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  • Day 32

    San Marcos und Lago Atitlán

    November 2, 2021 in Guatemala ⋅ ⛅ 20 °C

    Der Lago Atitlán gehört zu den "Must Sees" in Guatemala und ist sowohl wunderschön gelegen, als auch mit einer wahnsinnigen Vielfalt gesegnet. Letzteres bezieht sich auf die Flora und Fauna, die Dörfer und dessen Bewohner und das tolle gastronomische Angebot 🥑🌮🥘.

    Schon vor hundert Jahren reisten Touristen an den Atitlánsee. Der britische Schriftsteller Aldous Huxley beschrieb den See einst als "Comersee mit Vulkanen" und auch der Schweizer Autor Martin Suter lebte zwischenzeitlich hier. Nun war es an uns, den Atitlánsee zu entdecken oder zumindest einen Teil davon zu "erleben".

    Bereits die Anreise war spektakulär, da man quasi von einem Hochplateau an den See runterfährt (der See liegt aber immer noch auf 1'600 Meter über Meer). Die enge und steile Strasse forderte unseren Fahrer und den klapprigen Toyota-Bus gleichermassen und unsere Mägen wurden ab den zahlreichen Haarnadelkurven mehr als einmal auf die Probe gestellt. Belohnt wurden wir dafür mit einem tollen Ausblick auf den See und die umliegenden Vulkane Tolimán, San Pedro und Atitlán🌋. Wie Antigua ist auch die Atitlán-Region vulkanischen Ursprungs. Anstelle des Sees gab es früher einen Supervulkan. Nach dessen Explosion vor beinahe 100'000 Jahren bildete sich im Krater der Atitlánsee.

    Die malerische Landschaft um den See herum ist sehr grün. Alles ist voller exotischer Pflanzen und Maya-Familien bauen an den steilen Hängen bis weit nach oben Mais🌽 und Obst an. An den Ufern befinden sich kleinere und grössere Siedlungen, welche zum Teil ihren ursprünglichen Charakter bewahren konnten. Einzelne Dörfer werden inzwischen vor allem von Touristen aus der ganzen Welt bevölkert, wobei gewissen Orten ihr Ruf vorauseilt. So ist San Pedro vor allem für wilde Partys bekannt und unter anderem bei jungen Israelis äusserst beliebt. Nach San Marcos verirren sich Ruhesuchende und Yoginis und San Juan oder Panachachel gelten gemäss Reiseführer als Mekka für Kunst und Handwerk.

    Wir verbrachten unsere "Atitlán-Tage" bis auf einen Ausflug nach Chichicastenango und nach San Pedro ausschliesslich in San Marcos. Nach anstrengenden und fordernden Schultagen hofften wir hier auf etwas Entspannung, Ruhe und Sonnenschein. Obwohl uns der Ort mit seinen verwinkelten Gassen von Anfang an in seinen Bann zog, war es für uns eher "Liebe auf den zweiten Blick".

    Unsere erste Unterkunft war ein kompletter Reinfall und wir liessen uns bei der Reservation tatsächlich von den vielen schönen (oder schöngemachten?) Bildern sowie guten Pre-Corona-Rezensionen fehlleiten. Selten hatten wir auf unseren früheren Reisen eine derart schäbige Unterkunft mit lustlosen Betreibern und kauzigen Gästen angetroffen. Im Zimmer lagen ganze Haarbüschel von unseren Vorgängern auf Fussboden, die Vorhänge waren übersäht mit grossen Spinnennestern🕷, die Klospülung versagte den Dienst und der Weg zu den Cabanas war gespickt von Hundehaufen💩. Das auf der Webseite angepriesene Restaurant war zudem seit Monaten geschlossen und der Aufenthaltsbereich mit Sonnendeck am See verwahrlost und zugemüllt. Nach zwei Nächten konnten wir glücklicherweise dislozieren und in einem Hotel ein traumhaftes Bungalow mitten in einem tropischen Garten beziehen, Maya-Sauna inklusive 😎.

    Licht und Schatten liegen bekanntlich nahe beieinander und genau das trifft auch auf San Marcos zu. Läuft man durch die engen Gassen, ist der Ekel vor den vielen Hundehaufen ein ständiger Begleiter und auch der viele Müll am Seeufer stimmte uns nachdenklich. Abends ziehen herrenlose Hunde umher und kläffen bis weit in die Nacht hinein um die Wette. Auf der anderen Seite verbergen sich hinter den Hecken, Mauern und Zäunen wahre Paradiese mit schönen Gärten, schmucken Restaurants und gemütlichen Unterkünften. Die Restaurants laden zu kulinarischen Höheflügen ein und Vegetarier kommen hier voll auf ihre Kosten🤤.

    Dieses Gegensätzliche beschränkte sich nicht nur auf die Einrichtungen und Strassen. Auch die ständigen oder vorübergehenden Bewohner scheinen aus unterschiedlichen Welten und für uns machmal sogar Galaxien zu stammen. In San Marcos treffen sich einfach alle: die ländliche Maya-Bevölkerung👩‍🌾, Reisende wie wir, Naturfreunde, Yogis und Yoginis🧘‍♂️, Party-Jugend, Sinnsuchende, Hippies, Insta-Sternchen, Gaukler und Künstler, Gurus👳‍♂️ und Scharlatane, New-Age-Jünger, Abgestürzte und "Hangengebliebene". Ein spannender Mix an einem magischen Ort.

    Wir vermuteten, dass dieser Umstand nicht nur den weltoffenen Bewohnern mit Hang zur Esoterik zu verdanken war, sondern wohl eher auch dem einfachen Zugang zu bewusstseinserweiternden Substanzen aller Art. Eine kleine Kostprobe gefällig? An unserem ersten Tag trafen wir eine als Leopard geschminkte Frau, dann sass uns im Restaurant ein Zauberer gegenüber, tags darauf lief uns ein junger Amerikaner mit Erst-Weltkriegshelm und eingestecktem Buschmesser über den Weg und später ein weiterer Tourist im Tarzan-Kostüm, begleitet von einer Dame mit Ziegenhörnern. Daneben gab es Elfen, eine Frau im Ganzkörper-Katzenanzug und diesen einen Typen, der im Drogenrausch allen anwesenden Restaurantgästen von seinen toxischen Kräutertrunks erzählte und sich im Garten mit den buntesten Blumen für den nächsten Trip eindeckte. Irgendwie wie Fasnacht🥳 mit einer Prise Woodstock-Festival, Goa-Party, MadMax und Herr der Ringe.

    Natürlich waren längst nicht alle Gäste so schräg unterwegs und die Mehrheit besuchte San Marcos wegen den guten Restaurants, den vielen Yoga-Angeboten, den Ashrams und Meditations-Camps oder schlicht und einfach wegen der schönen Lage mit Freizeitangeboten auf dem See und in den Bergen. Wir genossen ebenfalls die Multikulti-Küche, staunten über den ansässigen Unverpackt-Laden, stöberten in der Schmuckauslage der Kunsthandwerkerinnen und Händlern aus Uruguay, Kolumbien und Guatemala oder besuchten den nahegelegen, dehr sehenswerten Park mit Aussichtspunkten und mehreren Zeremonienstätten der Maya.

    Was uns bis zuletzt irritierte, war der Umgang mit der Corona-Pandemie😷. Diese hat viele in- und ausländische Bewohner hart getroffen und ihrer Existenzgrundlage beraubt. Während unserem Aufenthalt spürten wir diesbezüglich mehrmals eine gewisse Ohnmacht oder Resignation. Auf der anderen Seite erlebten wir tagtäglich eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber der Maskentragpflicht: Die Polizisten und paar einzelne Toristen waren die Einzigen, die mit einer Maske anzutreffen waren.

    Die Tage am Atitlánsee waren spannend und gespickt mit ein paar (kulinarischen) Hochs und (unterkunftstechnischen) Tiefs. Wechselhaft war auch das Wetter, weshalb wir die Regenphasen dazu nutzten, uns der Planung der nächsten Reiseetappe nach Costa Rica🇨🇷 und weiteren administrstieven Verpflichtungen zu widmen.
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