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  • Day 66

    Christchurch

    January 16 in New Zealand ⋅ ⛅ 20 °C

    In Christchurch, der grössten Stadt und dem wirtschaftlichen Zentrum der Südinsel herrscht Aufbruchstimmung. An vielen Ecken wird gebaut und renoviert. Grosse Plakate kündigen weitere Bauvorhaben an und riesige Graffiti zieren ganze Fassaden, der von den verheerenden Erdbeben nach wie vor arg gebeutelten Stadt.

    Zwischen September 2010 und Februar 2011 wurde die Region von mehreren Erdbeben heimgesucht. Das Erdbeben vom 4. September 2011 gilt mit einem Wert von 7,1 auf der Richterskala als eines der stärksten jemals in Neuseeland gemessenen Erdbeben. Der entstandene Sachschaden wurde auf 2,5 bis 3 Milliarden Franken beziffert. Noch mehr Schaden richtete das Beben vom 22. Februar 2011 an. In weniger als einer halben Minute fielen rund 80 Prozent aller Gebäude in der Innenstand dem Erdbeben zum Opfer. Darunter das grösste Hotel der Stadt, die berühmte Basilika oder der Turm der Kathedrale. 185 Menschen verloren damals ihr Leben.

    Noch heute, fast dreizehn Jahre später, zeugen die leerstehenden Brachen, die Baufelder und abbruchreifen Ruinen von den schwerwiegenden Folgen dieses Naturereignisses. Das Beben hat das Stadtbild nachhaltig verändert und eine ganze Generation von Menschen geprägt. Den Schmerz haben die Einwohner:innen unter anderem in Form von Kunst verarbeitet. Hässliche Fassaden wurden mit farbigen Graffiti aufgehübscht und Lücken mit kreativen Zwischenlösungen und Pop up Ausstellungen aufgefüllt.

    Was gerettet werden konnte, wurde seither aufwändig restauriert. Inzwischen wird die vormals für ihre klassische englische Architektur bekannte Stadt aber von zahlreichen Neubauten dominiert. Futuristische Gebäude wie das Te Pae Convention Center sowie moderne Glasbauten säumen nun die Strassen. Einen starken Kontrast bilden die alten Stadttrams, welche seit den neunziger Jahren für touristische Zwecke wieder kreuz und quer durch die Stadt fahren. Sie verbinden gewissermassen die alte Zeit mit der modernen Welt.

    Während meinem Aufenthalt in Christchurch durfte ich in der WG von Ethan und Jennifer wohnen. Jennifer hatte ich einige Wochen zuvor auf einer Campsite an der Westküste kennengelernt. Sie kam damals erst spätabends auf dem Campingplatz an und fand keine freie Parzelle mehr. Da ich mit einem kleinen Zelt nur etwa einen Viertel der mir zugewiesenen Parzelle beanspruchte, überliess ich ihr die restliche Fläche. Jennifer bot mir daraufhin das erst gerade freigewordene Zimmer für meinen Aufenthalt in Christchurch an.

    Obschon sechs Kilometer ausserhalb des Stadtzentrums gelegen, war das Haus von Ethan und Jennifer ein idealer Ausgangspunkt für mich. Der Vorort war über einen Veloweg mit der Innenstadt verbunden und die Bushaltestelle befand sich quasi vor der Haustüre. Neben Sightseeing standen für mich vor allem auch ein paar logistische Aufgaben und administrative Arbeiten auf dem Programm.

    Einerseits liess ich in einer Werkstatt das Velo wieder auf Vordermann bringen, gewisse Verschleissteile austauschen und alles flugfertig verpacken. Andererseits schickte ich ein grosses Paket mit meinem Camping Equipment und allen warmen Kleidern zurück in die Schweiz. In Südostasien werde ich wesentlich leichter unterwegs sein. Daneben musste ich mich in Christchurch unbedingt mit der Reiseroute beschäftigen und ein paar Visa-Abklärungen treffen. Insbesondere letzteres bereitet mir noch immer etwas Kopfzerbrechen.

    Die übrige Zeit füllte ich mit ausgiebigen Streifzügen durch die weitläufige Stadt, Fahrten mit dem Tram und Spaziergängen in den Stadtparks. Fast ein Ritual wurde der tägliche Abstecher an den Riverside Market. Hier konnte ich kulinarisch betrachtet aus dem Vollen schöpfen. Vergessen waren all die Schauerlichkeiten neuseeländischer Bäckereien wie "Spaghetti on Toast" und Co. Ein Highlight war zudem der Besuch des Quake Museums.

    An einem Abend überraschte ich meine temporären WG-Gspändli mit einem improvisierten Racletteabend. Den Käse hatte ich tags zuvor in einem Spezialitätengeschäft im Riverside Market entdeckt und für die weiteren Zutaten die Supermärkte abgeklappert. Zu dritt verputzten wir fast 700 Gramm Käse und eineinhalb Kilo Kartoffeln. Ethan und Jennifer waren begeistert und ich darf mich fortan damit rühmen, einen "käsigen" Beitrag zum Kulturaustausch geleistet zu haben.
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