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  • Day 71

    San Blas Inseln

    December 11, 2021 in Panama ⋅ ⛅ 29 °C

    Zu viele Köche verderben den Brei 👨‍🍳🍲. Oder in unserem Fall: Vier Kapitäne sind mindestens zwei zu viel🤔. Denn die alte Küchenweisheit gilt auch andernorts, wie wir bereits am ersten Tag unseres Segeltrips nach Kolumbien erfahren mussten. Aber alles der Reihe nach.

    Mit viel Vorfreude, im Falle von Dani aber auch etwas gemischten Gefühlen, packten wir am Abreisetag unsere Rucksäcke und Taschen wie von der Reiseagentur empfohlen. Fein säuberlich verstauten wir alle für den Segeltörn notwendigen Utensilien in unser "Handgepäck" 🎒👜 und kauften genügend Snacks sowie paar Dosenbiere. Alles Übrige steckten wir in Plastiksäcke und dann in den grossen Reiserucksack.
    Die über mehrere Wochen andauernde, regelmässige Kommunikation mit dem Reisebüro war gut, über den Kapitän hörten wir in den vergangenen Tagen nur Positives und auch die Wettervoraussichten waren vielversprechend.

    Frank, unser deutscher Zimmernachbar und Hobbysegler, brachte uns bereits am frühen Nachmittag mit seinem Auto in die Marina. Obschon wir erst um fünf Uhr da sein mussten und das Schiff vor Mitternacht auslief, wollten wir die Zeit nutzen, uns etwas auf die nächsten Tage einzustimmen ⛵☀️🤿🏝. Kaum angekommen, begrüsste uns ein bärtiger, älterer Mann und stellte sich als Hilfskapitän der "Wild Card", unserem Segelschiff, vor. Wir löcherten ihn sogleich mit zahlreichen Fragen und erfuhren, dass uns nicht, wie von der Agentur angekündigt, Charlie nach Cartagena bringen wird, sondern sich sage und schreibe vier Kapitäne um unser Wohl kümmern würden: John, der Schiffseigner, Simon, sein alter Bekannter aus Thailand, Ari aus Kolumbien und Mark, der angegraute Hilfskapitän aus Grand Cayman. Wir beide fühlten uns leicht geschmeichelt, ob so viel qualifizierter Betreuung. Gleichzeitig hatten wir aber auch unsere (berechtigten) Zweifel, was die Anwesenheit so vieler "Alphatiere" betraf 🧐. Denn inzwischen lief schon alles drunter und drüber. Sowohl wir, als auch unsere nach und nach eintreffenden Segelgspändli klagten über die mangelnde Kommunikation, fehlende Informationen und vor allem das Wirrwarr zwischen den Kapitänen. Nichts schien abgesprochen zu sein und zu allem Übel sprach Ari, der hauptverantwortliche Kapitän, kaum englisch sowie die restlichen Drei anscheinend kaum spanisch, was auch in den nachfolgenden Tagen zu mehreren Missverständnissen innerhalb der Crew führte⁉️.

    Doch noch liessen wir uns die gute Laune nicht nehmen und genossen die Atmosphäre in der Marina, wo wir im improvisierten Restaurant auf allerlei angeheiterte alte Seebären, sonnengebräunte Besitzer von teuren Segeljachten und sonstige kauzige Traveller trafen. Viel anders wird sich die Atmosphäre in einer Piratenspelunke vor dreihundert Jahren wohl nicht angefühlt haben 🏴‍☠️🍻. Bier um Bier wurde über die Theke gereicht, undefinierbares grünes Karibik-Fisch-Curry geschöpft und zu fortschreitender Stunde stieg nicht nur der Alkohol- sondern auch der Lärmpegel. Eine ältere Amerikanerin konnte sich beim Karaoke-Singen kaum mehr auf den Beinen halten und traf keinen einzigen Ton. Applaus gab es trotzdem. Von den einen aus Schadenfreude und von den anderen wohl aus Mitleid. Gemeinsam mit unseren Mitreisenden lachten wir über diese ziemlich misslungene Darbietung 🤪.

    Zu unserer Reisegruppe gehörten drei deutsche Jungs um die 25 , zwei Irinnen Mitte 20, eine Holländerin, ein Norweger, ein irisches Geschwisterpaar und ein Amerikaner. Bis auf den Amerikaner waren alle um die 5 bis 10 Jahre jünger als wir und ziemlich gut ausgerüstet mit literweise Bier, Rum und Alcopops 🍹🍻🥃. Uns schwahnte Böses, hatten wir uns doch eher auf einen relaxten Segeltörn mit idyllischen Inselparadiesen, schönen Sonnenuntergängen, guten Gesprächen und chilliger Musik eingestellt. Zumindest der erste Abend liess anderes vermuten. Ach ja: komplettiert wurde unsere Truppe durch Swiffer und Coco, zwei niedliche und seetaugliche "Schiffshunde"🐕🐩.

    Pünktlich um elf Uhr abends verliessen wir den Hafen und fuhren mit der Wild Card hinaus in die Dunkelheit. Die erste Nacht hatte es dabei ziemlich in sich 🌊 und schon nach einer Stunde verabschiedeten sich einige von uns unter Deck oder beugten sich über die Reling 🤮. Letzteres aus unterschielichen Gründen. Denn nicht nur der harte Seegang und der Alkohol machte zu schaffen, sondern auch die nicht gerade sternewürdigen Speisen aus der Marina-Küche, die vorallem Martina auf den Magen schlugen...

    Währenddessen es mit Martinas Magen auch am nächsten Morgen nicht zum besten stand, blieb Dani weiterhin beschwerdenfrei. Die Seasickness-Tabletten schienen zu wirken 💊😀. Doch auch für Martina sollte sich schon bald Linderung einstellen, da für die nächsten zweieinhalb Tage Insel-Hopping angesagt war und im San Blas Archipel das Meer wesentlich ruhiger ist. Aus unnachvollziehbaren Gründen, brauchten wir allerdings für den ersten Abschnitt bereits sechs Stunden länger und trafen somit nicht, wie geplant, bei Sonnenaufgang, sondern spätvormittags beim ersten Inselstop ein.

    Kaum war der Anker versenkt, verschwand langsam die Übelkeit und das Karibikfeeling überkam uns ⚓🌴. Martinas Kraft war gerade ausreichend, um die erste kleine Insel in knapp einer Stunde zu Fuss zu umrunden. Nach der ersten Mahlzeit auf dem Schiff ging es dann wesentlich besser.
    Über 360 Inseln gehören zu San Blas, manche davon durch Kuna-Familien bewohnt, andere kaum grösser als ein paar Quadratmeter 🏝. Einmal konnten wir vom Boot aus fast 40 einzelne Inseln ausmachen. Alle hätten wohl das perfekte Filmset für Pirates of the Carribean abgegeben. Die Inseln sehen genau so aus, wie man sie sich erträumt: weisser und goldgelber Sand, ein paar Palmen, Kokosnüsse, Muscheln, Seesterne und türkisblaues Wasser. Wie im Paradies!

    Wir genossen das tolle Wetter, die Abkühlung im Meer, den feinen Sand zwischen den Zehen während unseren Erkundungstouren auf den Inseln und die farbenprächtige Unterwasserwelt 🏖🩳🐠. Auch mit unserem Mitreisenden verstanden wir uns gut, obschon diese sich bereits frühmorgens ihren Drinks widmeten und die Nächte mit Trinkspielen ausklingen liessen. Auch wir genossen ab und zu kühles Dosenbier, zogen uns aber gegen Abend zurück und liessen die Partytruppe alleine weiter feiern. Auf House-Musik, Ibiza-Feeling und den allmorgendlichen Kater hatten wir einfach keine Lust 😉.

    Ein Insel-Highlight war der Besuch einer Kuna-Familie, wo wir von einer älteren Frau eine traditionelle Mola-Stickerei erstanden. Diese soll dereinst ein Kissen für unsere Hängematte zuhause in Luzern zieren. Ein anderer Höhepunkt war die Entdeckung von verschieden farbigen Seesternen sowie das Lobster-Barbecue 🦞 mit anschliessendem Lagerfeuer auf einer weiteren abgelegenen Insel. Rumflaschen waren genügend vorrätig - für den perfekten Piratenabend fehlten lediglich Johnny Depp und Keyra Knightley ☠. Einziger Wehrmutstropfen war das viele Benzin, welches unser Kapitän fortwährend auf das nasse Holz kippte, um das Feuer am Leben zu erhalten. So etwas hätte es damals im Jungwachtlager nie gegeben 😉.

    Auch die mangelhafte Absprache zwischen den Kapitänen ärgerte uns alle immer wieder. Mal gab es unverhofft eine Mahlzeit, als wir alle auf der Insel am Sonnenbaden und Kokosnüsse knacken waren 🏖🥥. Dann wurde der Lagerfeuerabend verlegt und zuletzt mussten wir satte zwei Stunden früher zur grossen Überfahrt aufbrechen. Noch zwanzig Minuten vorher versicherte uns der eigentliche Kapitän, dass wir gemütlich noch eine Abkühlung nehmen dürften und kein Grund zur Hektik bestünde. Das eingangs erwähnte Sprichwort bewahrheitet sich halt doch...

    Wie viele schöne Orte ist auch das San Blas Archipel bedroht 😥. Nicht nur der Klimawandel, die soziale Ungerechtigkeit und die mangelnde Unterstützung der Regierung machen den Inseln und ihren Bewohnerinnen und Bewohner zu schaffen. Ganze Strandabschnitte sind von Müll übersät. Dieser wird grösstenteils angeschwemmt, aber auch gewissenlose Touristen tragen ihren Teil dazu bei 😡.

    Wer mehr über die Kunas und die Herausforderungen für die San Blas Inseln erfahren möchte, findet hier einen interessanten Artikel aus der Frankfurter Rundschau: https://www.fr.de/panorama/wasser-verdraengt-10…
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