- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Day 107–108
- October 11, 2024 at 10:56 AM - October 12, 2024
- 1 night
- ☀️ 9 °C
- Altitude: 55 m
GermanyStaatsforst Spießingshol52°25’58” N 9°23’21” E
Hagenburg

3.028 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 176 km/ Gesamt 367.446 km / Ø121,34 km)
Parkplatz
31558 Hagenburg / Steinhuder Meer
Deutschland
Halb acht. Die Begrüßung an der Infohaltestelle lautet, Willkommen in Hagenburg. Die Nacht war wieder kälter, in den frühen Morgenstunden kommt Hundeschnauze kuscheln unter der Bettdecke. Ihre Nase ist eisig, das Fell frisch. Sie schläft ein, und ich wache auf.
Luftholen, wirbt die Stadtverwaltung. Das machen wir tatsächlich bei guten Freunden, die uns hier aufnehmen, bewirten und stärken, in vielerlei Hinsicht. Kommt einfach rein, wir freuen uns auf euch. Das ist keine Floskel, sondern eine herzliche Einladung. Du kannst, aber du musst nicht, fühlt euch wohl.
Die eine kommt aus der Nachtschicht, die beiden anderen gehen früh zur Arbeit, denn Kindergarten ist ja auch schon anstrengend. Alle drei sagen uns Tschüss bis zum nächsten Mal. Leben ist halt so. Ein Kommen und Gehen. Und irgendwann ein Bleiben.
Luftholen. Hilde schaut mich oft ganz intensiv an, während wir Haus sind. Erst später im Bus entspannt sie, das ist ihr Zuhause, hier kommt alles in Ordnung. Ihr Verhalten ist rätselhaft, denn wir sind hier gern gesehene Gäste. Und wenn sie mich so intensiv betrachtet, dann geht etwas in ihrem Kopf vor, dass sie nicht alleine lösen kann. Merkwürdig.
Wir kommen aus Braunschweig, haben uns morgens von meinem Sohn verabschiedet, es regnet immer noch. Aber es ist warm. Und wir sind früh beim Schafsbauern in Söhlde aufgestanden. Am Stadtrand kenne ich einen ruhigen Ort fürs Frühstück, zur Straße hin wird ein Platz gepflegt, an dem ein Mensch gestorben ist. Ein Windrad, Blumen, ein Stundenlicht, ein Vater, ein Freund, ein Mann. Ein unbeachteter Moment, ein bisschen zu schnell in der Kurve, vielleicht war die Straße auch glatt gewesen.
Und jetzt frühstücken wir dahinter, das Leben geht weiter, sagt man. Irgendwann hat keiner mehr Zeit für ein Kreuz, dann bleibt nur der Raum übrig, der Mensch im Herzen, die Erinnerungen. Ich lese lange, Hilde schläft. Dann kommt die Sonne raus, wir machen einen kleinen Spaziergang, fahren weiter.
Stift Steterburg ist mir völlig unbekannt, obwohl es in der Nachbarschaft steht. Das ist bemerkenswert zu erleben, wie ich jahrzehntelang einfach Orte ignoriert habe, die mir heute ins Auge springen.
"Ein im Jahre 1001 gegründetes Damenstift trat an die Stelle der unmittelbar daneben liegenden frühmittelalterlichen Steterburg. Die ältesten noch erhaltenen Gebäudeteile stammen aus dem 11. Jahrhundert...
1938 baute die Wohnungs AG der damaligen Reichswerke (heute Salzgitter AG) in die Stiftsgebäude 24 Großwohnungen ein. Weitere umfassende Modernisierungen wurden in den 60er Jahren durchgeführt."
https://www.salzgitter.de/tourismus/sehenswerte…
Man spürt die Anwesenheit eines bewohnten Viertels, während die baulichen Elemente der Vergangenheit mich sehr faszinieren. Der Torbogen zwischen den Gebäuden führt in einen fernen Garten und mich für einen Moment in ein weites Gestern.
Die Harsumer Kirche sticht rein baulich aus dem Städtchen heraus, sodass ich sie mir anschauen möchte. Kirchen wecken nicht aus religiösen Gründen mein Interesse, sondern als bauliche Elemente. Sie tragen Geschichte in sich und sicherlich auch viele Erinnerungen.
Ich verstehe historisch wenig, aber meine Phantasie reicht aus, um mich auf ihre Ausstrahlung einzulassen. Anders kann ich das nicht erklären. Ob Gott in ihnen wohnt, so wie man das landläufig zu sagen pflegt, weiß ich nicht. Es ist sicherlich möglich, Ihm dort zu begegnen, aber Er ist auch im blauen Bus mit uns unterwegs.
Kirchen springen mir halt ins Auge, wie Rehe übers Feld. Und wenn man im Steinhuder Land unterwegs ist, dann übersieht man nicht das Schild der Sigwardkirche, ein Bauwerk der Romantik, mitten im kleinen Ort Idensen, nicht fern der hohen Abraumberges, der schon zu Hälfte zugewachsen ist.
Plötzlich ist sie gleich rechts neben mir, hinter den Häusern wartet die Kirche sozusagen auf ihre Besucher. Die Nachbarn haben einen offenen Garten, der in den Kirchgarten hineinzugehen scheint, ihre Rosen geben dem alten Gemäuer einen Hauch von Leben und Liebe.
Ein solche Kirche muss einen Freundeskreis haben, der die Geschichte ins Heute pflegt. Und so finde ich auf ihrer Homepage gute Informationen.
"1129 Fundamentlegung der Kirche und erste urkundliche Erwähnung in einer Schenkungsurkunde. Ihre ursprüngliche Zweckbestimmung war Hof- bzw. Eigenkirche und auch Grabeskirche des Bischofs Sigward von Minden (1120-1140).
1129-1134 Als Eigenkirche (Hofkapelle des Vorwerks) und Grabeskirche des Bischofs Sigward von Minden errichtet. Geweiht der heiligen Ursula und den elftausend Jungfrauen am 21. Oktober 1134. Eine Reliquie der Ursula befand sich im Hauptaltar. Der Glockenstuhl erhält die erste Glocke.
1133-1140 Entstehung der Raumausmalung mit Lasur- und Temerafarben in Fresko- und Secco-Technik
1140 Beisetzung Bischof Sigwards in der Kirche. Todestag: 28.04.1140..."
https://www.sigwardskirche.de/index.php/bauwerk…
Hier finden sich alle weiteren Infos inklusive der Bilder und Videos aus dem Gebäudeinneren. In naher Zukunft findet dort ein Konzert statt, ich füge einen Screenshot bei, vielleicht findet das jemand interessant genug, um dabei zu sein.
Als Hilde auf dem heutigen Frühstücksplatz eine Passantin mit Hund anbellt, und auch erst aufhört, als ich schimpfe, um mich dann vorwurfsvoll mit großen Augen anzuschauen, fällt mir ein, dass sie mich schon einmal vor einigen Monaten so besonders betrachtet hat.
Ich meine fast, es sei auch in einer ähnlichen Jahreszeit gewesen, sodass ich mich frage, ob sie spürt, dass die kalten Temperaturen mir zusetzen, und sie meint, dass sie jetzt besonders auf mich aufpassen muss. Jedenfalls ist große Nähe angesagt und tiefe Atemzüge.
Aktuell sind wir auf dem Weg zum Dollart. Unsere Reiseroute von dort findest du als Photo. Begegnungen sind das Salz in unserer Suppe des Reisens.Read more