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- Dzień 44
- sobota, 12 kwietnia 2025 15:41
- ☀️ 20 °C
- Wysokość: 333 m
NiemcyHöchstadt an der Aisch49°45’16” N 10°52’16” E
Ein langer Nagel

3.211 TAGE AUF UNSERER
LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 93 km/ Gesamt 389.780 km / Ø121,38 km)
Wohnmobilstellplatz (frei)
Kemnath
Deutschland
Als wir um sechs Uhr morgens wach werden, sind die Handys tot, das Internet hat sich ins Wochenende verabschiedet. Aber beim Nachbarn läuft schon das Fernsehen, also höre ich mir eine Pink Floyd CD auf dem Recorder an. So ganz ohne äußere Beschallung mag ich dem Morgen auch nicht begegnen.
Manchmal ist das so, dass ich die Stille nicht mag, nachdem ich gerade aus einem der merkwürdigen, nächtlichen Träume erwacht bin. Überhaupt froh bin, aufgewacht zu sein, denn in dem Film, der nachts im Kopf läuft, möchte ich selten bleiben.
Was da nicht alles ins Licht gerollt wird von dem unbearbeiteten Zeug des Lebens im Bewußten und Unbewußten, gefiltert oder nicht, das macht mich manchmal sprachlos. Es gibt aber auch Morgen, an denen ich gerne weiterträumen mag, so angenehm spult sich da ein Film im Hintergrund ab.
Am Abend sind wir nach Kemnath zurückgefahren, das war die logische Lösung. Hier kennen wir gute Spazierwege, der Platz liegt zwischen Sonnenuntergang und der aufgehenden Sonne, die beiden äußeren Nachbarn plauschen mit den Anwohnern, als gehören sie der Ortsgemeinschaft schon an.
So ist das oft auf freien Stellplätzen, dass einer nicht von hier fortkommen möchte, denn auch Reisende sehnen sich oft genug nach Heimat. Spanien ist im Winter voll mit Menschen, die an einem Ort bleiben möchten, weil es da so schön ist, und man doch die meisten anderen Reisenden auch kennt.
Das möchten manche gerne von mir wissen, warum wir nicht länger bleiben, sondern immer unterwegs zu sein scheinen. Wie es der Name schon sagt. On the Road again. In Bewegung bleiben, heißt bei uns, den Ort zu ändern. Ich bin ständig voller Vorfreude, was hinter der nächsten Kurve auf uns wartet.
Auch wenn ich in vielen Ecken schon meine Spuren auf dem Asphalt hinterlassen habe. Gestern morgen merke ich, wie nah wir bei Immenreuth sind, sodass ich gar nicht anders kann, als zu versuchen, einen Ort zu finden, an dem nette Menschen damals von einer langen Reise zurückgekommen sind.
Und tatsächlich steht der grüne Frosch neben dem Zirkuswagen still im Gras, nur die Pferde nebenan auf der Weide bewegen sich im Sonnenschein. Hier endete also die Fahrt auf der Seidenstraße, die durch die Pandemie so jäh unterbrochen wurde, hier steht der Kurzhauber, mit dem die Familie die Panamericana runtergefahren ist, worüber Michaela Schmidt ihr Buch "Ausreisser" geschrieben hat.
Hier haben wir so manchen Abend lachend im Gras gesessen, und uns von ihnen verabschiedet, hierher sind sie zurückgekommen, um sich auf ein 'normales' Leben vorzubereiten. Hier schaut es so still und friedlich aus, dass ich auch nur weiterfahren kann, anstatt nochmal guten Tag zu sagen, wo doch vermutlich keiner mehr da ist.
So geht es mir an vielen Plätzen meines Lebens, das niemand mehr da ist, mit dem ich mal eine Zeit geteilt habe, sodass es wenig Sinn macht zu bleiben. Und die, die geblieben sind, haben sich verändert. Denn das ist der Gang der Dinge, dass sich Menschen ändern, obwohl sie doch gerade erst das geworden sind, was ihnen das Angenehme und das Äußerliche verliehen hat.
Ich bin ein Ewig-Gestriger, ein Nostalgiger, der die gute alte Zeit tatsächlich so erlebt hat, und sich nach ihr sehnt, obwohl ich natürlich weiß, dass es sie nie so gegeben hat. Aber wir hatten Träume, waren jung und voller Hoffnung, dass wir die Welt ändern könnten mit der Liebe aus unseren Herzen.
Flower Power und Scott McKenzie. Jack Kerouac und die Beat Generation. Letztens habe ich einen Post von meinem alten Freund Andy gesehen, mit dem ich 1972 in Europa getrampt bin. Und dachte, schön dass er noch lebt und seine politische Gesinnung sich nicht geändert hat, obwohl das heute härter denn je zu werden scheint.
Aber Amerika ist für mich weit weg, und irgendwann war klar, dass wir uns nur in den Herzen vertraut bleiben können, selbst wenn wir uns persönlich aus den Augen verlieren. Und so trage ich viele Menschen in meinem Herzen, und wenn wir uns begegnen, da geht das Herz auf und seine Vögel überfliegen den Horizont.
Früh am Morgen fahren wir zu einem Feldweg, wo wir schon öfter in den beiden Tagen in Kemnath waren. Als wir nach dem Spaziergang weiterfahren wollen, höre ich ein flappendes Geräusch und stelle fest, wir haben hinten einen Platten. Nicht ein bisschen weniger Luft, nein der Reifen ist komplett kaputt.
Dazu funktionieren beide Handys nicht mehr, seit ich heute morgen wach bin, und hier am Rand des Ortes gibt es keinerlei Infrastruktur. Zum Glück hat eins der Handys dann doch Internetempfang, und ich kann den ADAC anrufen, der Helfer für diese Region ist grade ziemlich weit weg, und entschuldigt sich weitreichend. Aber ich beruhige ihn, dass wir erstmal frühstücken und Tee trinken. Wir haben ja keine Eile, allerdings auch keinen Schatten, und die Sonne meint es gut mit uns.
Die Probleme mit dem Bus häufen sich, meint einer. Da muss ich ihm durchaus recht geben, denn jetzt sind vermutlich auch zwei neue Reifen hinten fällig, bevor eine größere Reise ansteht. Neben dem Bus liegt ein Strauß Osterglocken am Straßenrand. Das Ergebnis eines nächtlichen Streits oder die misslungene Schlichtung. Ein achtloser Jugendstreich oder eine verzweifelte Lebenslüge.
Halt so ein Samstagmorgen im Paradies, das einzige, was wir auf Erden haben, unser Leben. Czytaj więcej