• Sehestedt

    September 18 in Germany ⋅ 🌧 18 °C

    (English Version Below)

    Heute morgen liegt Hilde auf ihrem Beifahrersitz, völlig entspannt und tief im Schlaf. Manchmal kommt sie in den Morgenstunden unter meine Bettdecke, oder sie schläft lang ausgestreckt bei den Pedalen. Es kommt auch vor, dass sie unten in der dunklen Höhle liegt, die Sitz und Armaturenbrett bilden. Doch meist ist der Fahrersitz ihr Schlafplatz, die Schnauze zum Lenker hin, eng zusammengerollt.

    Als wir gegen achtzehn Uhr den Berg runterrollen, sehe ich schon an der Einfahrt zum Stellplatz einen Camper stehen, und bin dann doch ganz überrascht, dass der erste Stellplatz noch frei ist. Später erzählt mir mein Nachbar, dass er sich gewundert hat, dass dieser Platz seit dem Vormittag nicht besetzt wurde. Eine junge Frau, mit der wir uns auf dem Spaziergang unterhalten, meint, dass sie auch erstaunt war, weil noch zwei Plätze frei waren, als sie kam. Sie habe dann den letzten Platz eingenommen.

    Ich habe eigentlich erst ganz spät dafür gebetet, dass Gott uns einen guten Platz für die Nacht gibt, denn Sehestedt am Nord-Ostsee-Kanal war am Morgen überhaupt noch nicht in meinem Kopf. Aber Gott weiß ja, was wir brauchen, auch ohne dass ich Ihn speziell darauf anspreche.

    Am Morgen sind wir von Wassersleben zurück nach Wees gefahren, und konnten ins Haus gehen, um Inge zu besuchen, da der Hofhund eine kleine Reise mit seinem Papa unternommen hat. Zeit, um miteinander zu reden, das sind meine Goldstücke auf unserem Weg.

    Eigentlich habe ich mich seit Hilde's Erkrankung weitgehend zurück gezogen. Wir sind viel alleine gewesen, nur ab und an mal jemandem begegnet, der unser Herz geöffnet hat. Überraschenderweise ist das in den letzten Wochen anders. Fast täglich haben wir Gespräche, lang vergessene Begegnungen, lernen nette Menschen kennen.

    Hilde ist regelrecht aufgedreht, sobald sie Menschen sieht. Auf der Fähre über die Schlei in Missunde kommt der Kassierer kaum zu seinem Job, weil sie sich weit aus dem Fenster reckt, um ihn zu begrüßen. Sie steigt freudig in fremde Wohnmobile, wenn die Besitzer ihre Tür einladend öffnen, und begeistert Menschen mit ihrem offenherzigen Lachen. Manchmal denke ich, wir sind wieder zurück in den besten Jahren unserer Reise.

    Aber das geht auch nur, wenn wir zwischendurch uns in die Stille des blauen Bus zurückziehen. Über Stunden des Schlafs, Zeiten miteinander zu kuscheln, erholt sie sich wieder für neue Abenteuer.

    Wir verabschieden uns von Inge und Ulf, fahren zu einem kleinen Parkplatz am Winderatter See in einer Sackgasse, wo wir einen Camper treffen, der hier in der Stille übernachtet hat. Hier führen hin und wieder Spaziergänger ihre Hunde aus, während wir unsere Mittagspause machen.

    Ulsnis an der Schlei mit seinem kleinen Yachthafen, Brodersby, die kleine Fähre nach Missunde, an der Eckernförder Bucht vorbei an den Kanal. Einem schönen, stillen Spaziergang auf einem breiten Feldweg im Niemandsland - so kommt es mir vor, wenn die Wege nicht zu irgendwelchen Gehöften führen - folgt der abendliche Weg an den Kanal im goldenen Sonnenuntergang.

    Eine ruhige Nacht, hin und wieder der raue Motor eines großen Schiffes, ein aufgescheuchter Vogelruf, ein verschlafenes Schnattern, eine verspätete Möwe im Landeanflug. Und natürlich die Fähre, die auch nachts ihren Job macht.

    Morgens wache ich früh auf. Tatsächlich schlafe ich die letzten Tage viel und lang. Zwei, drei, manchmal vier Stunden ohne aufzuwachen. Keine tiefschürfenden Träume, keine aufwühlenden Gedankenmonster, keine zitternden Ängste und beklemmenden Nöte. Manchmal mit einem Gedanken, wobei ich mich frage, wie der in mein Aufwachen hineingekommen sein könnte.

    Der Himmel ist so grau wie das Wasser, das gestern so blau im Sonnenschein geleuchtet hat. Überraschend wenig Schiffsverkehr, mal hier und da ein Frachter in die ein oder andere Richtung, sonst eben nur die unseren Blick kreuzende Fähre im morgendlichen Hochbetrieb.

    Hilde hatte sich längst unter die Bettdecke gelegt, auf der sie jetzt wie ein Baby schläft. Glücklich und zufrieden, in ihrem heißgeliebten blauen Bus, ganz nah bei ihrem Papa.
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    We say goodbye to Inge and Ulf and drive to a small parking lot on a dead-end street by Lake Winderatter, where we meet a camper who spent the night here in the quiet. Occasionally, walkers walk their dogs while we take our lunch break.

    Ulsnis on the Schlei with its small marina, Brodersby, the small ferry to Missunde, past Eckernförde Bay to the canal. A beautiful, quiet walk along a wide field path in no-man's-land—that's how it feels to me when the paths don't lead to any farms—is followed by the evening walk to the canal in the golden sunset.

    A quiet night, the occasional roar of a large ship's engine, a startled bird call, a sleepy chatter, a late seagull approaching for landing. And of course, the ferry, which does its job at night too.

    I wake up early in the morning. In fact, I've been sleeping a lot and for a long time these last few days. Two, three, sometimes four hours without waking up. No profound dreams, no stirring thought monsters, no trembling fears and oppressive anxieties. Sometimes with a thought, and I wonder how it could have entered my waking state.

    The sky is as gray as the water, which shone so blue in the sunshine yesterday. Surprisingly, there's little boat traffic, just a few here and a freighter going in one direction or another, otherwise just the ferry crossing our view during the morning rush.

    Hilde had long since snuggled under the covers, where she now sleeps like a baby. Happy and content, in her beloved blue bus, close to her dad.
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