• Sievern

    Oct 22–23, 2024 in Germany ⋅ ☁️ 10 °C

    3.039 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 94 km/ Gesamt 368.563 km / Ø121,27 km)

    Landvergnügenhof
    27607 Sievern/Geestland
    Deutschland

    Eine meiner ersten Handlungen am Morgen dient dem Anziehen der Stützstrümpfe, wenn ich sie denn mal am Abend überhaupt ausgezogen habe. Und weil dies eine so konzentrierte, mühsame Aufgabe, vorgebeugt über den Bauch nach unten in den Fussraum hinterm Beifahrersitz, ist, vermeide ich das möglichst oft.

    Socken anziehen ist ähnlich mühsam, aber sie sind locker und nur kurz, reißen nicht so schnell, und gehören zu den letzten Kleidungsstücken vorm Rausgehen. Stützstrümpfe machen mir klar, wie ungelenk ich bin, dass der Bauch dick geworden ist, mir der Rücken schmerzt und auf die Brust über die Bänder drückt. Sie spiegeln mir mein Alter vor, meine körperliche Unbeweglichkeit, die mögliche Endlichkeit solcher Tätigkeiten.

    Auch den Wunsch mir doch dabei helfen zu lassen, ein Stück mehr meiner Selbstständigkeit, die Voraussetzung des Lebens im blauen Bus ist, aufzugeben. Also ziehe ich sie nur alle drei, vier Tage über Nacht aus, und weiß, vor über einem Jahr habe ich mir darüber viel weniger Gedanken gemacht.

    Zeitgleich steckt in dem Wissen eine Herausforderung, nicht aufzugeben, etwas dagegen zu setzen, mich nicht den Gegebenheiten hinzugeben. Eine Niederlage, so weiß ich es aus meiner sportlichen Vergangenheit, ist nicht problematisch, wenn du bis zum Ende dich gewehrt hast, das Beste deiner Fähigkeiten geben konntest.

    Wenn der Morgen so startet, kann der Tag nur gut werden. Sobald wir den ersten Spaziergang machen, verabschieden sich die Rückenschmerzen, und wenn ich mir vorher ein bisschen Wärme gönne, wird es auch im Bus angenehmer. Tatsächlich sind wir gestern abend in Wremen über eine Stunde auf den Wiesen vorm Meer spazieren gegangen.

    Und weil das vom Schlafplatz nur 12 km entfernt ist, versuchen wir das zu wiederholen. Hier auf dem Hof mitten im Ort ist Spazierengehen leider deutlich eingeschränkt, aber früh am Morgen lässt sich Hilde auch darauf ein, weil Rückkehr Frühstück bedeutet, und hungrig ist sie eigentlich ständig.

    Erst mittags sind wir gestern aufgebrochen, mit der Fähre in Brake die Weser überquert, und dann langsam nordwärts flussabwärts gereist durch Dörfer bunter, schöner Häuser, teilweise in hübscher, herbstlichroter Bemalung.

    Bremerhaven on the coastside - siehe mein Reel auf FB und Instagram - müsste man eigentlich mit dem Rad machen, und so entdecke ich dann auch einen 'Man in Black' von der Weserfähre kommen. Rad, Taschen, Kleidung, alles in Schwarz. Ein bisschen wie ein Trauerzug mit zwei Rädern, wirkt er unnahbar und fremd. Vermutlich ist es der lustigste Mensch, der mir seit langem begegnet ist, aber leider haben wir nicht die Gelegenheit, dies herauszufinden.

    Weder am Ochsenturm, den Überresten einer Kirche auf einem kleinen Friedhof nahe am Meer, noch in Wremen begegnet er uns wieder. Dafür spricht uns ein Mann in Blau an, der im Ort einen buddhistischen Retreat macht. Er begleitet unsere Reisen seit sechs Jahren und ist begeistert, uns hier zu begegnen. Da er uns nur über YouTube verfolgen kann, freut es ihn, dass es mir gerade gelungen ist, ein neues Video zu erstellen, bei dem ich auch einen Text vorlese.

    Vielleicht interessierst du dich ja auch, was sich so 'hinter den Kulissen' abspielt, zumindest hast du dabei die Möglichkeit, Hilde beim Schlafen zuzuschauen.

    https://youtu.be/p6QjfvRXH-E?si=4BlqW3n41y7OXXMz
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