• Niendorf

    Mar 7–8 in Germany ⋅ ☀️ 13 °C

    3.175 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 57 km/ Gesamt 385.358 km / Ø121,37 km)

    Wohnmobilstellplatz
    Niendorf
    Deutschland

    Ich muss das Wasser rationieren. Gestern hätte ich etwas kaufen können, heute sehe ich, dass es knapp wird. Fast ein Liter für mich, der Rest ist für Hilde. Das macht eine Tasse Tee, das Getränk für die Medizin, heißes Wasser fürs Porridge, und der Rest dient dem Waschlappen für die Körperpflege. Die Sonne scheint, und es wird wieder richtig warm. Da will ich Hilde nicht im Bus alleine lassen, es sei denn, dass sich ein kühler Schattenplatz findet. Oder wir warten bis zum Abend. Denn auch ein paar andere Kleinigkeiten könnte ich mal wieder kaufen.

    Und dann finde ich, oh Wunder, noch einen Liter Ayran im Kühlschrank, an den ich nicht mehr gedacht habe. Also gibt es fürs zweite Frühstück ein Joghurtgetränk zum Ziegenfrischkäse.

    Gestern morgen im Scharbeutz aufgewacht, schleppen sich die zweihundert Meter mit einem eiligen Hund und einem schmerzenden Rücken doch ziemlich lang, ehe ich Hilde laufen lassen kann. Eigentlich hatte ich gedacht, mal wieder eine Woche hier zu bleiben, so wie vor einigen Jahren in dem Apartmenthaus auf dem Bild, aber die Gelenke machen das wohl nicht zu so einer lustigen Erfahrung.

    Heute sind wir fünf Minuten gefahren, bis halb zehn kann man umsonst an der Straße parken, wenn man ein Halbstundenticket zieht. Alles im Blick, kann ich Hilde aus dem Bus an den Strand laufen lassen. Das wäre die bessere Lösung, falls sich nicht bis im nächsten Winter eine andere Tür öffnet.

    Wir sind lange am Strand, doch zum Frühstück möchte ich nicht auf dem Stellplatz bleiben, wo es zu unruhig ist. Wir gehen die Scharbeutzer Heide suchen, die sich aber gut versteckt hat, sodass wir dann einen Abstecher nach Friedrichsberg machen. Eine Waldstrasse, auf der uns der Postbote entgegen kommt, und ein Ort mit wenigen Häusern zwischen den Bäumen, aber einer einspurigen Bahnlinie, auf der wir tatsächlich vor der Schranke warten müssen, um auf der anderen Seite vor dem geschlossenen Eisentor eines großen Gehöftes stehen.

    Scharbeutz geht nahtlos in Timmendorfer Strand über. Und während ich versuche, dem Meer so nahe wie möglich zu kommen, durchqueren wir den Ort voller Menschen im Sonnenschein, als mir eine Erinnerung einfällt. Mit dem Schotten Kenny bin ich 1980 nach Skandinavien getrampt, und an einem verregneten kühlen Sommertag in diesem Ort hängen geblieben. Ein bisschen außerhalb haben wir auf einem halbwegs geschützten Waldweg unsere Schlafsäcke ausgerollt und die Nacht ungestört genießen können.

    Heute entfährt mir gerne ein glucksendes Lachen, wenn ich an diese unbekümmerten Tage denke. Später in Lehnsan, als uns völlig durchnässte Gestalten keiner mitnehmen wollte, haben wir an einer stillgelegten Tankstelle aus alten Holzbrettern ein wärmendes Lagerfeuer entzündet. Davon gibt es sogar noch ein Photo.

    Nach dem Timmendorfer Strand kommt Niendorf mit seinem Vogelpark und einem Stellplatz für Wohnmobilstelle, getrennt von der Landstraße durch eine Reihe alter Bäume. Strom für die Nacht, aber vorher noch ein Spaziergang an eben jenem Strand, wo wir heute morgen auch waren.

    Der Sand lässt sich nicht so einfach gehen, heute morgen schiebt ein Trecker die Massen hin und her, seine Spuren führen nahe am Wasser entlang, das seicht und fast wellenlos ankommt. Hilde ist auch wenig begeistert heute vormittag, es gibt kaum was zu entdecken, und andere Hunde schlafen wohl noch. Leicht humpelnd kommt uns eine Spaziergängerin entgegen, die hoch zu den Dünen ausweicht, und später beim DLRG Häuschen auf den Treppen sitzt, den Kopf in die Hände gestützt, als wäre sie traurig.

    Hilde schaut fragend zu ihr hinüber, und ich spreche sie an, ob alles okay ist. So kommen wir ins Gespräch und schnell findet sich, dass sie davon träumt, endlich auf Reisen zu gehen. Noch ein paar Monate, vielleicht ein halbes Jahr, dann würde sie auf eine spanische Insel ziehen, wo die Tochter lebt, um erstmal Abstand zu gewinnen vom kalten Norden und dem aufregenden Beruf. Ein großer Schritt, eine wichtige Wendung, um das Leben nochmal in anderer Weise auf Fahrt zu bringen.

    Wir bleiben in Kontakt, solche Begegnungen sind das Salz in der Suppe auf meinem Lebenstisch, für die ich sehr dankbar bin. Wir fahren zurück zum Stellplatz, und als ich auf die Karte schaue, sehe ich, dass die Ostseeküste auf meiner Route bald zuende geht.

    Travemünde, der Hafen mit den großen Fähren aus Finnland & Co, und die Trave runter nach Lübeck. Vielleicht teile ich das, um noch einen Sonnenaufgang über dem Wasser zu sehen, bevor ich dann die Küstenreise für einen Arzttermin unterbrechen werde.
    Read more