• Chiang Mai: Ausgenordet

    13. februar 2024, Thailand ⋅ ⛅ 33 °C

    Das Spülbecken ist ungewöhnlich tief. In Hostels spült man seinen Kram selbst ab, auch um 2 Uhr nachts. Da fällt auf, wie laut das eigentlich ist. Eben war ich noch mit Elaine Cocktails trinken und hab sie in ihr Hotel gebracht. Ich hab sie heute morgen beim Ziplining im Dschungel kennengelernt. Für eine Südchinesin ist sie wohl gar nicht so klein, ihre Ohren sind aber kaum größer als meine Fingernägel (okay, das war ein Witz). Michael Ende hat trotzdem nicht übertrieben.

    Das war ein richtig interessanter Abend. Ich hab mich noch nie länger mit Chinesen unterhalten. Und wir reden viel über unsere Werte, Ost, West und Imperialismus. Eine kurze Freundschaft.
    Die Cocktails werden uns von einem extrem offen schwulen Südthailänder gebracht. Er hat ein kleines Krönchen auf, seine Handgelenke sind immer angewinkelt und er lacht gelegentlich schrill auf. Elaine fragt mich, ob ich denke, dass er schwul sei. Sie glaube nicht. Wir kehren um und bekommen die Antwort: "Ahhhhh.. Yess." - alle Zähne sind zu sehen.
    Nächsten Abend gehen wir Hotpot essen. Elaine schwärmt davon. Sie sucht einen Pot aus, der auch eine nicht-scharfe Hälfte bietet. In der kochenden Suppe werden Darm, Herzarterien und Pilze quasi in Raclettemanier gekocht. Ich esse fast nur scharf und bereue es am nächsten Tag. Unserem Barkeeper statten wir noch einen zweiten Besuch ab.

    Das Ziplining hatte ich als Ersatzprogramm für die Gibbonexperience gewählt. Zumindest durch den Dschungel fliegen. 1km ist die längste Zipline, in meinem Gedächtnis ist davon nur ein verruckeltes Bild in schwindelerregender Höhe geblieben. Auch einen "Rollercoaster" gibts. Der besteht quasi aus einer gebogenen Leitplanke, an der man in recht hohem Tempo an den Armen hängend zwei Minuten durch den Dschungel geschleudert wird. Halt eine Art Freizeitpark im Wald, wars aber wert.

    Die Tempel Chiang Mais sind wieder viel sakraler als bei seinem Nachbarn. Der kleine Buddha im Turm hat viel mehr Strahlkraft eine 90m hohe Statue. Tiefe Paukenschläge untermalen die Szene.
    Zwei weitere Tempel entdecke ich auf einer Wanderung, die am Stadtrand startet und in die westlich gelegenen Berge führt. Wunderschön ist der Tempel auf halber Höhe, bedeutsam ist der höhere. Hier gibt es auch eine Meditationsschule. Ich komme genau zu einem öffentlichen Gebet der Mönche an. Irgendwie auch komisch. Touristen, die mit Fantaflaschen in der Hand die Rituale dieser Weltreligion beobachten. Tja, die Meditationsschule sieht ein bisschen so aus wie die Judohalle vom Polizeisportverein Neustrelitz damals. Passt auch irgendwie total, da nicht die ganze Zeit im Anschein wahnsinnigen Prunks sitzen zu müssen und innere Ruhe zu üben.

    Heute wollte ich eigentlich noch thailändisch kochen lernen, habe aber spontan beschlossen, schon jetzt in den Süden aufzubrechen. 2 Wochen liegen hier noch vor mir. Genug, um nochmal in eine neue Welt einzutauchen. Ich hab langsam genug vom Norden. Aus Gründen, die ich mir auch gerade nicht mehr erklären kann, habe ich mich gegen einen 300€ teuren Flug entschieden und für eine 13 Stunden lange Nachtfahrt in der 3. Wagenklasse für 11€ nach Bangkok. Erste und zweite Wagenklasse waren ausgebucht. Morgen mittag gehts mit dem Flugzeug weiter nach Trang, 59€. Was fürn Scheiß. Ich bin sozusagen Opfer meiner eigenen Planlosigkeit und meines eigenen Geizes.
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