- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Day 114–115
- October 18, 2024 at 11:09 AM - October 19, 2024
- 1 night
- ☁️ 14 °C
- Altitude: 8 m
GermanyHohenkirchen53°39’55” N 7°55’41” E
Hohenkirchen

3.035 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 100 km/ Gesamt 368.185 km / Ø121,31 km)
Wohnmobilstellplatz
26434 Hohenkirchen/Wangerland
Deutschland
Jeder Tag beginnt anders. Als ich aufwache, bin ich überrascht, fast fünf Stunden ununterbrochen geschlafen zu haben. Entsprechend gut gelaunt, sind wir schon früh unterwegs, während sich der Nebel erst langsam vom See erhebt. Das Gras ist triefend nass und die Nachbarn schlafen noch. Mit Ausnahme der Mücken, die uns umschwirren, allerdings noch ein wenig träge wirken.
Die Sonne zeigt ihre erste Rötung am Himmel, während der Mond überm Schilf sich langsam schlafen legt. Wir sind noch einmal nach Hochkirchen zurückgefahren für die Nacht, weil sich keine bessere Möglichkeit für die Übernachtung ergeben hat. Dieses Mal stehen wir am anderen Ende des Platzes im Schutz eines schrägen Hanges, über dem in der Nacht der Mond auf uns scheint.
Die letzten Nordseehäfen liegen vor uns, irgendwo in der Gegend habe ich vor zwanzig Jahren Urlaub mit meinen Kindern gemacht, vor 8 Jahren am freien Hundestrand mit kostenlosem Parkplatz ein junges Paar getroffen, dass das Glück gesucht haben. Heute, und das überrascht mich sehr, deckt sich keine meiner Erinnerungen mit der Realität. Wir fahren durch gänzlich fremdes Land.
Und es ist nicht so, dass ich ein schwaches Gedächtnis habe, eigentlich finde ich schöne alte Plätze wenigstens ansatzweise wieder. Aber heute zwischen Horumersiel und Hooksiel ist mir nichts bekannt. Weder die katholische Walkirche, noch der Stellplatz am Meer, oder den gelben Leuchtturm hinterm Strand.
Vom Hafen in Hooksiel führt eine kleine Straße hinterm und in Gegenrichtung über den Deich durch eine landschaftliche Oase von Grün, Ruhe, Schafen und Meer. Selbst die Radfahrer in bunter Regenbekleidung unten am Wasser passen sich der Atmosphäre an.
Hilde ist neugierig ob der bewegten Bilder vor ihren Augen, bei den langsamen Schafmovings braucht sie längere Zeit, bis sie den richtigen Zusammenhang versteht, und bellend ihre Begeisterung ausdrückt.
Wilhelmshaven liegt vor uns, aber zuvor zieht mich das Wort 'Jade Weser Port' an, ohne dass mir bewusst ist, dass wir uns hier dem einzigen Tiefseehafen in Deutschland nähern. Dass das Industrie im großen Ausmaß, inklusive Umweltverschmutzung, ausmacht, wissen auch die Schafe nicht, die die dampfenden Schlote umgrasen, was dem Ganzen einen milden Touch zu geben scheint.
Aber die Worte sprechen klare Sprache. Wilhelmshaven Tank Terminal, Ölraffinerie, PVC Product Center, Nordfrost. Ist hier nicht auch das vielgerühmte Gasterminal.
"JadeWeserPort wird strategisches Drehkreuz für den weltweit größten Hafen in China
Deutschlands einziger Tiefwasserhafen"
https://www.jadeweserport.de/
Und noch eine Besonderheit historischer Geschichte findet sich unweit des Hafens im Stadtteil Voslapp, wie Wikipedia erzählt. "Voslapp ist ein Stadtteil der niedersächsischen Stadt Wilhelmshaven. Als musterhafte NS-Wohnstadt für Arbeiter der Kriegsmarinewerft wurde sie ab 1938 von der eigens gegründeten Wohnungsbaugesellschaft JADE auf eingedeichtem Land am Westufer des Jadebusens gebaut."
Wir sind auf dem Weg zu einer besonderen Gedenkstätte, die gleich hinter dem Ölhafen zu finden ist.
"Die Stadt Wilhelmshaven präsentiert mit der Erinnerungsstätte "Seefrieden" einen Ort, Seebestatteten zu gedenken. Diese an der Nordsee einmalige Anlage mit Blick auf das Meer ist eine Stelle der Ruhe, der Begegnung und Erinnerung. In die Namensschilder aus Edelstahl sind der Name des Bestatteten mit den Geburts- und Sterbedaten sowie die Koordinaten der Seebestattung eingraviert. Vor Ort ist eine Seekarte zur Bestimmung der Beisetzungsstätte vorhanden."
https://www.tbw-whv.de/technische-betriebe/stad…
Da machen sich die Schafe auch wieder ganz gut und beruhigend, denn der Blick von der Stätte aus übers Wasser umfasst nicht nur den Jadebusen, sondern auch die Ladeterminals des riesigen Hafens. Hier fließt die Weser ins Meer, am anderen Ufer ist das Budjadinger Land mit dem bekannten Ort Tossens am Wasser, zu dem er seine Gäste an den gleichen Strand lockt, auf dessen anderer Seite der Tiefseehafen liegt. Luftlinie höchstens zehn Kilometer. Aber ich habe schon Menschen viel näher an Industrieanlagen baden gesehen.
An einem Stück des Innenhafens von Wilhelmshaven fahren wir noch vorbei, bevor wir ins Landesinnere abbiegen. Helgolandkai bleibt mir in Erinnerung, da wollen wir am nächsten Tag starten. Stimmt, da gibt es ja auch noch eine Insel, die weiter draußen im Meer liegen soll. Sie wird mir persönlich wohl für immer verborgen bleiben.
Was auch nicht schlimm ist, werde ich doch so vieles in der Welt nie gesehen haben. Stattdessen ist mir so vieles begegnet, was anderen Menschen verborgen bleibt. So trägt jeder Mensch besondere Erfahrungen nur in sich, die sich anderen nicht erschließen werden. Wir haben immer nur Schnittmengen miteinander, deren Flächen größer oder kleiner sein mögen. Das macht unser Leben so spannend. Und lässt uns Raum, um voneinander zu lernen, uns gegenseitig zu stärken.
Mittlerweile ist der Vormittag weiter gewachsen, wir teilen uns ein Stück Ziegenkäse, die Sonne hat ein paar Wolken um sich geschart. Ich habe ein schönes Konzert von Ry Cooder aus dem Jahr 1987 gehört, Hilde hat geschlafen, wir sind zufrieden mit unserem kleinen Leben, das uns nicht alles gibt, aber vieles schenkt.Read more