veritable Anzahl an Hock-Klos (die alten Römer liebten sie schon), sondern auch als Zusatzausstattung für einige Toiletten einen Wasserschlauch mit unglaublichem Wasserdruck per Schalterdruck. Meine emsige Fantasie sinniert weiter: Ist damit eine gründliche innere Reinigung möglich? Soll ich damit etwaige Verunreinigungen in der Toilette wegsprengen? Das Fehlen einer Klobürste könnte Hinweis sein.

    Wir geben uns schamlos typischen Urlaubsaktivitäten hin und schlendern durch den historischen Stadtkern. Hier drängen sich uralte Häuserzeilen aneinander, stützen gegenseitig ihr verwittertes Gemäuer und wurden von ihren Bewohnern liebevoll mit Pflanzen und kleiner Alltagskunst geschmückt. Erik entdeckt Skulpturen von Fischgräten. Später finden wir heraus, dass diese Installation grob übersetzt „Es ist nur eine Frage der Zeit“ auf die Fragilität der Natur und ihrer Lebewesen verweist. In der Chiesa di Santa Maria Assunta bestaunen wir christliche Opulenz, im Stadtpark suchen wir Schutz vor der Nachmittagshitze. Ein Eis in der Gelateria mundet uns ganz hervorragend. Es ist beinahe ekelhaft, wie nett das hier alles ist. Vor allem die Abwesenheit großer Touristen-Ströme sorgt für große Gelassenheit und noch größere Urlaubsfreuden.

    Schließlich gönnen wir uns noch einen langen Bummel durch einen verschwenderisch gut sortierten Supermarkt und kaufen leckere Grissini, fast schon verdächtig günstigen Fisch und Meeresfrüchte, Kräuter und frische Pasta. All das wird zu einem kleinen, nagut, großen Festmahl verkocht. Auf zwei Platten, versteht sich. David derweil verdingt sich als urlaubsplanerisches Mastermind und ergattert – wieder schicksalhaft? – den vorletzten Platz auf dem höchsten ganzjährig geöffneten Campingplatz Europas. In die Schweiz wird es also als nächstes gehen, das liegt aber noch in süßer Zukunft.

    Wir schlemmen, sind pappsatt und zufrieden. Allein ein Mann im T-Rex-Kostüm erschüttert Zoeys Weltbild. Die Jungs drehen noch eine große Runde mit ihr und sind entzückt über kleine Trattorien, an denen Einheimische wie Besucher den lauen Abend verbringen. Ich quäle meinen Rücken am Spülbecken und rekapituliere im Reisetagebuch den letzten Tag.
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