Kuntergrün

January - March 2024
Eine Reise durch Vietnam, Laos und Thailand Read more
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  • Day 2–4

    Hanoi: Alter, ist diese Stadt krass

    January 28 in Vietnam ⋅ ☁️ 12 °C

    "Alter, ist diese Stadt krass." Diesen Satz schreibe ich meiner Reisepartnerin Florence, nachdem ich 3 Stunden auf den Straßen Hanois unterwegs war. Ich bin noch ein bisschen gejetlagged und habe nicht viel auf meiner Liste, außer das laotische Visum zu besorgen. Ein gemütlicher Bummel war mein erster Tag in Asien aber bei weitem nicht. Dass die Städte hier für Europäer chaotisch sind, war mir klar. Aber derartige Mengen an Rollern, die mit solcher Gewalt sämtlichen Raum einnehmen - damit hatte ich nicht gerechnet. Auf Rollern findet das gesamte Leben hier statt. Auf der Gepäckablage habe ich heute alles gesehen. Ganze geschlachtete Schweine, mannhoch gestapelte Getränkekisten, Schränke. Roller schlängeln sich durch engste Gassen und nehmen auch die Stadtautobahnen für sich ein. Fußgängerwege gibt es nicht, nur Rollerparkplätze. Ein Wahnsinn.

    Nach ein paar Stunden lernt man, dass man einfach auf der Straße läuft und sich vorhersehbar bewegen muss. Dann fahren die Roller einfach an einem vorbei. Ein Schulterblick schadet trotzdem nie. Stressig bleibt es trotzdem irgendwie.

    Abgesehen von einer der beeindruckendsten Reizüberflutungen meines Lebens war der Tag unspektakulär. Zum Frühstück gabs Pho, das laotische Visum ist besorgt und die Busfahrt nach Laos morgen abend gebucht.
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  • Day 5

    Hanoi - Laos: Wie in einem Geolino-Heft

    January 31 in Laos ⋅ ⛅ 21 °C

    Wir sind noch in Hanoi und treffen uns um 15 Uhr mit Mr. Hung (Foto im Anhang) in der Altstadt. Wir gehen vor die Tür des Kaffees, an dem wir uns getroffen haben. Aufeinmal sitze ich mit meinem Daypack in der Hand und meinem 65l Rucksack auf dem Rücken hinter Mr. Hung auf dem Roller und wir rasen durch die Gassen Hanois an eine Stadtautobahn. Eine Taxifahrt später stehen wir an einem entlegenen Reisebüro, an dem in ein paar Stunden unser Schlafbus abfährt. Keine Ahnung, warum die uns hier 3 Stunden vorher abgestellt haben.

    Die Busfahrt ist überraschend bequem, die Pritschen sind leider 10cm zu kurz für mich und ich hätte lieber meinen Hüttenschlafsack mit nach oben genommen, aber naja. Nach 17 Stunden Fahrt sind wir im laotischen Muang Khua.

    Nach all den Reisestrapazen und dem Großstadtstress endlich: Ein bisschen Ruhe und Grün. Wir machen ein paar Erledigungen und buchen im Tourismusbüro des Orts eine zweitägige Trekkingtour durch den Dschungel. Ansonsten: Mittagsschlaf, Essen, Entspannen.

    Der nächste Tag beginnt recht früh, gegen 08:30 starten wir in einem Pickuptruck in tiefer in den laotischen Dschungel. Der Fahrer setzt uns nach einer Stunde ab, dann starten wir mit unserem Guide den Anstieg. Ein paar hundert Höhenmeter sind es schon, gut machbar. Es gibt viele Tiere, Pflanzen und Ausblicke zu bestaunen. Auf unserem Weg durchqueren wir ein Dorf der Akha, einem laotischen Stamm. Eine ganz verrückte Erfahrung. Das Dorf erinnert ein bisschen an das Ziegengehege des Kleinstadtzoos, in dem ich früher viele Nachmittage verbracht habe. No offense, es ist einfach so. Es ist staubig, die Hütten sind aus Holz, überall laufen Schweine, Hunde und Hühner herum. Kinder in dreckigen Fake-Dior-Shirts gucken aus den Hütten, unser Guide legt einen Stop ein. 3 Mütter und 10 Kinder stehen uns gegenüber. Wir teilen keine Sprache und ich wüsste auch gar nicht, was ich sagen soll. Ich frage, ob sie Schmuck oder ähnliches herstellen, was ich als Andenken mitnehmen kann. Sie haben nichts. Es ist wirklich beklemmend. Es macht nicht den Eindruck, als würden die Menschen hier hungern. Es ist aber mit Abstand das ärmste Dorf, was ich je gesehen habe. Hier war vor mir vielleicht mal ein Geolino-Reporter. Der wusste wahrscheinlich, was er sagen soll. Fotos hab ich quasi keine.

    Wir stapfen weiter. Tagesziel ist ein Dorf der Khmu, hier werden wir im Haus des Dorfoberhauptes übernachten. Wir sind etwa 3 Stunden zu früh, die Leute sind noch auf der Arbeit. Wir sitzen auf dem Hof, beobachten die Tiere und lesen in unseren Büchern. Das Dorf ist weniger arm als jenes, das wir durchquert hatten. Die Kinder winken uns zu und lachen. Irgendwann kommen unsere Gastgeber nach Hause und bereiten das Essen gemeinsam mit unserem Guide vor. Wir trinken Schnaps und essen gemeinsam, der Abend ist wirklich ganz schön. Aber wieder: So wirklich zu sagen hat man sich halt nichts. Kommunikation ist nur über unseren Guide möglich, englisch spricht hier niemand. Gegen 9 oder 10 geht es schlafen. Auf dem Boden liegen dünne Matten und sehr alte Decken. Das Material ist gerissen und das Futter guckt heraus. So leben in Deutschland Obdachlose. Auf dem Wellblechdach scheint ein Huhn zu wohnen. Wir ziehen uns den Hüttenschlafsack über und legen uns schlafen.

    Die Nacht ist unruhig, der Boden ist hart. Am Morgen frühstücken wir mit der Frau des Hauses und machen uns auf den Rückweg. Ziel ist die Tankstelle von Ms. Thong. Die Wanderung ist schön und eigentlich lässt ein bisschen Raum, um den letzten Tag zu verarbeiten. Was die sich wohl denken, dass europäische Touristen extra hierherkommen und in deren Schlafzimmern übernachten? Angekommen bei Ms. Thong Petroleum Service gibt es eine Tütensuppe. Es geht mit dem Truck wieder gen Muang Khua. Der Tag endet unspektakulär. Wir machen ein paar Besorgungen und bereiten die nächsten Tage vor. Morgen geht es mit dem Boot den Nam Ou hinunter.
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  • Day 8

    Nordlaos: Das Licht einholen

    February 3 in Laos ⋅ ☀️ 28 °C

    Um 09:30 startet der Verkauf von Fahrscheinen für das Boot, das uns den Nam Ou River hinunterbringen wird. Das hat uns der französischstämmige Chef des Tourirestaurants verraten, in dem wir immer essen. Franzosen gibt es in Laos übrigens viele, sowohl Aussteiger als auch Touristen. 09:30 ist an unserem Abfahrtstag eher der letzte Zeitpunkt, um noch ein Ticket zu bekommen, das Boot ist fast voll. Wir sitzen auf einem Vorsprung am Bug des Boots, das ist bei vielen Stunden Fahrt irgendwann sehr unbequem. Wir wechseln einige Male das Boot wegen Staudämmen oder Passagierumlagerungen. Die Landschaft um uns herum wunderschön und abwechslungsreich. An vielen Orten möchte man eigentlich bleiben. Nach 7 Stunden ist die Fahrt geschafft. Wir schauen uns in unserem aktuellen Zwischenziel Nong Khiaw etwas um und entscheiden uns dafür, den nächsten Tag entspannt anzugehen.

    Ich frühstücke lange und esse im gleichen Kaffee auch gleich noch mein Mittag. Danach geht es in 2 kleine Höhlen am Rand des Städtchens. Das Highlight des Tages ist aber eine kleine Sonnenuntergangswanderung, die wir uns vorgenommen haben. Der Weg geht steil nach oben und im ersten Moment denken wir, dass uns der erste Viewpoint reicht. Als die Sonne aber eine Stunde vor Sonnenuntergang hinter einem Berg verschwindet, mache ich mich an die 40 Minuten Aufstieg zum höheren Viewpoint. Eine Aufholjagd mit der Sonne, aber ich hole sie ein. Auf dem Weg ist es schon Dämmerung, oben kann ich aber nochmal einen sehr eindrucksvollen Untergang bestaunen. Die Berge stapeln sich wie 2.5 dimensional angerichtete Seitenabrisse hintereinander auf. Der schönste Moment dieser Reise bisher. Nach einer halb-dreiviertel Stunde trete ich den Rückweg auf dem dunklen Dschungelpfad an. Das ist schon ein anderer Schnack, zum Glück hab ich meine Stirnlampe dabei.

    Am nächsten Morgen ist nach 4 Stunden Schlaf eigentlich noch die Sonnenaufgangswanderung geplant. Um 4 Uhr stehen wir auf. Aber leider ist die Beschilderung so schlecht, dass wir den Aufstieg nicht finden. Ich lege mich nochmal für ein paar Stunden hin, bevor es nach Luang Prabang geht.
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  • Day 10

    Luang Prabang: Wieder Tourist

    February 5 in Laos ⋅ ☀️ 31 °C

    Ich gehe in einem lächerlich langsamen Tempo durch die Hauptstraße der Altstadt Luang Prabangs. Gerade war ich im bekanntesten Tempel der Stadt. Bis auf 2 chinesische Reisegruppen war quasi niemand da. Selbst das Kleinod Laos', Weltkulturerbe mit etlichen Tempeln, umgeben von malerischen Bergen und am Ufer des Mekong gelegen, ist noch nicht von wirklich nennenswerten Touristenfluten erfasst. Gerademal 70.000 Menschen leben hier. Herrlich entschleunigt hier. Bis auf gestern auf dem höchsten Berg der Stadt als die Sonne unterging. Hier waren extrem viele chinesische Touristen denen die Sonne im Vergleich zu ihrer WeChat Story extrem egal war. Wirklich ein dystopisches Bild, dazu noch auf einem Tempelberg.

    Weiterhin lächerlich langsam geht es Richtung Nachtmarkt. Gut, der ist auch sehr touristisch. Das empfiehlt einem hier jeder. Es gibt teilweise wirklich handgefertigte laotische Produkten, aber auch viele Fake-Nike Schlappen. Ein paar Künstler sind auch darunter. So richtig spricht mich nichts an, ich hab einige Mitbringsel auf einer Tagestour rund um Luang Prabang besorgt. Wir waren an einer bekannten Kaskade von Wasserfällen und in den Pak Ou Höhlen. Außerdem gab es noch einen kurzen Workshop zur laotischen Sprituosen mit ausführlicher Verkostung. Auf dem Mekong gab es auch noch einen ungestörten Sonnenuntergang zu bestaunen.

    Die Wasserfälle sind wirklich bemerkenswert schön. Es ist wirklich ruhig und ich unternehme eine kleine Wanderung zum Ursprung des Wasserfalls. Wirklich unberührt. Ein Fährmann bietet für umgerechnet 50ct an, mich ein Stück den Fluss hochzufahren. Er erzählt von der Sage, dass ein Hirsch das Wasser auf der Flucht vor einem Jäger entfesselt hätte, indem er den Berg mit seinem Geweih aufgebrochen hat. Die Fähre macht ein bisschen den Eindruck, als sei sie aus einem Wohnzimmerschrank gefertigt worden.

    Die Höhlen von Pak Ou beherbergen mehr als 4000 Buddhafiguren und sind quasi nur vom Mekong aus erreichbar. Der Höhleneingang zur oberen Höhle ist mystisch von Wurzeln umrankt und auch hier ist wieder gast niemand. Man kann hier sozusagen meditieren wenn man will.

    Mir gehen langsam die Übergange von meinem lächerlich langsamen Spaziergang aus. Auf jeden Fall habe ich noch einen laotischen Kochkurs besucht. Die Idee habe ich von Florence, die das in jedem Land macht. Wir besuchen einen touristenfreien Gemüsemarkt (mega) und fahren dann auf eine Art Yogaresort, bloß werden hier Kräuter angebaut und Kochkurse gegeben. Wir kochen gemeinsam mit der Chefin Linda 6 Gerichte, unter anderem mein laotisches Lieblingsgericht: Mango Sticky Rice. Ich lege es jedem wärmstens ans Herz, ich habe das Gericht bereits kilogrammweise gegessen.

    Oh - und heute war ich in einer Art besserem Zoo, spezialisiert auf Elefanten. Aber dazu mehr in einem separaten FOOTPRINT.

    Morgen geht es, wenn denn alles klappt, auf einer zweitägigen Bootstour gen Chiang Mai.
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  • Day 13

    Laos: Das Land der 1000 Elefanten

    February 8 in Laos ⋅ ☀️ 19 °C

    Was für einem moralischen Anspruch muss eigentlich eine Begegnung mit Elefanten genügen? Für Daan aus den Niederlanden, mit dem ich vor 2 Tagen beim beim Italiener "Popolo" essen war, ist die Grenze das Elefantenreiten. Check, das "Elephant Sanctuary" bietet das seit 2019 nicht mehr an. Das liegt daran, dass es inzwischen den Markt dafür gibt. Wenn man schon eine Erfahrung mit Elefanten macht, dann will man ja heute, dass es denen gut geht. Man will, dass die Tiere, mit denen man da unterwegs ist, möglichst aus Gefangenschaft gerettet wurden und jetzt quasi in Freiheit mit gewissen Vorzügen leben.

    Als ich klein war, gab es noch Löwen in Mecklenburg Vorpommern, alle paar Monate auf dem Rummelplatz in Neustrelitz. Die hatten kein schönes Leben. In europäischen Zoos siehts heute nicht groß anders aus. Das alles wird nicht für die Tiere gemacht. Tja, und das "Elephant Sanctuary", das ist vielleicht ein besserer Zoo. Den Tieren wird am Nachmittag eine 300 hektar große Fläche geöffnet, heimische Umgebung. 4 Elefantenkühe sind da. Bullen sind zu aggressiv, das kam auf Tripadvisor nicht gut an. Die Tiere sind gut genährt und haben kaum Verletzungen. Eine Kuh hat glaube ich eine kleine Wunde am Kopf. Wir füttern die Tiere und gehen mit ihnen gemeinsam ein Stück in den Wald. Später baden wir noch zusammen im Mekong. Geschlagen werden die Tiere augenscheinlich nicht, ein gewisser Drill ist schon spürbar. Dafür gibt es keine Ketten.

    Die Leute machen hier okaye Arbeit und es geht den Elefanten hier besser als ich es mir an den meisten anderen Orten in Laos vorstelle. Der Kontakt ist intensiv. Die Tiere mögen mich, sie kommen immer wieder zu mir und kuscheln. Das fühlt sich an wie ein Ritterschlag der Sanftmütigkeit.

    Frei lebende Elefanten gibt es hier kaum noch. Früher haben in Laos wohl eine Million Elefanten gelebt, heute sind es noch etwa 1000. Das liegt unter anderem daran, dass Laos zu den am stärksten verminten Ländern der Welt zählt. Als Vorhof von Vietnam hat man auch hier tiefe Wunden davon getragen. Der Dschungel ist nicht so unberührt, wie es den Anschein macht. Brandrodungen haben große Teile des Waldes vernichtet. Auf den gerodeten Flächen wird Landwirtschaft betrieben. Im Norden hat uns der Guide erzählt, dass die Erträge größtenteils an "the company" gehen. "The company" ist chinesisch. Und nicht nur the company ist chinesisch. Auch die Staudämme auf dem Nam Ou und sonstwo. Im Elephant Sanctuary ist auch ein zwielichtiges Pärchen aus Kanada dabei. Der Mann arbeitet in der Ölindustrie und hat auch an den chinesischen Staudämmen mitgearbeitet. Er erzählt mir, dass 70% der erzeugten Energie nach China geht. Irgendwie fair, irgendwie auch nicht. Ich trinke mit ihm ein Bier im Pool und nicke, als er sagt, dass die hunderten toten Seehunde, die ich letztes Jahr am chilenischen Strand hab liegen sehen, genauso vor 500 Jahren dort hätten liegen können. Meine Güte, der Mann hat auch Urlaub.

    Für Laos heißt es beim Thema China wohl einfach kooperieren oder untergehen. Daan aus den Niederlanden zeigt mir ein Video aus der letzten Nacht. Normalerweise ist der einzige Ort Luang Prabangs, in dem es nach 23 Uhr noch Bier gibt, die "Bowling-Valley" oder so. Ein paar Laoten haben Daan und seine Kumpels aber von dort aus mit in einen Club genommen, der auf westlichen Karten nicht stattfindet. Im Video sieht man breitbeinige Chinesen an runden Tischen, auf denen teurer Alkohol steht. Ein Land wie Laos kann gegen all das nicht viel aufbieten, schon gar nicht gegen die chinesische Mafia. Nur 7 Millionen Menschen leben hier.

    Zurück nach China gehts für die Kollegen übrigens wahrscheinlich mit dem Schnellzug, der von China aus bis zur Hauptstadt Laos' reicht. Richtig, der ist auch in chinesischer Hand und mit Sicherheitsvorschriften versehen, die westliche Flughafenkontrollen alt aussehen lassen.

    So sieht die Neue Seidenstraße also in der Realität aus. Mit den Staudämmen verändern sich die Handelsrouten und Lebensrealitäten der Stämme im Norden. Ob das den Laoten am Ende was bringt, wird sich zeigen. Aktuell steckt Laos in einer tiefen Krise und man würde mehrheitlich amerikanische Fremdherrschaft bevorzugen. Und die Amerikaner sind für die viertel Milliarde Landminen im Dschungel Laos' verantwortlich.
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  • Day 16

    Laos - Nordthailand: Slow auf dem Mekong

    February 11 in Thailand ⋅ 🌙 22 °C

    Es gibt so crazy Zwischenräume in der Welt. Flughäfen gehören dazu und Grenzübergänge. Das sind so Räume, in denen man manchmal 3 Stunden rumsitzt ohne das einem jemand sagen kann, wies weitergeht oder wie lange es noch braucht. Und man nimmt es einfach schulterzuckend hin und kauft sich vielleicht ein kleines Wasser für 5€. Heute um 16 Uhr saß ich auf dem Grenzübergang zwischen Laos und Thailand. Ein Tuktuk hat mich hingebracht, der Fahrer zeigt auf den Schalter und geht. Dann eine halbe Stunde sitzen. Ein Typ kommt auf mich zu und nimmt mir das Zettelchen ab, das mir die Rezeptionistin heute morgen verkauft hat.

    2 Wochen bin ich jetzt in Asien und es fällt mir schwer, die Erlebnisse zusammenzuhalten. Die letzten 2-3 Tage haben mich ein bisschen zur Ruhe kommen lassen. Mit dem Slowboat von Luang Prabang den Mekong hinauf. Das Ziel ist Chiang Mai in Nordthailand. Hört sich erstmal unnötig an, 10% der Zeit hier für einen einzigen Ortswechsel zu verwenden, oder? Ist es gar nicht. Zeit, ins Wasser zu schauen, Dörfchen und Vegetation am Flussufer zu beobachten und in Ruhe zu lesen. Und was wäre denn die Alternative? 24 Stunden am Stück im Bus oder einmal schnipsen und aus dem Flugzeug steigen. Ich bleib lieber unten im Dschungel. Was für eine tolle Sache, Laos fast nur auf dem Wasserweg bereist zu haben. Einen Übernachtungsstop gibts in Pak Beng. Das chinesische Neujahr sorgt in Laos für hohe Preise und eine bedenkliche Auswahl an Schlafplätzen. Eher Knast als Urlaub. Ich check mein überteuertes Bett auf Ungeziefer, hätte ich was gefunden, hätte ich draußen geschlafen, kein Witz.

    Slowboats sind ein sehr schönes Transportmittel. Die Eigentümer scheinen darauf auch zu wohnen, immer wieder sieht man an den Häfen die kleinen Küchen, in denen eifrig gewerkelt wird. Im Passagierraum gibt es einen kleinen Snackladen, auch Kaffee, Obst und Tütensuppen gibts hier. Ein Tag Slowboat fahren kostet umgerechnet 9€. Es dröhnt ganz schön, aber mit Noise Cancelling Kopfhörern gehts sehr gut. Hinten ist die inoffizielle Raucherlounge, also lieber in die Mitte setzen. Ansonsten stehen ausrangierte Bussitze als Sitzplatz zur Verfügung.

    Gestern abend bin ich in Huay Xai an der thailändischen Grenze angekommen, eine Kleinstadt, die Thailand mit dem laotischen Dschungel verbindet. Ups, ist ja noch gar nicht Chiang Mai. Egal, zufällig ist hier das Büro von der "Gibbon Experience", mit denen hatte ich schon Mailkontakt. Leider ist das für die nächsten Wochen komplett ausgebucht, ich hatte von dem Angebot erst zu spät erfahren. Auch vor Ort gibts gerade keine Lastminute-Stornierungen. Schade, das ist wirklich ein absolutes Hammerprojekt und ein sehr guter Grund, wiederzukommen. In jeder Hinsicht eine nachhaltige und naturnahe Erfahrung.

    Ich hab wenig Lust, nach 2 Tagen Slowboat direkt wieder eine tagfüllende Busfahrt abzusitzen und bin heute erstmal ins thailändische Chiang *Rai* gefahren statt direkt nach Chiang Mai. 2 Stunden sind das. Ich bin richtig gespannt auf die kommenden Wochen, die etwas weniger reiseintensiv und weniger ursprünglich werden dürften als das erste Drittel. Es gibt übrigens doch noch ein Gericht, das dem laotischen Mango Sticky Rice den Rang abgelaufen hat: Laab. Extrem gut gewürztes Fleisch mit Gemüse, dazu Reis, leicht scharf.
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  • Day 16–18

    Chiang Rai: Kush oder Kitsch

    February 11 in Thailand ⋅ 🌙 19 °C

    Die Backpackerhostels, die überall auf der Welt exakt gleich sind, haben mich wieder. Tschüss Mengingokokken, hallo Festivalbändchen und Dreadlocks.
    Am ersten Abend in Chiang Rai schlender ich ein durch die Gässchen und probier ein bisschen von dem Weed, das hier aktuell legal ist. Shit, das war zu viel. Ich verlasse den Pizza Hut an einer der Hauptstraßen und bin mir nicht zu 100% sicher, auf welcher Bewusstseinsebene sich der musizierende und schillernde Glockenturm in mitten eines Kreisverkehrs abspielt. Es war aber einfach nur ganz normaler Thai-Kitsch, so heftig waren die 2 Züge dann auch nicht.

    Allgemein frag ich mich aber, warum ich nicht öfter geprüft hab, ob ich gerade träume. Das kann man relativ einfach tun, indem man seine fünf Finger zählt. Wenn sie ineinander wachsen oder so, träumt man wahrscheinlich gerade. Am nächsten Tag bin ich nämlich mit Ella aus meinem Hostel auf Tempeltour. Weißer Tempel, blauer Tempel und die 90m große Riesenstatue der Barmherzigkeitsgöttin. Deutsche Freizeitparks können sich hier viel abgucken, wenn sie wollen. Im weißen Tempel sind Bilder von Pikachu, 9/11, Harry Potter und Spiderman am die Wand gemalt, kein Witz. Und allgemein strotzen die Tempel nur so vor Übertreibungen, Überladungen und einer allgemeinen Abwesenheit von Stilbewusstsein. Siehe die Augen des Rosenelefanten. Oder den Rosenelefanten im Allgemeinen. Oder den Eingang des weißen Tempels, der einen penetrant dazu antreibt, weiterzugehen. Ich bin mir nicht sicher, ob die das einfach nur für Touristen machen, oder ob das Alles wirklich ernstgemeint ist. Es macht auf jeden Fall wirklich Spaß. Tja, das wars schon. Nächster Stop ist Chiang Mai. Ein Knotenpunkt dieser Reise.
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  • Day 18

    Chiang Mai: Ausgenordet

    February 13 in Thailand ⋅ ⛅ 33 °C

    Das Spülbecken ist ungewöhnlich tief. In Hostels spült man seinen Kram selbst ab, auch um 2 Uhr nachts. Da fällt auf, wie laut das eigentlich ist. Eben war ich noch mit Elaine Cocktails trinken und hab sie in ihr Hotel gebracht. Ich hab sie heute morgen beim Ziplining im Dschungel kennengelernt. Für eine Südchinesin ist sie wohl gar nicht so klein, ihre Ohren sind aber kaum größer als meine Fingernägel (okay, das war ein Witz). Michael Ende hat trotzdem nicht übertrieben.

    Das war ein richtig interessanter Abend. Ich hab mich noch nie länger mit Chinesen unterhalten. Und wir reden viel über unsere Werte, Ost, West und Imperialismus. Eine kurze Freundschaft.
    Die Cocktails werden uns von einem extrem offen schwulen Südthailänder gebracht. Er hat ein kleines Krönchen auf, seine Handgelenke sind immer angewinkelt und er lacht gelegentlich schrill auf. Elaine fragt mich, ob ich denke, dass er schwul sei. Sie glaube nicht. Wir kehren um und bekommen die Antwort: "Ahhhhh.. Yess." - alle Zähne sind zu sehen.
    Nächsten Abend gehen wir Hotpot essen. Elaine schwärmt davon. Sie sucht einen Pot aus, der auch eine nicht-scharfe Hälfte bietet. In der kochenden Suppe werden Darm, Herzarterien und Pilze quasi in Raclettemanier gekocht. Ich esse fast nur scharf und bereue es am nächsten Tag. Unserem Barkeeper statten wir noch einen zweiten Besuch ab.

    Das Ziplining hatte ich als Ersatzprogramm für die Gibbonexperience gewählt. Zumindest durch den Dschungel fliegen. 1km ist die längste Zipline, in meinem Gedächtnis ist davon nur ein verruckeltes Bild in schwindelerregender Höhe geblieben. Auch einen "Rollercoaster" gibts. Der besteht quasi aus einer gebogenen Leitplanke, an der man in recht hohem Tempo an den Armen hängend zwei Minuten durch den Dschungel geschleudert wird. Halt eine Art Freizeitpark im Wald, wars aber wert.

    Die Tempel Chiang Mais sind wieder viel sakraler als bei seinem Nachbarn. Der kleine Buddha im Turm hat viel mehr Strahlkraft eine 90m hohe Statue. Tiefe Paukenschläge untermalen die Szene.
    Zwei weitere Tempel entdecke ich auf einer Wanderung, die am Stadtrand startet und in die westlich gelegenen Berge führt. Wunderschön ist der Tempel auf halber Höhe, bedeutsam ist der höhere. Hier gibt es auch eine Meditationsschule. Ich komme genau zu einem öffentlichen Gebet der Mönche an. Irgendwie auch komisch. Touristen, die mit Fantaflaschen in der Hand die Rituale dieser Weltreligion beobachten. Tja, die Meditationsschule sieht ein bisschen so aus wie die Judohalle vom Polizeisportverein Neustrelitz damals. Passt auch irgendwie total, da nicht die ganze Zeit im Anschein wahnsinnigen Prunks sitzen zu müssen und innere Ruhe zu üben.

    Heute wollte ich eigentlich noch thailändisch kochen lernen, habe aber spontan beschlossen, schon jetzt in den Süden aufzubrechen. 2 Wochen liegen hier noch vor mir. Genug, um nochmal in eine neue Welt einzutauchen. Ich hab langsam genug vom Norden. Aus Gründen, die ich mir auch gerade nicht mehr erklären kann, habe ich mich gegen einen 300€ teuren Flug entschieden und für eine 13 Stunden lange Nachtfahrt in der 3. Wagenklasse für 11€ nach Bangkok. Erste und zweite Wagenklasse waren ausgebucht. Morgen mittag gehts mit dem Flugzeug weiter nach Trang, 59€. Was fürn Scheiß. Ich bin sozusagen Opfer meiner eigenen Planlosigkeit und meines eigenen Geizes.
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  • Day 22

    Chiang Mai - Südthailand: Brechstange

    February 17 in Thailand ⋅ ⛅ 32 °C

    Das Gegenteil davon, mit einem Slowboat zu fahren, ist vielleicht das, was ich in den letzten 26 Stunden gemacht hab. 13 Stunden mit dem Schnellzug nach Bangkok, 3. Wagenklasse. Huiuiui. Selbst die ist sehr gut ausgelastet und es kommt den Erzählungen zur ehemaligen deutschen Holzklasse recht nahe. Nur 4er Gruppen, immer 2er Bänke. Nicht auf Komfort ausgerichtet. Aber die Brücken zwischen den Wagen sind an der freien Luft. Ich hab noch meine Blunts aus Chiang Rai und Su, Alex und ich rauchen einen. Wenn man ChatGPT dazu auffordern würde, ein Bild von Backpackern zu generieren, würden genau Alex und Su rauskommen. Sie ist Türkin, er Niederländer und die beiden haben eine Trommel dabei, kein Witz. Su verdient ihren Lebensunterhalt mit dem Verkauf von selbstgemachten Armbändern und Ketten und reist rum. Richtig krass, auch wenn das halt einfach so ne typische Backpackergeschichte ist. Ich kauf ihr ein paar ab, ist zumindest mal wirklich handgemacht und außerdem hab ich noch nie von einer derart fliegenden Händlerin gekauft. Ich hab nur mal vom Pilgerwolf einen Stempel auf dem Jakobsweg bekommen. Der Pilgerwolf ist ein Opa, der permanent auf den Jakobswegen pilgert. Man bekommt seinen Stempel nur, wenn man ihn zufällig trifft. Und jetzt hab ich noch ne Kette mit einer kleinen Feder für mich und ein paar schöne Mitbringsel. Alex gibt mir einen Tip für eine Insel, die ich besuchen soll. Ko Lanta. Hier sitz ich gerade am Strand, esse ein Fischfilet und schreibe meinen Footprint. Bis ich hier ankomme, muss ich aber noch ein paar Stunden überstehen.

    Um 06:30 komme ich am Flughafen in Bangkok an. Ich konnte insgesamt 2 Stunden oder so schlafen, mit Unterbrechungen. Mein sehr breit gebauter Sitznachbar ist gegen 01 Uhr ausgestiegen. Ich kann mich nicht erinnern, jemals so säuerlich gerochen zu haben. Die Kunstlederbänke, der permanente Luftzug, die Temperatur, ein sehr kräftiger Oberschenkel an dem meinem. Und halt einfach 13 Stunden Zug. Pah. Ich geh zu einem Hostel, dusche und lege mich nochmal für 3 Stunden hin. Das war richtig gut. Die Gegend rund um den Flughafen ist krass. Tempel und Slums, ungewohnt.
    Um 14 Uhr komm ich in Trang an. Eine größere Stadt im Süden, touristisch eher unbedeutend. Ich weiß noch nicht, wies weitergeht, aber in der Flughafenhalle steht eine Frau die mir für 15€ einen Platz im Minivan für Alex' Insel anbietet. Also nochmal 3 Stunden. Aber? Es hat sich gelohnt. Das Fischfilet ist richtig gut und ich bin pünktlich zum Sonnenuntergang am Strand. Das ist hier wirklich so eine Art Paradies. Ich freu mich auf einen Abschnitt der Reise, die weder in einfachsten Unterkünften noch in lauten Städten, sondern an Stränden, in Buchten und in wohliger Behütung stattfinden.

    Vielleicht wird das ja einfach meine Art Urlaub, ich hab das so noch nie so richtig gemacht. Einfach auf einer Insel am Strand. Hätte ich mir Laos sparen können. Letztes Jahr konnte ich noch ein paar Leute mit meinem bolivianischen Tattoo überraschen, vielleicht ist die Quarterlifecrisis aber langsam einfach vorbei.
    Aber dann denke ich an die jungen Eltern und die alten Ehepaare, die auch in den Nussschälchen auf dem Nam Ou River saßen. Oder an den Pilgerwolf. Vielleicht gehör ich ja auch zu diesen Menschen, die für immer getrieben und neugierig bleiben. Hilfreich wärs auf jeden Fall bei den beginnenden Massenentlassungen in der IT.
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  • Day 22

    Ko Lanta: Eine einzige Terrasse

    February 17 in Thailand ⋅ ⛅ 27 °C

    Manchmal ist der Grind im Leben echt hart. Ich war bis Januar anderthalb Jahre in einem Projekt, das einfach sehr viel Raum eingenommen hat. Mir flimmert dann immer so ein Bild durch den Kopf. Aperol Spritz auf einer Terrasse trinken, die Sonne knallt und man schaut in die Ferne. Stattdessen Donnerstag Abend um 22 Uhr nochmal einloggen und irgendwas implementieren.

    Oh man, Ko Lanta ist einfach eine einzige Terasse. Ich hab in meinem Bungalowdörfchen gestern abend noch Marie und Maren kennengelernt. Marie hat einen Kölner Dialekt und wirkt insgesamt so, als könnte sie ein gutgelaunten Schnapsbar für halbverlorene Seelen betreiben. Sie raucht seit 10 Jahren ununterbrochen täglich Gras. Das sprengt jeden Referenzwert, dem ich live begegnet bin. Sie und Maren haben sich für anderthalb Jahre frei genommen und chillen einfach nur. Anderthalb Jahre Wochenende, kaum begreifbar. Die beiden sind ein bisschen auf Ko Lanta hängengeblieben und schwärmen vom Iced Coffee beim 7/11. Krass, dass DAS wirklich eine der Topempfehlungen für die Insel ist. Außerdem legen sie mir noch ans Herz, einen Roller zu mieten. Und Marie erzählt im nächsten Atemzug, dass sich ein Kumpel von ihr vor 2 Tagen das Schlüsselbein beim Fahren gebrochen hat. Allerdings ist er wohl 100 gefahren und war betrunken.

    Naja, ich probiers am nächsten Tag mal mit dem Rollerfahren. Das ist für mich ein großes Ding, weil ich seit meiner Führerscheinprüfung vor etwa 10 Jahren nichts motorisiertes mehr gefahren bin. Seit ich 4 oder so bin habe ich den wiederkehrenden Albtraum, dass die Bremse nicht funktioniert und ich am Steuer sitze. Rollerfahren stellt sich aber als gar nicht so schwer heraus, auch der Linksverkehr ist okay, weil man im Wesentlichen eh nur eine Straße langfährt. 5 Euro beträgt die Leihgebühr für einen Tag. Und es lohnt sich. Einfach eine unendlich schöne Küste entlangfahren, unter Palmen bei 32°C. Weiß nicht, wann ich das letzte Mal so viel Spaß hatte. Affen, Hühner und Kühe sitzen auf der Fahrbahn. Ich fahr einfach ans Südende der Insel, da ist ein kleiner Nationalpark und ein Leuchtturm. Traumhaft, wirklich. Ich gehe eine 1 stündige Wanderung durch den Dschungel ab und fahre dann wieder an der Küste zurück. Zwischendrin teste ich die verschiedenen Strände, trink ein paar Wassermelonenshakes hör ein bisschen meine Podcasts und lese.
    Dazu der gegrillte Fisch und dass es hier einfach Gras an jeder Ecke gibt. Das ist sogar noch besser als Aperol Spritz.
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