• Scey-sur-Saone- et-Saint-Albin

    Dec 23–24, 2024 in France ⋅ ☁️ 4 °C

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    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 149 km/ Gesamt 376.037 km / Ø121,26 km)

    Wohnmobilstellplatz
    70360 Scey-sur-Saone-
    et-Saint-Albin
    Frankreich

    Französischer Winterzauber in der Weihnachtszeit. Wer hätte das gedacht. Das ist die positive Nachricht des gestrigen Tages, der sich in der Schreibweise der heimischen Bevölkerung mit einem Wort umschreiben lässt. Hochwassergefahr.

    Da stehen Hauswände bis zum Sockel im Wasser, Brückenbögen sind nahezu hochgeflutet, sodass Gestrüpp und Baumstämme an den Mauern hängenbleiben müssen. Flüsse sind soweit über die Felder geschwappt, dass der eigentliche Lauf nur noch von der schnelleren Bewegung gekennzeichnet wird.

    In den starken Windböen hat es einen gehörigen Wellengang für das Vogelzeug, das hier gelandet ist. Darüber hinaus bleibt der Schnee auf den einsamen Straßen liegen, auf denen wir unterwegs sind, der Himmel drückt sich so dunkel in die Wälder hinein, dass ich ein Gefühl vom Abend habe. Obwohl es erst 14 Uhr ist.

    Vosges lese ich an einem Haus, wir treiben uns also an den Ausläufern der westlichen Vogesen herum. Vierter Advent, Lichter in den Häusern, Kerzenschein am Mittagstisch, der Käse wird serviert, die köstlichen Kuchen, Eisspezialitäten, Puddingzaubereien. Noch ein Glas Wein, vielleicht ein Likörchen.

    Die Hauswände wirken alt und mürbe, aber hinter den Mauern zelebrien französische Familien ihr gemütlichmodernes Leben im Kreise weihnachtlichtrunkenen Glücks. Kein Neid. Ich freue mich für sie, ihre Gelassenheit im Angesicht steigender Fluten im Vorgarten. Wir kennen das schon. Der Wetterbericht gibt Entwarnung. Und Weihnachten ist die Familie zusammen. Was soll da schiefgehen.

    Wir passieren hübsche Orte, die zu weihnachtlicher Höchstform aufgelaufen sind. Schnee auf den Straßen und verherbstete Weinreben an Hauswänden. Corre mit seinen alten Industrieanlagen, der Kirche an der Kreuzung, und der Brücke über den Kanal.

    Weihnachtsdekoration in Porte-sur-Saone, am Yachthafenstellplatz zehn Kilometer weiter bleiben wir über Nacht. Auf dem Abendspaziergang bleibt der Schnee liegen. Auf Hilde's Fell, um den Bus herum. Neben uns parkt ein Camper aus Eisenach, sie kommen aus Italien, wollen am ersten Feiertag zuhause sein. Der Franzose uns gegenüber trägt eine Elchfamilie am Revers. Vorne im Yachthafen ist ein Boot durchdringend beleuchtet, Familienleben auf dem Wasser.

    Die Rezeption vom Hafenmeister, wo ich bezahlen soll, liegt im Dunklen, ein Rollo ist von unten halb hochgeschoben, ob es in den Büros Schätze gibt, auf die jemand neidisch war. Links im Hafenbecken ein Frachter, dahinter ein helles Haus, eine weit übers Wasser leuchtende Laterne. Lilli Marleen sehe ich dieses Mal nicht, obwohl sie die Erinnerung an meine Kindheit immer wachgehalten hat.

    Dafür sind die Wege über die Brücken zurück in den Ort romantisch beleuchtet. Der Verkehr auf der D3 kommt im Laufe der Nacht zur Ruhe, der starke Sturm bleibt hinter den Wäldern für uns verborgen. Als ich aufwache, zittern die Blätter an der Hecke im leisen Wind, ein Streifen Wasser ist beleuchtet, ein parkendes Fahrzeug auch, die Laterne ruht im Frieden des neuen Tages, Äste eines nahen Baumes fallen wie Lametta vor ihr Licht.

    Eine zweite Tasse Tee, mein Spiegelbild im Fenster, Hilde unter der Decke, ein Licht auf der Ablage. Bei uns ist jeden Tag Weihnachten, Ankunft, Erwartung, Vorfreude auf die Ereignisse, die Gedanken, virtuelle Gespräche, mitmenschliche Nähe. Hundespaziergang, murmelt Hilde im Hintergrund undeutlich unter der Bettdecke. Zieh dich endlich an, es wird Zeit.
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