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  • Day 10

    Verlorene Stadt Tag 2 - der Kampf

    January 5, 2023 in Colombia ⋅ ⛅ 24 °C

    Brrr die Nächte im Dschungel sind kalt. Es weht immer frische Luft durch das Moskitonetz, welches mich von dem feuchten Grünem Regenwald trennt. Nahe am Bach gelegen, lausche ich dem romantischen Plätschern des Wasers zu. Doch Romantik liegt keine Luft.
    Ich habe kaum geschlafen! Stets versuche ich den Dämon zu bekäpfen, der mir Sorgen bereiten will und sich von meinem sonst immerwährenden Mut und meiner Energie ernährt. Ich bin irgendwie traurig und habe Angst vor dem Tag, sage ich Jay der unter mir aus dem Bettchen steigt. Jay ist über meine Haltung sichtlich überrascht, vielleicht enttäuscht? Er weiß auch nicht welchen Kampf ich Nachts mit mir ausgetragen habe und meinen abenteuerlichen Mut versucht habe wiederzuerlangen.

    Die nass geschwitzte Kleidung trocket nachts nicht. Es ist einfach zu feucht. Es wird also wieder alles in Wasserdichte Beutel verpackt, um feuten Gestank im Rucksack zu vermeiden.

    Um 5 Uhr geht das Licht an und es wurde kollektiv gegähnt, geputzt und gepackt. Pünktlich um halb sechs stand das köstliche Frühstück auf dem Tisch, und um 6 Uhr hieß es: „Vamonos - Los gehts!“, und unsere Gruppe setzte sich als allererstes, vor allen anderen, in Bewegung.

    Der zweite Tag wird sehr lang, weil wir zu Camp 3 – ca. 8 Stunden bergauf und bergab über rutschigen Schlamm, reißende Flüsse, kleine Bächer, schroffe Felsen, kullernden Steine, feuchtes Geäst, durch den Dschungel der Sierra Nevada de Santa Marta wandern.
    Der schwierigste Aufstieg kommt direkt zuerst! Ich atme tief ein und aus, konzentriere mich und fange an Bergauf zu steigen! Nach 1 Stunde pures steiles schweißtreibendes Aufsteigen, kommen mir tatsächlich die Tränen. Nicht nur vor völliger Anstrengung, aber auch vor Enttäuschung. Ich drohe den Kampf mit dem Dämon zu verlieren. Woher soll ich die Kraft nehmen noch weitere 7 Stunden zu steigen? Frage ich mich kraftlos in der glühenden Hitze auf dem steilen Hang😢.
    Was ist nur los mit mir? Wo ist Agi Jones? Wo ist die unerschöpfliche Quelle der Energie, vor der ich sonst strotze? Fragen zerreißen mein Herz entzwei. Echt jetzt? Ich bin um 8 Uhr morgens, bereits am Ende meiner Kräfte? Tiefes ein und aus atmen. Höre tief in mich hinein. Ich bin sonst meist die jenige die andere versucht zu motivieren, die Energie aus der Anstrengung schöpft, aber auch die jenige die sich nie eingestehen möchte, wenn es ihr mal wirklich schlecht geht, die ihre Tränen vor anderen lieber versteckt. Warum? Das vergangene Jahr war unglaublich abstrengend, energieraubend und oft traurig, denke ich reflektierend, während ich kleine Schritte weiter hinaufsteige und fragend zur heißen Sonne hinaufblicke. 2023- Dieses Jahr muss anders werden und ich kann es nicht so kraftlos und deprimiert beginnen. Mich durch innere Dämone besiegen lassen.!?!
    Oh ! Ein etwas flacherer Weg ist fast wie eine Erlösung, als wäre es eine Botschaft mir zu sagen „du bist auf dem richtigen Weg“, nicht wegen der Richtung sondern meiner Gedanken. Ich denke viel an dich Schwesterchen Yvonne und daran wie viel du gekäpft hast im letzen Jahr und immernoch einen schweren Weg zu gehen hast. Ich halte Inne und atme in einer kurzen Pause. Dein Kampfgeist, ist mein Elexier! Ich beschließe dem vergangenen Jahr endlich ein Ende zu setzen und möchte die schwere Wanderung dir liebe Yonne als Karft Geber widmen! Dieser Gedanke gibt mir so viel Energie, als ich die letzen Meter des ersten Aufstiegs erklimme, das mir ein Tränchen kommt. Eine kurze Pause mit frischem Obst rettet mich.

    Wir gehen weiter.
    Dann entdecke ich es im Schlamm. Ein Hufeisen! Ein Glücksbringer ☘️! Eine weitere Motivation! Ich stecke es in die Tasche meiner weiten Sporthose und lächle zufrieden, den Kampf anscheinend für mich entschieden zu haben. Der innere Dämon sich zurückzuziehend! 💪🏼

    Wir kommen nach weiteren Stunden in Camp 2 an, wo wir köstlich zu Mittag essen und uns im Fluss erfrischen können. Brrrr eiskaltes Bergwasser!!! 💦
    Nach 1,5 Stunden geht es auch schon wieder weiter. Wieder kreuzen und durchqueren wir mehrere Male den Fluss Buritaca. Das Tempo ist aber wirklich enorm, was auch unser Guide staunend bestätigt. Doch entdecke ich plötzlich die Landschaft, sie ist wunderschön und eine wahrhaftige Belohnung für jeden Schweißtropfen und es gibt unendlich viele davon. Doch endlich sehe ich die Schönheit der Wanderung. Immerwieder überholen uns indogene Stammesmitglieder der Wiwa und Kogi mit vollbeladenen Eseln. Diese schleppen täglich Nahrungsmittel für die Touristen hinauf und Müll wieder hinunter. Daher auch mein kleiner Glücksbringer auf dem Weg, der von den Hufen der Esel stammt.
    Der Kogi Stamm lebt hier in ihrem geschützten Gebiet und führen ein Leben fast wie vor vielen Jahrhunderten abseits von der Zivilisation. Sie sind leicht zu erkennen in ihrer immer weißen Leinenkleidung und wunderschönen langen schwarzen Haare, die sie niemals schbeiden dürfen.
    Die Kogi sind die direkten Nachfahren der Tayrona – so werden die Ureinwohner hier genannt. 80 Jahre lang lieferten sich die Tayrona-Krieger hier in den Bergen einen Guerillakampf mit den Spaniern. Besiegt wurden sie letztendlich nicht von den Spaniern, sondern von den eingeschleppten Krankheiten, die diese mitbrachten und das hochentwickelte indigene Volk fast auslöschte.

    Entlang des Rio Buritaca wird aus dem Weg ein schmaler Pfad, immer tiefer tauchen wir in den Dschungel ein, immer unwegsamer geht es voran. Wilde Felsformationen bestimmen das Flussbett, dauernd müssen wir queren, ob mit Brücken-Unterstützung oder einfach durchs Wasser.

    Gegen Ende des Tages gilt es dann noch über einige rutschige, nasse Felsen zu klettern. Ab jetzt möchte, glaube ich, jeder nur noch ankommen. Mehr als 1.000 Höhenmeter Aufstieg bei mehr als 30 Grad und gefühlten 200% Luftfeuchtigkeit zeigen bei jedem von uns ihre Wirkung.

    Wir kommen im Camp 3 Paraiso an. Deutlich größer als die letzen zwei, aber nicht mehr Platz.
    Juhuuuuuu -Duschen!!!! Möglichkeit, den Schweiß, das getrocknete Blut von zerkratzten Knien, den Staub und den Dreck mit ein bisschen Duschgel wieder los zu werden. Was für ein Luxus – mehr ist im Moment kaum vorstellbar – oder doch?! Ja, es gibt noch mehr – gefühlt am Ende der Welt gibt es ein kühles Bier – nicht kalt, aber im kalten Wasser gekühlt. Teuer. Und so egal, weil nach so einem anstrengenden Tag würde ich den ersten Schluck nicht gegen jedes Königreich auf Erden tauschen!

    Die Guides erzählen uns von der geheimnisvollen und Abenteuerlichen Geschichte der verlorenen Stadt, vor einer Bildebedruckten Fahne. - morgen dazu mehr. Es gibt sogar Popcorn zu meiner großen Freude! Mm die Kolumbianer essen es auch salzig! 🍿

    Das Camp ist voll!!! Und so müssen sich Paare das 80 cm Bettchen teilen! Romantisch? Hm eher nicht wenn hunderte Wanderer auf einem Fleck in Etagenbetten schlafen und wir wie immer die erste Gruppe sein werden die um 6 Uhr losgeht.

    21 Uhr - das Licht geht aus!
    Ich kuschel mich an Jay und bin dankbar! Mit einem Lächeln im Gesicht schlafe ich ein! Morgen ist der wichtigste Tag, die Erklimmung der „Verlorenen Stadt“. Ich freue mich auf die Herausforderung und bin bereit!
    Agi
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