• Rakkestad

    Jun 3–4 in Norway ⋅ ☀️ 11 °C

    Erster Morgen in Norwegen. Die Sonne scheint. Acht Grad in Rakkestad, südöstlich von Oslo. Fast gleich weit entfernt die schwedische Grenze im Osten und im Süden. Auf der Höhe von Moss, das an der Küste liegt, und dem eigentlichen Plan deutlich näher wäre.

    Wir sind am Steinernen Schiff recht früh gestartet, weil es sehr unruhig wurde, und wir nach dem Futterunglück erstmal zum Wasserhahn fahren mussten. Hilde's Eimer voll mit Wäsche, Haare frisch gewaschen, Kanister nochmal gefüllt. Dann liegen die beiden Halbinseln unterhalb der norwegischen Grenze vor uns, die ich erkunden möchte.

    Unser erstes Ziel endet an einem Golfplatz, alle anderen Straßen sind den Einheimischen vorbehalten, die gemeingefährlichen, hohen Schwellen dämpfen jegliche Geschwindigkeit auf ein Minimum, da sie in kurzen Abständen aufgebaut sind und nicht angekündigt werden. Klare Botschaften.

    Diagonal über die Halbinsel blaues Wasser, ein kleiner Hafen. Felsen mit Häusern, ein Potpourri aus Blau, Grün und Grau mit Sonne. Von Hällestrand geht es zurück nach Stene, und eine Abfahrt weiter auf der E6, biegen wir ab nach Lokholmen, in dessen Nähe der westliche Punkt Schwedens liegen soll.

    Eine einsame Straße, die zu einem Campingplatz führt. Sonneglänzendes Wasser einer Bucht, kleine Inseln, ein rotes Haus. Eine Frau am Straßenrand, ein umgedrehtes Boot unter einem Baum, Briefkästen im Wendekreis. Starker Wind und Wellengang. Links führt eine Straße nach Stensvik, über einen Felsen geklettert wäre der Aussichtspunkt zu erreichen.

    Wir halten vorher am kleinen Hafen von Kungsvik, alleine mit Wind, Wellen und weiten Blicken genieße ich die Ruhe des Moments. Dann sind wir kurz vor der Grenze in Svinesund, auf schwedischer Seite wird noch groß Geschäfte gemacht. Einkaufszentren, eine Tankstelle. Zwischen grenznahen Norwegern tanken wir mit 1,50 Euro zehn Cent günstiger den Dieseltank voll.

    Custom. Zwei Grenzbeamte halten mich an. Wo ich hin will. Norwegen. Welche Route. Weiß ich noch nicht. Wann in Deutschland losgefahren, wo übernachtet. Ich muss aufpassen, mit dem Stempel im Tierausweis konform zu bleiben. Will er aber nicht sehen. Wissen Sie noch, wo Sie die letzten zwei Tage waren. Ja. Aber Sie reisen nicht. Eisiges Schweigen. Go. Ein glanzloser Tritt über die Grenze. Wir wollen dich hier nicht. Ich bin so verwirrt, dass ich die nächste Abfahrt übersehe. Sechs Kilometer zurückfahren muss, und dann im Gewirr kleiner Straßen im Ort an der Küste ende. Eigentlich dachte ich an der Küste entlang unterhalb von Oslo bis Porsgrunn den fehlenden Zipfel zu ergänzen.

    Aber die Sackgassen ziehen mir gleich den Zahn. Hier kannst du überhaupt nicht anhalten, spazieren gehen, die Küste genießen. Alles ist verbaut und nach dem empfindlichen Schlag an der Grenze fühle ich mich nicht stark genug. Oslo will ich vermeiden, dann geht nur der Osten Richtung Halden, vorbei an der Hochschule mit fleißigen Schülern und riesigem Parkplatz, wo wir am Grünstreifen spazieren gehen.

    Nächstes Ziel ist Mo I Rana. Dort wollen wir zur Küste abbiegen. Das ist so weit weg wie das Mittelmeer von Deutschland, und für einen Moment erschlägt mich die Entfernung, lässt mich verloren fühlen in einem Land, das ich eigentlich sehr mag. Ich halte an einem Weg in den Wald ohne Briefkasten, nach hundertfünfzig Metern dreht Hilde um, sie will nicht weitergehen.

    Also suche ich andere Stellen, kürzere Wege, einfach um spazieren zu gehen, was sich im Angesicht von Privat nicht leicht darstellt. Zumal mein Handicap ja auch das Gehen ist, ich nicht einfach mal links runter zum Wasser abbiegen kann. Die Seen bieten Himmelsfarben mit Sehnsucht an, Einsamkeit und Leere. Du musst dich aufs Land einlassen, dann kommt es zu dir.

    Sagt man leichthin. Wir halten in Rakkestad, ein ausgewiesener Stellplatz mit sechs unebenen Flächen zwischen Häusern und Spaziergängern, die uns anschauen und vorbeigehen. Hier sind Reisende willkommen, sagt die Gemeindeverwaltung, und hat die Nachbarn vermutlich nicht gefragt.

    Von Grün umgeben spazieren wir im Viereck wie andere Hundebesitzer. Die Sonne geht unter und am nächsten Morgen wieder auf, der Platz liegt überraschend lange und angenehm im Schatten. Es ist windstill. Wir haben gut geschlafen.
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