Datteln
December 16 in Germany ⋅ ⛅ 8 °C
(English Version Below)
"Atme frische Luft und starte energiegeladen in den Tag." So begrüßt mich mein Schrittzähler, während ich nach der Körperwäsche erstmal auf dem Küchenstuhl ausruhe. Ich habe zugenommen. Waage und Spiegel sind kompromisslos. Mein Gesicht schaut mich an, ich kann nicht weg gucken. Beim Anziehen der Stützstrümpfe ist mir einer zerrissen, das hat mich verängstigt, ob ich sie besser nachts anlassen sollte.
Die erste Nacht im Bungalow, die Matratze ist hart, ich wache häufig auf, träume wirres Zeug, mir tut jeder Knochen weh. Aber ich fühle mich okay. Seit einigen Tagen kann ich nicht mehr gut hören, habe noch einen Arzttermin kurz vor Weihnachten, es wird was Mechanisches sein, ein Haar auf dem Gehörgang, das passiert mir immer mal.
Der blaue Bus ist in der Reparatur, für Hilde ein Schreckensmoment, dann fährt uns Peter zum Campingplatz, wir hatten am Nachmittag schon alles eingeräumt. Trotzdem sieht es provisorisch aus. Ein kleines Haus mit grünem Rasen drum herum, viele Fenster, aber nur Hecken mit Himmel. Neben anderen kleinen Häusern, in denen sich die Menschen eingerichtet haben, sieht gemütlich und geschmackvoll aus.
Mein Bungalow hat sich in die Ecke versteckt, dreht der Straße den weißen Rücken zu, der Eingang ist nach hinten, wie ein Schneckenhaus umgedreht. Vielleicht zehn Quadratmeter, weite Wege, ein breites Bad, offene Türen. Wohnküche, Schlafzimmer, Flur. Eine Heizung, zuviele Spiegel.
Es ist kalt draußen. Vier Grad, später soll die Sonne scheinen. Wir versuchen, mit dem kleinen Garten fertig zu werden, Hilde ist da anspruchslos, und ich kann hinterher alles reinigen. Für einen größeren Spaziergang fühle ich mich heute morgen viel zu schlapp. Ich habe heute schon darüber sinniert, ob ich es schaffe bis zum Feldweg zu kommen, vorbei an all den gepflegten Menschen, die um uns herum wohnen, und uns schon gestern keines Blickes würdigten.
Hier fühle ich mich verletzbar. Ganz anders im blauen Bus, in unserem Zuhause. Aber gestern musste ich ja schon vom Eingang hierher gehen, also werde ich es auch heute schaffen. Es ist wie mit dem Strand - nur anders herum.
Hilde hat gefrühstückt, ich stelle fest, dass ich meine Müslischale vergessen habe, zum Glück gibt es hier sowas ähnliches. Vorhin die Pflaster von Hilde's Krallenwunden in meiner Haut gewechselt, gemerkt, dass ich nur wenig Verbandsmaterial mitgebracht habe. So kommt eins zum anderen.
Gestern fahren wir zum Schrauber, gehen nochmal aus dem Bus heraus spazieren. Bei Edeka kaufe ich Küchenstücke ein, zwei Streusel, zwei köstliche Rosinenschnecken. Kleine Frustis, denn Frust dürfte programmiert sein, wenn wir außerhalb vom eigenen System verletzbar werden.
Der Schadensgeber ist gefunden, sagt der Schrauber, er hat die Ersatzteile bestellt, die Kosten halten sich in Grenzen. Ich bin glücklich. Lege die Beine hoch. Trinke einen leckeren Tee zum Frühstück. Hilde schläft.
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"Breathe fresh air and start the day full of energy." That's how my pedometer greets me as I rest on the kitchen chair after washing. I've gained weight. The scale and the mirror are unforgiving. My face stares back at me; I can't look away. I tore one of my compression stockings while putting it on, which scared me, making me wonder if I should just leave them on at night.
The first night in the bungalow, the mattress is hard, I wake up frequently, have crazy dreams, every bone in my body aches. But I feel okay. For the past few days, my hearing hasn't been great, I have a doctor's appointment just before Christmas; it'll be something mechanical, a hair in my ear canal, that happens to me every now and then.
The blue bus is in for repairs, a terrifying moment for Hilde, then Peter drives us to the campsite. We'd already unpacked everything that afternoon. Even so, it looks temporary. A small house surrounded by green grass, lots of windows, but just hedges and sky. Next to other small houses where people have settled in, it looks cozy and tasteful.
My bungalow is tucked away in the corner, its white back to the road, the entrance at the rear, like an upside-down snail shell. Maybe ten square meters, long corridors, a wide bathroom, open doors. Kitchen-living room, bedroom, hallway. One heater, too many mirrors.
It's cold outside. Four degrees Celsius, the sun is supposed to shine later. We're trying to get the small garden sorted; Hilde is undemanding, and I can clean everything afterwards. I feel far too weak for a long walk this morning. I've already been wondering whether I'll even make it to the country lane, past all those well-groomed people who live around us and didn't even glance at us yesterday.
I feel vulnerable here. It's completely different in the blue bus, in our home. But I had to walk here from the entrance yesterday, so I'll manage it today too. It's like going to the beach – only the other way around.
Hilde had breakfast, and I realized I forgot my cereal bowl. Luckily, they have something similar here. I changed the plasters on Hilde's claw wounds on my skin earlier and realized I only brought a small amount of first-aid supplies. One thing leads to another.
Yesterday we went to the mechanic and went for another walk outside the bus. At Edeka, I bought some kitchen roll, two crumbles, and two delicious raisin pastries. Minor frustrations are inevitable when we become vulnerable outside our own system.
The culprit has been found, says the mechanic, he's ordered the replacement parts, and the costs are reasonable. I'm happy. I put my feet up. I'm having a delicious tea for breakfast. Hilde is asleep.Read more







