• Lorsch

    18–20 feb, Germania ⋅ ☀️ -2 °C

    3.158 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 0 km/ Gesamt 383.540 km / Ø121,45 km)

    Wohnmobilstellplatz
    Lorsch
    Deutschland

    Während die Sonne langsam untergeht, sind wir nochmal spazieren gegangen. Die Wege sind bevölkert von Radfahrern und Joggern, Hunden und Menschen. Solchen die Feierabend haben und den anderen, deren Leben mit einem Spaziergang zum Abend abgerundet wird. Und dann noch die Jüngeren, die für vieles wenig Zeit zu haben scheinen.

    Als wir zurückkommen, ist es Zeit, das Bett zu bauen. Das klingt so leicht und doch bin ich manchmal außer Atem, weil ich hinten im Bus herumkrabbeln muss wie ne Fliege am Fenster. Dann liegt das Laken glatt, die Bettdecke noch leicht aufgerollt, um Platz zum Sitzen zu lassen.

    Hilde guckt derweil, schon leicht ungeduldig fiepend, wann es Abendessen für sie gibt. Wir haben Möhren und heute gibt es feine pommersche Streichmettwurst auf die drei trockenen Baguettescheiben. Es ist noch früh, grade mal sechs Uhr abends, ich habe eine kleine Kerze angezündet, Musik angemacht.

    Der Platz hatte sich den Tag über weitgehend geleert, um am Abend wieder voller Fahrzeugen zu stehen. Anscheinend ist Lorsch beliebt für die Durchreise von und nach Spanien. Wir bleiben eine zweite Nacht. Es hätte drei Möglichkeiten gegeben, um hier jemanden zu treffen, am Ende warten wir umsonst.

    Aber was haben wir dadurch gewonnen. Ich habe endlich mal wieder gelesen, wir haben viel miteinander gespielt. Hilde hat ihrem Knochen viel Zeit gewidmet, wir haben einen interessanten Menschen draußen bei den Nistkästen getroffen, die Sonne wandern gesehen.

    Es kommt so, wie es sein soll, für alles im Leben gibt es Gründe. Ich habe schon lange aufgehört, manches Geschehen zu hinterfragen. Ein großes Wohnmobil fährt auf den Platz, hinten flutscht ein kleiner Pkw raus. Als ich mich vor der Front fotografiere, relativiert sich die Größe. So ist das doch oft in unserem Leben. Wenn wir näher kommen, uns des Problems annehmen, lässt es sich überraschend leichter bewältigen.

    Wir haben Daniel kennengelernt, der unser Duschzelt gekauft hat, und mit seiner Familie auf Reisen gehen will. Sein Hund Lui und Hilde haben sich gut verstanden, auch wenn der Platz eng war zum Spielen. Wir haben miteinander erzählt, bis seine Frau ihn abgeholt hat. Ob ich seine Tochter anschauen möchte, er ist der glückliche Papa, das blinkt regelrecht in seinen Augen.

    Miltenberg ist schön, am Sonntag ist wenig Verkehr, ich kann mich gemütlich umschauen. Vom Main fahren wir an den Neckar, ich erinnere mich noch gut an meine Winterfahrt 2017, als ich den ganzen Fluss entlang gefahren bin. Auch dort eine einsame Fahrt.

    Ich kann mich nicht entscheiden, wohin unser Weg gehen soll, erst kurz vor Heidelberg fällt mir Lorsch ein. Es wird kalt in der Nacht, minus 4,5 Grad. Aber unter der warmem Bettdecke werde ich nur einmal wach, sodass ich erst zum Aufstehen die Standheizung anwerfe, weil mein vorwitziger dicker Zeh tiefgefroren ist.

    Wir machen schöne Spaziergänge morgens und mittags, aber später schmerzt das Knie zu stark für einen längeren Weg. Und wie ich eingangs erwähnt habe, sind auch viele Menschen und Hunde unterwegs. Die Stimmung ist schläfrig, die Musik verträumt, wenn ich aus dem Fenster schaue, sieht der Kies wie Schnee aus, und der Himmel schwarz wie eine Winternacht.

    Ich habe heute die Jahresabschlusspredigt meiner Gemeinde gehört, über die Türen, die sich öffnen und schließen. Und an mein Jahr gedacht, dass zurückliegt. Letztendlich haben meine Entscheidungen, ob sie richtig oder falsch waren, mein weiteres Leben bestimmt. Ich werde mir Mühe geben, mir besser zuzuhören, denn eigentlich weiß ich schon genau, was mir gut tut, und so manche Umwege sind auch mir manchmal zu viel.
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