• Wischhafen-Fähre

    Oct 24–25, 2024 in Germany ⋅ ⛅ 8 °C

    3.041 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 83 km/ Gesamt 368.743 km / Ø121,25 km)

    Wohnmobilstellplatz
    21737 Wischhafen-Fähre
    Deutschland

    Weil ich Edmond versprochen habe, dass er mein aktuelles Lesebuch abends bekommen kann, verschwinde ich am Vormittag in der Welt des Tim Severin, und komme erst weit über Mittag wieder raus. Die Sonne scheint mittlerweile ziemlich warm und eine junge Frau steht mit ihrem Camper uns gegenüber, strickt Socken in einer bunten, grünen Farbe, während sie vor sich hinträumt.

    Sie streichelt Hilde, und wir reden miteinander. Der Bus ist gepackt und wir fahren los, sie blickt nicht von ihrer Arbeit auf. Über Wanna fahren wir nach Otterndorf, wo heute viel los ist. Eine gelbleuchtende Bimmelbahn kommt mir entgegen, der Ort wirkt wie Kirmes mit Buden von Eis, Fisch und Waffeln.

    Außerhalb von Neustadt ist zwar das Natureum geöffnet, aber die Zugbrücke nicht, sodass wir zurück zum Ort durch grünes Gras und blaues Wasser fahren. Gerne würden wir mal eine Spaziergangspause einlegen, aber die Seitenwege sind entweder matschig oder privat.

    Balje lächelt uns an. Hier fahren wir solange über Feldwege, bis wir hinterm vordersten Deich die Elbe sehen. Hinterm zweiten Deich ist eine befahrbare Straße bis Krummhörn mit Schafen und schönen Häusern, Spaziergängerin und spielenden Kindern.

    Und dann sehen wir den ultimativen Seitenweg. Lehmsteine zum Parken, hohes Gras mit einer Radspur fürs Gehen, rechts und links Felder, kein Haus in Sicht. Lass uns zehn Meter glücklich sein, dann springt der Hase auf, die Leine saust mir durch die Hand, im letzten Moment kann ich zupacken.

    Der langbeinige Hase ist auch für Hilde's Nase noch zu sehen, als er längst aus ihrem Blickfeld verschwunden ist. Sie ist so in Rage, dass ich mit voller Kraft und dem Stock mich entgegen lehnen muss, den Tränen nahe, weil ich mein Knie verdreht habe, und mich so alt und kraftlos fühle.

    Statt einem entspannten Gang bin ich ziemlich erschöpft zurück am Bus mit einem hechelnden Hund, der immer noch die Stelle anstarrt, wo der Hase verschwunden ist. Wir fahren nach Wischhafen, der Platz unweit der Fähre liegt im Sonnenschein, spazieren langsam die flachen Wege zwischen Parkplatz und Wasser entlang, bis Hilde ausreichend sich bewegt hat.

    Kerze und Lichterkette, ein bisschen Musik und Bilder anschauen. Abendessen, Bettbauen, Nachdenken. Später kommt Eddi auf einen Schwatz vorbei, nimmt das Buch mit, und ich schaue in die dunkle Nacht, während Hilde in ihrer Höhle schläft.

    Aufgrund des Besuchs habe ich den Sitz zur Nacht umgedreht, und stelle fest, wie angenehm sich der größere Platz auf meine Seele auswirkt. Ich vermeide zwar gerne das Umbauen, glaube aber, dass es hier gut sein wird.

    Die Nacht ist kalt, am Morgen zieht Nebel auf, durch den wabbernden Vorhang läuft der Verkehr zur Fähre und ins Land. Da sich kaum Schlangen bilden, werden wir hier warten, bis der Tag aufgehellt ist, und wir übers Wasser schauen können.

    Ich habe ein neues Lesebuch auch der Kiste geholt mit dem Titel "Der letzte Albatros - Vom Verschwinden der Arten", das sich gut anliest, sodass ich schauen muss, ob sein Inhalt Mut machend oder niederschlagend wirkt.

    Erstmal Tee trinken, während Hilde noch schläft.
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