• Calvörde

    26–27 Mei, Jerman ⋅ ☁️ 18 °C

    On the road again, trällere ich schon den ganzen Morgen vor mich hin, obwohl wir noch einmal schlafen müssen, bevor der nächste Küstenabschnitt in greifbarer Nähe ist, ziemlich genau siebenhundert Kilometer entfernt. Ein Weg, der mich weit zurück bringt in meinem Leben, und ich bin sehr gespannt, wie es heute dort aussieht.

    Ich weiß noch, wie ich Anfang der siebziger Jahre dort gestanden habe und über das Wasser zurück auf das nächste Festland geschaut habe. Sozusagen von einem Schloss zum anderen. Und wegen der eventuellen Operation von Hilde im August habe ich mich entschieden, jetzt die lange Reise zu machen, weil dann Hilde sechs Wochen nicht ins Wasser darf, uns dann vielleicht Berge im Wege stehen werden.

    Kurios. Auf jeden Fall liegen wir beide seit zwei Tagen besser. Denn das ist das Geschenk von zwei lieben Menschen. Eine neue Matratze für den blauen Bus. Ungewohnt, zwölf Zentimeter hoch, mit einem angenehm harten Liegekomfort, durchgehend vom Kofferraumdeckel bis zum Bettkasten.

    Über Nacht besuchen wir die Tochter Family, wo wir an der Pferdekoppel den Tag über stehen, und die Weite des Himmels um uns haben. Am Vormittag regnet es auf das trockene Land, und noch während die Pfützen verschwinden, kommt die Sonne raus. Zum Glück bleibt der leichte Wind kühl, in dem die Fliegen tanzen.

    Heute feiere ich mit meiner Tochter Komm-Tag, denn vor 36 Jahren ist sie in mein Leben gekommen. Ein kleiner Tag der Erinnerung, wir treffen uns beim Bäcker auf ein Stück Kuchen, erzählen ein bisschen von früher. Wie wir uns das erste Mal getroffen haben, und dann ging das ganz schnell, mit den Papieren, der Renovierung eines Zimmers für sie durch einen Freund, der sich Zeit für uns genommen hat, ihrem Einzug in unser Leben.

    Ein Komm-Tag ist kein Geburtstag, für mich aber hat es Tradition, denn ob Hund oder Kind, wir haben alle einfach in unser Leben aufgenommen. In zwei Wochen feiern ich mit dem Sohn aus der Ferne, im August mit Hilde, im Winter mit dem blauen Bus.

    Mein Kalender ist voll mit Erinnerungstagen aus meinem Leben, die mir besonders wichtig sind, weil sie einen Lebensabschnitt geöffnet oder geschlossen haben. Hilde genießt es, hier auf dem Hof frei zu laufen. So für ein zwei Tage ist das okay, aber der kleine Müllschlucker findet überall Essbares, und ist nach einigen Tagen selber rund wie ne Tonne. Ich kenne diese Neigung nur allzu gut.

    Heute abend nochmal zu Thomas, um die letzten Handgriffe an den Bus zu legen, morgen früh den Enkelzwerg sehen, und mit dem Sohn noch einiges erledigen. Und dann geht die Reise los. Fahr doch mal in den Süden, sagte letztens jemand zu mir. Vielleicht eine Reise ins Baltikum oder Kroatien. Weißt du noch, wie das mit dem Linksfahren geht, ich bin doch tatsächlich ein bisschen aufgeregt.

    Ich muss noch Geld wechseln, ein Ticket kaufen. Oder fahre ich einfach so drauf los. Unvorbereitet wir ne Kuh beim Melken. Vielleicht mit so einem vollen Euter Phantasie und Glücksgefühl, aufgeregt bis in die Haarspitzen einer Frisur, die sich noch finden muss.
    Baca lagi