• Lunestedt

    24–25 nov. 2024, Tyskland ⋅ 🌬 12 °C

    3.072 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 106 km/ Gesamt 371.738 km / Ø121,00 km)

    Landvergnügenhof
    Biohof Wrede/Aubrac-Rinder
    27616 Lunestedt
    Deutschland

    Warum bist du nicht längst im Süden, werde ich öfter gefragt, und dann erzähle ich was vom wichtigen Labortermin kurz vor Weihnachten, und dass ich es im nächsten Jahr anders machen will. Wobei ich da grad nicht dran denke, dass ich im Dezember immer wichtige Verabredung mit meinem Sohn habe.

    Und wo kann ich besser Geld sparen, als in Deutschland zu reisen. Ja und dann gibt es noch die Möglichkeit, Menschen zu treffen, die aus Lesern zu Freunden wurden und umgekehrt. Und überhaupt trifft man dann durchaus interessante Menschen, weil das Reiseland nicht überlaufen ist.

    Auch wenn ich mit meinen Geschichten für mich selber einen Zeitraum abschließe, um mein Leben für Neues zu öffnen, gibt es natürlich in der Zwischenzeit eine Menge Leser, die durchaus den Wunsch hegen, uns mal zu treffen, und später, uns mal wiederzusehen.

    Und auch wir verspüren eine Freude daran, während ich gleichzeitig sehe, dass ich mir die Zeit dazu auch nehmen muss. Dieses Jahr bieten sich dazu auch die deutschen Küsten an, aber es gibt ja auch Länder ohne Meer, die ich nicht immer mal easy durchquere. Und überall gibt es in der Zwischenzeit kleine freundlichfreundschaftliche Orte der Nächstenliebe, in die es mich zieht.

    Doch selbst wenn meine Reisepläne variabel sind, rinnt auch mir die Zeit sozusagen unter den Fingern davon, wenn ich mich nur nach dem Wetter richten würde. Also bleibe ich mit Absicht im Land von Regen und Kälte, oder Hitze und Schattenlosigkeit. Nur um mal hier und da guten Tag zu sagen, und mit den Geschichten vom letzten Mal das Gespräch fortzusetzen.

    Am Abend in Moorbeck lese ich von Esther, dass wir sie ja mal in Oldenburg besuchen können. Da wir eine halbe Stunde entfernt sind, würde das jetzt auch passen. Und so landen wir Samstag mittag mitten in der Stadt, in einer Seitenstraße sozusagen im Grünen. Bei einem Tee auf der Terrasse und spannenden Momenten mit Hilde und Esters' Hunden im Garten. Der Raum ist zu klein, die sind Hilde zu neugierig und zu aufdringlich, und wir müssen eigentlich zu viel schauen, dass es friedlich bleibt.

    Und sitzen geht eigentlich gar nicht, weil dann Hilde mit ihren Aufgaben überfordert ist. Und auch die beiden "Hausherrn" jetzt nicht wirklich begreifen, warum sie den Besuch nicht begrüßen können. Also schiebt sie Esther ins Haus, Tee und Kuchen sind lecker, aber weil es letztendlich für ein gutes Gespräch einfacher ist, setzen wir drei uns in den blauen Bus.

    Auch Leser tragen oft Reiseträume mit sich, doch ebenso manche Fragen nach Sicherheit und Einsamkeit, Alleinsein und Gesundheit. Darüber reden geht immer, und so manche Hindernisse lassen sich dann auch ausräumen, aber letztendlich ist jede Reise sehr individuell, grade wenn es ins Ausland gehen soll, und der Mensch die Nähe zur Natur liebt.

    Ich achte drauf, dass ich möglichst nicht allein über Nacht stehe, weil ja immer mal was Gesundheitliches passieren kann. In Portugal vor drei Jahren konnte ich plötzlich nicht mehr auftreten, oder in Schottland 2019 musste ich ins Krankenhaus wegen einer lebensbedrohlichen Thrombose. Was mache ich dann mit meinem Hund, das sind sehr ernste Fragen.

    Und auch zu sagen, dass Gott mir da jeweils die richtige Unterstützung zur Seite gestellt hat, ist nicht für jeden Menschen einfach nachvollziehbar und leicht auf seine Situation zu übertragen. Aber natürlich dreht sich unser Gespräch nicht nur darüber, denn das Leben trägt viele Abenteuer in sich, selbst wenn Menschen nicht reisen.

    Nach zwei Stunden wollen wir noch ein Stückchen weiter, die Weser bei Brake überqueren, um im Geestland anzukommen. Wir verabschieden uns auf ein nächstes Mal, eine Waschmaschine gäbe es mit Trockner, und natürlich leckerem tee mit spontanem Kuchen. So wie heute. Und vielleicht gewöhnen sich ja die Hunde aneinander.

    Ja, und dafür reisen wir eben in der kalten, regnerischen Jahreszeit durch Deutschland und sind nicht im Süden, wo erst um 19 Uhr die Nacht hereinbricht. Hier wird es schon um halb fünf dunkel, aber da gibt es das schöne Angebot des Landvergnügens, auf dem mir dann zum Abend hin manche sehr weltoffene Bauersleute begegnen.

    Oft sind es "nur" ruhige Schlafstätten für eine Nacht auf der Durchreise, aber manches Mal kommen wir tatsächlich immer mal wieder auf einen Schwatz vorbei. In Vielbach, Northeim und vermutlich jetzt auch in Lunestedt.

    So eine nette Begrüßung und gleich ein durchaus intensives Gespräch mit der Jungbäuerin, und später bei den Rindern im Stall mit dem Schwiegervater, der so alt ist wie ich, und jetzt endlich in Rente, doch mit seinen Hunden bei seinen Rindern ausspannt. Sie würden Vollzeit in einem anderen Beruf arbeiten, erzählt Karina, vom Hof allein könnten sie nicht leben, der aber mehr als ein Hobby ist. Seit sechs Generationen und von 1880 an, wird der Hof bewirtschaftet mit diesen besonders schönen Aubrac - Rinder, die auf trockenen Wiesen das ganze Jahr draußen können.

    Trocken sind die Wiesen an der Hunte oft schon an Herbst nicht mehr, und dann gibt es ja auch das Problem mit den Wölfen, die hier leben wollen. Wofür man durchaus Verständnis zeigen will, denn die gab es sicher vor zwei Jahrhunderten auch. Aber es ist nicht so einfach, wenn sie Herden attackieren, so sind die etwa fünfzig Rinder im Winter dann auch länger im Stall, wo sie die ganze Zeit im Heu mampfen.

    Die Schöne da im Hintergrund heißt Esther, von ihrem Profil stammt das Werbeplakat, das unserem Schlafplatz gegenüber am Stall hängt. Wir sprechen über meine Geschichten, und vielleicht eine Lesung im Sommer, wenn wir aus dem Norden kommen, tauschen unseren zweiten Band gegen Käse, Kartoffeln, und Oma's leckere Birnen im Glas.

    In der Nacht stürmt es so sehr, dass ich Sorge habe, in Windrichtung der großen alten Bäume zu stehen, die uns vielleicht einen Ast nachwerfen könnten, dass ich den Bus geschützter hinter dem Stall parke, wo uns der Regen aufs Dach trommelt, während wir bei Kerzenschein und kleiner Lichterkette Käse essen und ins Dunkel rausschauen, wo hinter einer Hecke die Winterwiese der Rinder liegt.

    In diesem Zipfel des Ortes überwiegt die Natur, während die Häuser des Hofs sich um den Stall gruppieren, die alten Bäume fast ein kleines Wäldchen bilden, das jetzt kahl die Finger in den grauen Morgenhimmel strecken.

    Der Hof ist einen Besuch wert, durchaus auch wegen dem guten Angebot des Hofladens mit dem leckeren Fleisch der Rinder, und köstlichen Wein, der mich von schräg unten ein wenig forsch anschaut. Na, Lust auf ein Glas, mein Freund. Das lass ich jetzt mal so im Raum stehen. Vielleicht besuchst du den Hof bei Gelegenheit und beantwortest dann seine Frage.

    https://biohof-wrede.de/
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