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  • Day 9

    Verlorene Stadt Tag 1- Dämon⚡️Agi Jones

    January 4, 2023 in Colombia ⋅ 🌧 22 °C

    Ihr lieben auf der anderen Seite der Welt,

    das dieser Urlaub ein großes Abenteuer wird, wusste ich als wir uns für unsere Aktivitäten entschieden haben. Doch hätte ich niemals gedacht, dass es mich an meine äußersten Grenzen bringen wird…
    Heute ist der Start unserer 4 Tägigen Wanderung zur Verlorenen Stadt der „Ciudad Perdida“, im tiefsten Dschungel der Sierra Nevada in Kolumbien.
    Das ganze Gebiet ist ein von der Regierung Kolumbiens deklariertes Indigenenland.
    Auf eigene Faust darf man heutzutage gar nicht losziehen. Daher wählten wir einen der offiziellen Anbieter hier aus, sowie die gewünschte Dauer zwischen 4-6 Tagen. Wir entscheiden uns für 4 Tage, nicht ahnend was es wirklich bedeutet. Wie immer studiere ich den Ablauf nicht, denn ich liebe das Abenteuer und die Überraschung einer Reise.

    Die Ruinen der „verlorenen Stadt“ befinden sich unweit der Atlantikküste Kolumbiens, in der Nähe von „Santa Marta“, wo wir um 8:00 Uhr von unserem Hotel vom Team „Magic Tour“ abgeholt wurden. Im Büro tauschten wir dann alle unnötigen weltlichen Dinge gegen das Nötigste, was dennoch unseren Abenteuer Rucksack nach vorgegebenen Liste schnell füllt.

    Schätzungsweise 90 Minuten geht es danach Richtung Osten, bis wir rechts auf die Straße zur „Lost City - der verlorenen Stadt“ abbiegen.

    Der 8 Personen Jeep schlängelte sich etwa eine Stunde durch abenteuerliche Serpentinen, mit Schlaglöchern übersäte und mit spektakulären Ausblicken gespickte, wild geschotterte Bergstraße weit in die Sierra Nevada hinein. Es lässt uns nur erahnen, was in den kommenden Tagen so alles auf uns zukommen wird. Ich bin sehr angespannt, habe sogar ein wenig Angst vor der Herausforderung - schließlich werden wir jeden Tag ca. 8 h wandern, klettern, springen, das einzige was ich wirklich weiß.

    Startpunkt der Wanderung war das Dörfchen „Machete Pelao“. Dort aßen wir zu Mittag (zarte Hühnerschenkel mit Reis, Salat und Patacones, knusprig frittierte Kochbananen), bevor es ernst wurde: Los geht der Weg zur „verlorenen Stadt“, die wir in 3 Tagen erreichen sollen. Neben dem peruanischen Machu Picchu ist es eine der größten wiederentdeckten indigenen Städte der Welt. Doch im Gegensatz zum Machu Picchu, ist die verlorene Stadt nur auf einem einzigen Fussweg zu erreichen, auf welchem wir, die in der Sierra Nevada ansässigen, indigenen Bevölkerungsgruppen – Kogi und Wiwa – kennenlernen sollen.

    Die Sonne steht hoch und brennt sich in unsere Kleidung. Es geht die ganze Zeit Berauf, doch ist es nicht einfach nur eine kleine, leichte Steigung, die man so vom gemütlichen Wandern kennt. Unsere Gruppe besteht aus Schweizern, Holländern und einer Britischen Familie, die alle noch motiviert die 40% Steigung auf sich nehmen. Ich setze einen Fuss vor den anderen und rutsche einen halben Schritt zurück. Schweiß tropft von meiner Stirn, ich fühle mich wie in Salzwasser heiß geduscht. Es geht nur Bergauf, die Sonne strahlt unaufhörlich auf meinen Körper und die Luftfeuchtigkeit drückt von allen Seiten.
    Ich habe nach 1,5 h bereits keine Kraft mehr. Die lange Sportpause, das schwere Gepäck, meine Erkältung, schmerzender Sonnenbrand an den Händen und Fußgelenken vom Kayakfahren, machen es nicht leichter. Der Abstand zu den anderen Gruppenmitgliedern ist groß. „Ich schaffe das hier nicht“, sag ich mit weinerlichen Stimme zu Jay. Verzweiflung und Angst vor dem was noch kommt, lässt mich fast erstarren. „Ich kann einfach nicht mehr“. Agi Jones liegt tief vergraben in meinem Herzen und die Angst des völligen Versagens ist größer. Meine Beine zittern, als ich wiederwillig einen weiteren schweren Schritt vor den anderen setze. „Wo ist Agi Jones?“ fragt Jay mit dem Versuch mich zu motivieren. Doch mir ist nur zum Weinen zu mute. 😰😰
    Unser Guide Seoul bleibt stehen, wartet auf mich und sagt „tranquillo, tranquillo“ mit beruhigender Stimme. Er sieht die absolute Verzweiflung in meinen Augen und zeigt auf seine Schultern und deutet an, mir meinen schweren Rucksack abnehmen zu wollen. Ich nehme diese Erlösung und Unterstützung, dankend an. Es geht direkt weiter. Auch wenn die Last von meinem Rücken ist, so bringt es mir nicht mehr Kraft. Wir schaffen es zu einem Obststand, an dem es frisch gepressten Orangensaft gibt. Wir gönnen uns die benötigte 5min Pause und Energie. Also weiter! Ich würde gerne schneller atmen, um mehr Luft in die Lungen zu bekommen, doch es geht nicht. Anstrengung pur übermannt mich nach einigen weiteren Kilometern. Ich bin überrascht, dass der Gedanke des Aufgebens so stark ist, dass die Dämonen nicht zu bezwingen sind, das Ängste stärker sind als der Glaube an meine Energie und mich selbst. Ich erkenne mich selbst nicht wieder und dennoch setze ich einen Schritt nach dem anderen, die steilen schlammigen Wege hinauf.
    Wenn du glaubst, hinter der nächsten Steigung, muss doch ein ebener Weg kommen, so täuscht man sich, es geht immer und immer weiter steil hinauf.
    Ich spreche kaum, versuche meine Gedanken zu sortieren. Wir sehen unsere Gruppe, wir scheinen dort Pause zu machen, doch wenn ich ankomme, so gehen wir schon fast wieder los. An diesen Tag bekomme ich kaum etwas von der atemraubenden Aussicht mit, denn es geht für mich nur ums ankommen und dem Tempo der anderen mitzuhalten.
    Doch geht es endlich ein wenig Bergab, welch Erleichterung. Dann noch ein wenig Berauf, leichte Steigung, über die Hängebrücke drüber, wir haben es geschafft. Wir sind in unserem Camp angekommen. Unter einem Wellblechdach, stehen zig einzelne „StockBetten“ aus Holzkostruktionen mit gespannten Moskitonetzen, wie auf Klassenfahrten nebeneinander. Ich freue mich so sehr, dass wir angekommen sind, dass es mir völlig egal ist wie wir schlafen werden.
    Es gibt zwei Duschen, in denen ein Schlauch an der Regenwassertonne angeschlossen ist. Aufgedreht kommt eiskaltes Wasser heraus, so dass man wirklich nur Sekunden drunter aushält, sich einseift und dann schnell abspült. Der nächste wartet draußen bereits auf seine Eiskalte Erfrischung.

    Ich bin sehr ruhig an diesem Abend, als sich das Holländische liebe Pärchen zu uns setzt. Mitten hier im nirgendwo, gibt es aber eine tolle Belohung nach dem anstrengenden Tag - 🍺 Bier! Welch Wohltat! Wow! Was für ein Luxus! Wie schnell ändern sich auf so einer Tour, das was wir als absoluten Luxus betrachten. Das Essen ist auch sehr sehr gut, welches von unseren Köchen die mitlaufen zubereitet wird. Alles super schmackhaft! Mmm welch Apetit.
    Wir plaudern noch ein wenig mit dem Pärchen aus Groningen in den Niederlanden, die auf ihrer 9 wöchigen Reise durch Südamerika mit dieser Wanderung ihren Start machen.

    Um 21 Uhr gehen alle Lichter aus, als wir uns in unseren Betten, nur von einem Mückennetz und Wellendach von den Lauten des Dschungels getrennt, in den Schlaf wiegen lassen.
    Gute Nacht.
    Agi
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