• Dole

    January 23 in France ⋅ ☁️ 8 °C

    3.132 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 240 km/ Gesamt 380.127km / Ø121,36 km)

    Wohnmobilstellplatz (frei)
    39100 Dole
    Frankreich

    Heute muss ich mein Wasser genau rationieren, weil wieder alle Wasserhähne auf den angefahrenen Stellplätzen verschlossen waren. Ich habe Trink- und Kochwasser, von dem auch Hilde bekommt, während ich mein Wasser mit Säften mische, um es pur zu trinken. Dabei achte ich in südlicheren Ländern durchaus darauf, dass ich es kaufe, weil die Preise sehr niedrig sind.

    Es hat grade so gereicht, Hilde hat noch Wasser für unterwegs, und ich habe auch noch einen halben Liter zum Trinken. Aber heute muss ich einkaufen, und die Voraussetzungen sind mit bedecktem Wolkenhimmel gut. Es fehlen einige Grundnahrungsmittel von Ziege und Schaf, ein bisschen Schokolade und ein paar Kekse, denn es gibt bald etwas zu feiern. Noch 278 Kilometer, dann ist es soweit. Falls es keine großen Abweichungen gibt, wären wir dann vermutlich bei Waldshut, nahe der Schweizer Grenze.

    Du darfst natürlich raten, um was es sich handelt, und auch morgen dabei sein. Koordinaten gäbe es kurzfristig. Es ist wirklich was Besonderes! Ja, nun sind wir tatsächlich viel schneller durch Frankreich gefahren, was einfach auch daran liegt, dass die Straßen inmitten des Landes auch außerhalb der Autobahnen gerade sind. Die Stellplätze sind wenig einladend, und tatsächlich war ich hier schon so oft, dass es schon an Langeweile grenzt.

    Trotzdem ist es mir gelungen, einige Augenblicke einzufangen. Letztendlich kommen wir nach Dole, wo der Aire Camping Car in einen riesigen Parkplatz integriert ist, der unterhalb der Altstadt und am Ufer der Doubs liegt. Neben Louis Pasteur und einigen berühmten Generälen ist hier auch Hubert-Félix Thiéfaine am 21. Juli 1948 geboren, von dem Wikipedia sagt, er sei 'Sänger/Musiker im Spannungsfeld französischer Dichtung und amerikanischer Beat Generation'.

    Seine Musik, seine Darbietung ist beeindruckend, ich habe mal den Link zu einem Album beigefügt, das ich grade im Hintergrund höre. Vielleicht findest du Interesse daran und verstehst, warum ich so gerne in Frankreich reise, obwohl ich nicht unbedingt jedes Wort mir übersetzen kann. Es ist diese besondere Dynamik eines Lebens zwischen so unterschiedlichen Polen, wie den beiden Meeresküsten, den ebenso beeindruckenden Bergketten, und langen Grenze zu Deutschland und der Schweiz.

    https://youtube.com/playlist?list=PL8SsMW-jNwte…

    In diesen Bergen zu der Schweiz hin würde seine Tochter leben, sagt mir der Engländer, den ich nach seinem merkwürdigen Kennzeichen an seinem kleinen Camper frage. Ja, sagt er, das sei von 1993, die gibt es heute gar nicht mehr. Er wäre schon 82 Jahre und würde gerade vom Skifahren kommen, jetzt müsse er mal kurz nachhause, um nach dem Rechten zu schauen, das bei den Engländern ja auch das Linke sein kann, denn aus seinem Camper steigt er zum Fluß Doubs hin aus, während wir zur Altstadt hin einsteigen.

    Im März möchte er wieder zu Bergen zurück, Downhill lacht er, Langlauf sei langweilig. Wenn sie ihm die Skier hinten im Gepäck klauen, dann kauft er sich neue. Er lacht mir mitten ins Herz hinein. Das ist Lebenslust, das braucht man, um in Großbritannien zu leben.

    In der Nacht regnet es. Nein, es schüttet wie aus himmlischen Wassereimern, der Parkplatz leert sich augenblicklich. Ein Wind kommt auf, dessen Böen den Bus bewegen. Während wir einschlafen, denke ich an die Äste der Bäume über uns und hoffe, sie würden in Richtung Fluß mit dem Sturm fliegen.

    Überall auf dem Platz öffnen sich die Türen von Campern, wir waren schon früh draußen, weil Hilde mal wieder Bauch hatte. Gerade eben fährt der Schweizer hinten vom Platz weg, ich habe ihn gestern zu seinem Fahrzeug gehen sehen, mit einem undurchdringlichen Blick, in dem die ganze Last der Welt zu liegen schien. Wer weiß, welche Botschaften er in sich trägt.

    Manchmal ist der Himmel nicht nur schwarz von Wolken, manchmal ist die erste Nachricht am Morgen auch so dunkel wie der Tod. Das Leben kann einfach nicht gerecht sein, so unberechenbar wie es sich immer wieder präsentiert. Da fällt es nicht leicht, von Sonne und dem leichten Leben zu träumen, sich im Lachen zu baden, und schönen blauen Augen zuzulächeln. Aber genauso ist unser Dasein, und die Franzosen haben das irgendwie perfektioniert. Auch ein Grund wieder zu kommen. Aber jetzt müssen wir uns erstmal ein bisschen erholen. Und wo geht das schon besser, als im kühlen Deutschland, dem nüchternen Äquivalent von La Vie est une Rose.
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