• Twist

    12 de outubro, Alemanha ⋅ ☁️ 14 °C

    (English Version Below)

    Lets Twist Again. Chubby Checker. Weißt du noch. 1961. "Who's that, flyin' up there?
    Is it a bird? No
    Is it a plane? No
    Is it the twister? Yeah"

    Da war ich zehn und lebte noch in Solingen eine durchaus glückliche Kindheit. In der dritten Wohnung meines noch jungen Lebens. Mit meinem Freund Reinhard Tür an Tür.

    Das war zwei Jahre später zuende, meine Familie ist weggezogen, in ein anderes Bundesland. Das war soweit weg wie der Mond damals für einen kleinen Jungen. Und möglicherweise der Beginn meines unsteten, rastlosen Lebens.

    Das fällt mir alles ein, als wir die deutsche Grenze überschreiten und über Nacht in Twist auf einem kostenlosen Stellplatz mit lauter niederländischen Campern stehen. Das ist nicht anders als in den Nächten zuvor auf der anderen Seite des Vorhangs, sprich im Land des Käse und der harten Sprache, die sich immer ein bisschen kratzig anhört.

    Denn als ich am Morgen aus dem Fenster schaue, ist der Parkplatz voller Menschen. Samstag spielen kleine Jungen Fußball, steht eine riesige Gruppe Radfahrer unmittelbar hinterm Bus in heißen Diskussionen, ist der Parkplatz voller Fahrzeuge.

    Mühsam und vorsichtig fahre ich langsam aus dem Durcheinander, und bin froh, endlich auf der stillen Landstraße unterwegs zu einem ebenso ruhigen Waldparkplatz zu sein, wo wir unseren Morgen im beschaulichen Rückzug fortsetzen können.

    Hilde schläft und ich lese, später gehen wir zusammen spazieren. Der Wind ist eingeschlafen, der Wald steht grün und schweigend, ich denke an Schweden, wo ich auch so überrascht war, keinen Vogelgesang zu hören.

    Das ist hier nicht anders. Nur die Rufe am Himmel sind zu hören, genauso wie im Norden. Wir fahren nach Osten, bis an einen Kanal, und an ihm entlang nach Norden zu einem Wash-Me Standort, wo wir zwei junge Männer aus Deutschland treffen, die hier auch waschen, und als Industriekletterer auf Montage bei den Windrädern arbeiten.

    Während ihre Wäsche trocknet, reden wir miteinander, haben interessante Themen, wache, klare Gedanken. Mit jungen Menschen auf Augenhöhe sich unterhalten zu können, ist sicherlich ein Geschenk. Und vielleicht haben sie die Begegnung ebenso gesehen.

    Hilde fühlt sich grade weniger beachtet, und springt vom Sitz hoch, um mich aufmerksam zu machen. Ihre Pfote berührt meinen linken Unterarm mit ausgestreckter Kralle, die ein sofort blutendes S auf meine Haut zeichnet.

    Als die Männer wegfahren, verbinde und desinfiziere ich die Wunde, die zum Glück nur mäßig schmerzt. Aber durch den Blutverdünner ziemlich sippt, die Haut ist ziemlich überraschend sehr dünn geworden, was auch die jungen Männer sehr erschreckt.

    Die Waschmaschinen stehen bei einer Tankstelle an einer Kreuzung gegenüber einer kleinen Siedlung, die umrundet ist von grünen Wiesen, der ideale Zeitungsstand für Hilde.

    Als der Hinweis auf die Bundesrepublik am Straßenrand erscheint bin ich sehr überrascht, wähnte ich mich doch noch für eine weitere Nacht beim Nachbarn. Nun ja, angesichts der Vielzahl gelber Kennzeichen, wirkt das hier jetzt doch nicht so fremd, allerdings eher wie ein fahrbares Altersheim, das Spanien der über Achtzigjährigen, die die unbegrenzt kostenlose Übernachtung weidlich auszunutzen verstehen.

    Aber der Parkplatz ist groß genug, um Durchreisenden wie uns auch eine Bleibe zu geben, und der Verkehr auf der Durchgangsstraße ebbt mitten in der Nacht auch ab. Der nahe See ist sehr beliebt und der Springbrunnen mittig wird nachts ausgestellt.

    Leider sind hier nicht nur Fußgänger unterwegs, und als plötzlich ein junges Mädchen mit einem E-Roller um die Ecke schießt, können wir nur mühsam einen Unfall verhindern. Das macht den Spaziergang deutlich unattraktiv, aber Hilde hatte schon fertig, und entscheidet sich für die sichere Variante.

    Abendessen. Bus umbauen. Kuscheln beim Einschlafen. Das ist neu. Sie liegt ein bisschen erhöht auf der Reisetasche und legt ihren Kopf schwer auf meinen Hals. Ich hänge meinen Gedanken nach, kann nicht unbedingt einschlafen, genieße aber sehr diese Nähe meiner besten Reisebegleiterin.

    Es sind die kleinen Edelsteine, die ich jetzt noch auflesen darf für ein anderes Leben, vielleicht ein anderes Sein.
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    Let's Twist Again. Chubby Checker. Do you remember? 1961. "Who's that, flyin' up there? Is it a bird? No Is it a plane? No Is it the twister? Yeah"

    I was ten then and still living in Solingen, enjoying a thoroughly happy childhood. In the third apartment of my still-young life. Next door to my friend Reinhard.

    That ended two years later; my family moved away, to another German state. That was as far away as the moon was for a little boy back then. And possibly the beginning of my unsettled, restless life.

    All this comes to me as we cross the German border and spend the night in Twist, camped in a free parking space full of Dutch campers. It's no different than the nights before on the other side of the curtain, that is, in the land of cheese and the harsh language that always sounds a bit scratchy. Because when I look out the window in the morning, the parking lot is full of people.

    On Saturday, little boys are playing soccer, a huge group of cyclists are engaged in heated discussions right behind the bus, and the parking lot is full of vehicles. With difficulty and caution, I slowly make my way out of the chaos and am glad to finally be on the quiet country road heading for an equally quiet forest parking lot, where we can continue our morning in tranquil retreat.

    Hilde sleeps and I read; later we go for a walk together. The wind has died down, the forest is green and silent, and I think of Sweden, where I was also so surprised not to hear any birdsong.

    It's no different here. Only the calls in the sky can be heard, just like in the north. We drive east, to a canal, and along it north to a Wash-Me location, where we meet two young men from Germany who also do laundry here and work as industrial climbers on wind turbine assembly lines.

    While their laundry dries, we talk, discuss interesting topics, and have alert, clear thoughts. Being able to converse with young people at eye level is certainly a gift. And perhaps they saw the encounter the same way.

    Hilde feels less noticed at the moment and jumps up from her seat to get my attention. Her paw touches my left forearm with an outstretched claw, drawing an immediately bleeding S on my skin.

    As the men drive away, I bandage and disinfect the wound, which fortunately only hurts moderately. But the blood thinners are quite oozing, and the skin has surprisingly become very thin, which also frightens the young men.

    The washing machines are parked at a gas station at an intersection opposite a small settlement surrounded by green meadows, the ideal newsstand for Hilde.

    When the sign for the Federal Republic of Germany appears on the side of the road, I'm very surprised; I thought I was staying with the neighbor for another night. Well, given the multitude of yellow license plates, this place doesn't seem so foreign after all, but more like a mobile retirement home, the Spain of the over-eighty-year-olds who know how to take full advantage of the unlimited free overnight stay.

    But the parking lot is large enough to accommodate travelers like us, and the traffic on the main road also dries up in the middle of the night. The nearby lake is very popular, and the fountain in the middle is turned on at night.

    Unfortunately, there aren't just pedestrians around here, and when a young girl suddenly zooms around the corner on an e-scooter, we barely manage to avoid an accident. This makes the walk considerably less appealing, but Hilde was already finished and opts for the safe option.

    Dinner. Converting the bus. Cuddling while falling asleep. This is new. She's lying a little higher on the duffel bag and rests her head heavily on my neck. I'm lost in my thoughts, unable to fall asleep, but very much enjoying this closeness to my best travel companion.

    It's the little gems I can still pick up for another life, perhaps another existence.
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